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Neue Konsularzentren: Kaum Kritik aus Österreich

Die Delegiertentagung der Schweizervereine in Salzburg findet in familiärem Rahmen statt. swissinfo.ch

Das Umbauprojekt für das schweizerische Konsularnetz hat bei Auslandschweizern die Wogen hochgehen lassen. Kaum Kritik kommt aus Österreich, wo sich in Salzburg dieses Wochenende die Delegierten der Schweizervereine getroffen haben.

Anfang Juni ging die Meldung durch die Schweizer Medien: Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) baut aus Spar- und Effizienzgründen das konsularische Netz um und legt überall auf der Welt 26 verschiedene Konsulate in 8 regionalen Zentren zusammen.

Ein Vorreiter in diesem Projekt war das Schweizer Konsulat in Wien, das bereits am 1. Juli 2010 das Konsulat vom nahen Bratislava (Slowakei) übernommen hatte.

Der verantwortliche Konsul Kurt Meier sprach in Salzburg bereits von ersten Lehren. So habe man gemerkt, dass der Abzug des sämtlichen Personals aus Bratislava ein Fehler gewesen sei.

“In den anderen betroffenen Ländern wird nun bis Ende 2012 noch ein konsularischer Vertreter anwesend bleiben”, sagte er vor den rund 20 Delegierten der 7 österreichischen Schweizervereine und je einem aus Slowenien und Liechtenstein.

Die konsularischen Aufgaben seien ohne Schwierigkeiten ins Alltagsgeschäft übernommen worden, erklärte der Konsul, der in Wien für die Umsetzung der Zusammenlegung im neuen regionalen Konsularzentrum verantwortlich ist.

“Die Mitbürgerinnen und Mitbürger haben sich inzwischen daran gewöhnt, dass sie nach Wien kommen können. Für jene in der Slowakei ist natürlich die Distanz nach Wien nicht so gross wie vergleichsweise aus dem Vorarlberg oder aus Tirol.”

“Ohne spürbare Übergangsfrist”

Anfang Oktober sollen in Wien auch die konsularischen Dienste von Kroatien, Slowenien, Tschechien und Ungarn übernommen werden. Zu den 14’800 heute betreuten Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern werden etwa 5000 aus jenen Ländern dazukommen.

Eine eigentliche Übergangsfrist werde es für sie nicht geben, sagt Meier: “Die ganzen Daten werden elektronisch übertragen. Und wir erhalten die Einzeldossiers physisch. Aber wir können theoretisch nur auf Basis der elektronischen Daten arbeiten. Daher gibt es keine Fristen. Das geschieht in einem bis zwei Tagen.”

Für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in den betroffenen Ländern werde auch die Telefonnummer gleich bleiben. “Man merkt es nur an der Stimme, dass man nicht mehr in der Landessprache begrüsst wird, sondern in Deutsch.”

Mobile Konsulate

Bald schon sollten auch mobile Lösungen für die betroffenen Länder zum Einsatz kommen, sagte Botschafter Gerhard Brügger, der Leiter der neu geschaffenen Konsularischen Direktion im EDA, kürzlich in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung.

Meier bezeichnete diese als Zukunftsvision. Er habe aber in Wien bereits gesehen, wie andere Länder solche mobile Einheiten betrieben: “Die haben lediglich einen Aktenkoffer dabei, mit einem Laptop und einem kleinen Kästchen für Fingerabdruck-Entnahme und elektronische Unterschrift sowie mit einer einfachen Digitalkamera zur Aufnahme der Fotos.” Die Beamten dieser Länder seien jeweils während einer Woche vor Ort im Einsatz.

Kaum Kritik in Österreich

An seiner letzten Sitzung Anfang April in Brunnen hatte der Auslandschweizerrat (ASR) verlangt, dass in jedem Land konsularische Dienste aufrechterhalten blieben. Die Delegierten der österreichischen Schweizervereine jedoch stellten Konsul Meier in diesem Zusammenhang kaum kritische Fragen.

Es werde etwas mühsamer für die Betroffenen, gab Theres Prutsch-Imhof, Vorstandsmitglied im Schweizerverein Steiermark und ASR-Delegierte, zu bedenken. Nicht ohne anzufügen, dass die Schweizervereine den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern hier vielleicht beratend zur Seite stehen könnten.

Sie vermute aber auch, dass die Frage der Zusammenlegung von Konsulaten ein “Länderproblem” sei: “Wenn die Leute im eigenen Land nicht betroffen sind, dann ist es auch nicht so aktuell.”

ASO wehrt sich

Als Vertreter der Auslandschweizer-Organisation (ASO) war Vizepräsident Remo Gysin eingeladen. Der ehemalige Nationalrat der Sozialdemokratischen Partei sagte, dass sich die ASO seit Jahren “mit zunehmender Intensität” gegen diese Massnahmen wehre. “Wir arbeiten auf der ganzen Palette der Möglichkeiten – im Stillen und sichtbar – sehr intensiv.”

Den geringen Widerstand in Österreich erklärt sich Gysin damit, dass man “die Diskussion nicht fünfzig Mal führen kann”. Beim ASR in Brunnen habe man “einen tiefen Unmut und Besorgnis” beobachten können. “Es wird im Moment für alle Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer schwieriger.”

Es sei nun an den Schweizerinnen und Schweizern in den betroffenen Ländern, sich bemerkbar zu machen. “Sie sollen die Probleme beschreiben, die Kräfte bündeln, zum Beispiel über die Schweizervereine.” Das Thema werde auch Ende August am Auslandschweizer-Kongress in Lugano eingehend diskutiert werden: “Das ist ein Dauerbrenner, besonders in einem Wahljahr. Es wird aber auch die nächsten Jahre ein Dauerbrenner sein.”

Sich gegen die Zusammenlegung der Konsulate zu wehren, könnte laut Konsul Meier aber kontraproduktiv sein: “Das würde den Prozess nur verlangsamen und erschweren. Es sind vor uns diverse europäische Länder, die weit mehr Personal haben, zum gleichen Schluss gekommen. Die haben auf viel rigorosere Weise restriktiv ganze Botschaften geschlossen.”

1. April: Kosovo und Albanien in Pristina, Kosovo; Südafrika, Malawi, Sambia und Simbabwe in Pretoria, Südafrika

Mitte April: Rumänien und Bulgarien in Bukarest, Rumänien

Anfang Mai: Dominikanische Republik und Haiti in Santo Domingo, Dominikanische Republik

16. Mai: Belgien, Luxemburg und Niederlande in Den Haag, Niederlande

30. Mai: Schweden, Dänemark, Finnland und Norwegen in Stockholm, Schweden; Lettland, Estland und Litauen in Riga, Lettland

Ab 4. Oktober: Österreich, Kroatien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn in Wien, Österreich

EDA und ASO empfehlen Auslandschweizern in den betroffenen Ländern, Aufenthalte in der Schweiz zu nutzen, um ihre Ausweispapiere zu erneuern.

Die Tagung findet in Zukunft alle 2 Jahre statt.

Die nächste Tagung der Schweizervereine in Österreich, Liechtenstein, Slowenien und Slowakei findet im Juni 2013 statt.

Das Manifest fasst die zentralen politischen Anliegen der Auslandschweizer zusammen:

Schaffung eines Auslandschweizer-Gesetzes.

Erleichterung der Wahrnehmung der politischen Rechte (e-Voting, Teilnahme an den Ständeratswahlen).

Förderung der internationalen Mobilität der Schweizerinnen und Schweizer (Personenfreizügigkeits-Abkommen, Abbau von Hürden).

Adäquate konsularische Betreuung (ausreichendes Konsularnetz, Ausbau e-Governement).

Ausbau der Kommunikation mit der 5. Schweiz (Schweizer Revue, swissinfo.ch, SwissCommunity).

Aufwertung des Auslandschweizerrats als Repräsentationsorgan.

Stärkung/Ausbau der internationalen Präsenz und Mitwirkung der Schweiz.

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