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Türkei – Schweiz: FIFA will hart durchgreifen

Keystone

Der Weltfussballverband hat nach den Ausschreitungen im Anschluss an das Spiel in Istanbul genaue Untersuchungen und harte Konsequenzen angekündigt.

Vor der Auslosung der WM-Gruppen am kommenden 9. Dezember in Leipzig müsse der Fall vom Tisch sein, sagte FIFA-Präsident Sepp Blatter.

“Da wird hart durchgegriffen. Da stimmt etwas im Fussball nicht mehr. Das Fairplay ist im wahrsten Sinn des Wortes mit Füssen getreten worden. So etwas habe ich bisher noch nie erlebt”, sagte der Walliser Blatter am Donnerstag vor den Medien.

Der Fall geht nun an die Disziplinarkommission des Weltfussballverbandes (FIFA). Diese werde dann einen Entscheid treffen, sagte Blatter. Von “Null” bis zur Suspendierung des türkischen Verbandes oder einem Ausschluss von der nächsten WM-Teilnahme könne alles passieren, so Blatter weiter. Auch Strafen gegen einzelne Spieler schloss er nicht aus.

Der Kampf nach dem Schlusspfiff

Nach dem WM-Qualifikationsspiel zwischen der Türkei und der Schweiz (4:2) war es im Stadion von Istanbul unmittelbar nach Spielschluss zu den Ausschreitungen gekommen.

Fluchtartig hatten die Schweizer Spieler nach dem Abpfiff das Spielfeld verlassen und waren in Richtung der Kabinen gerannt. Dabei seien sei von den Türken tätlich angegriffen worden, berichtete der Medienchef der Schweizer Nati Pierre Benoit.

Türkische Spieler attackierten nach Aussagen von Benoit die Schweizer in den Katakomben des Stadions weiter. Ersatzspieler Stéphane Grichting musste nach einem Tritt in den Unterleib sogar ins Krankenhaus gebracht werden.

Schuldzuweisungen an die Schweizer

Türkische Zeitungen berichteten dagegen, der Schweizer Benjamin Huggel habe den Streit vom Zaun gebrochen. Fotos zeigen den Mann mit der Nummer 14, wie er vor dem Tunneleingang dem türkischen Trainer-Assistenten Mehmet Özdilek von hinten einen Tritt gegen das Bein versetzt.

Özdilek habe es Huggel daraufhin mit gleicher Münze heimgezahlt. Die Schweizer hätten die Auseinandersetzung provoziert. “Unsere Spieler sind in die Falle gegangen”, schrieb die Sportzeitung “Fanatik”.

Der erste, der den Schweizer Spielern nachsetzte, war türkischen Berichten zufolge der Kölner Özalan Alpay. Angeblich wurde auch er von Huggel attackiert.

Ein Foto zeigt den Schweizer, wie er Alpay im Tunneleingang in den Nacken fasst und nach unten drückt. Anschliessend hätten sich weitere türkische Spieler auf das “Schlachtfeld” gestürzt.

Dabei habe der Schweizer Grichting einen Tritt in die Leistengegend abbekommen. Nach ambulanter Behandlung habe er das Istanbuler Acibadem-Krankenhaus wieder verlassen können.

Kameraleute, die die Tumult-Szenen vor der Garderobe hatten filmen wollen, wurden ebenfalls attackiert. In diesem Zusammenhang nannte die Zeitung “Milliyet” den türkischen Spieler Emre.

Von offizieller türkischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Auseinandersetzungen und der drohenden Strafe.

Besänftigende Worte vom Bundesrat

Die Rangeleien nach dem WM-Barrage-Spiel sind auch von mehreren Bundesräten gerügt worden. Bundespräsident Samuel Schmid sagte, er habe sich sehr über das Schlussresultat gefreut, gar nicht aber über verschiedene andere Szenen.

“Ich nehme mit Beruhigung zur Kenntnis, dass die FIFA darauf reagieren will”, sagte Schmid und gab sich überzeugt, dass eine Reaktion kommen wird. “Aber Hauptsache ist, dass wir an die WM gehen”, fuhr der Sportminister fort.

Wirtschaftsminister Joseph Deiss sagte, es finde es bemühend, wenn die Sportlichkeit nicht gewahrt werde. Man solle die Aufklärung dieser Szenen nun aber den zuständigen Instanzen überlassen und nicht selber noch Öl ins Feuer giessen.

swissinfo und Agenturen

Die Schweiz hat sich trotz der 2:4-Niederlage gegen die Türkei zum insgesamt achten Mal für eine Fussball-Weltmeisterschaft qualifiziert.

Sie ist im nächsten Sommer mit den besten 32 Teams der Welt in Deutschland dabei.

Das letzte Mal spielte die Schweiz 1994 in den USA an einer WM-Endrunde.

Unter Trainer Köbi Kuhn hat sich die Schweiz als erfolgreiche Mannschaft etabliert.

Vor Istanbul war seine Equipe 14 Spiele unbesiegt geblieben.

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