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Schweiz darf konvertierten Iraner wegweisen

Gerichtshof in Strassburg
Mit seinem Urteil stützt das Gericht in diesem Fall die Schweizer Behörden. Reuters

Ein in der Schweiz zum Christentum konvertierter iranischer Asylbewerber darf in seine Heimat weggewiesen werden. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg entschieden. Mit seinem Urteil stützt das Gericht die Schweizer Behörden.

Der EGMRExterner Link kam zum Schluss, eine Wegweisung des Beschwerdeführers in den Iran verletze weder Art. 2 (Recht auf Leben) noch Artikel 3 (Folterverbot). Das Gericht hob insbesondere hervor, dass die Schweizer Behörden den Beschwerdeführer persönlich angehört hätten und dessen Gesuch von zwei verschiedenen Instanzen beurteilt worden sei. Anzeichen eines fehlerhaften Verfahrens gebe es keine.

Der EGMR bestätigte auch die Meinung der Schweizer Behörden, wonach die Glaubensausübung des Beschwerdeführers nicht öffentlich sei und er bei einer Rückkehr in den Iran daher keiner Gefahr einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sei.

Der Fall

Der heute 35-jährige Iraner war 2009 in die Schweiz eingereist, wo er sogleich ein Asylgesuch stellte. Er machte geltend, anlässlich der Präsidentenwahlen an Demonstrationen teilgenommen zu haben, deshalb sei er festgenommen worden. Nach seiner Flucht hat er nach eigenen Angaben das Land mit Hilfe eines Schleppers verlassen. Ein Gericht habe ihn in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe von 36 Monaten verurteilt.

Sein Asylgesuch wurde im Februar 2013 abgelehnt, worauf die Schweizer Behörden die Wegweisung des Iraners in seine Heimat verfügten. Dieser stellte noch im gleichen Jahr unter einem anderen Namen ein zweites Asylgesuch. Darin brachte er vor, er sei in der Schweiz zum Christentum konvertiert und nun ein aktives Mitglied der persisch-christlichen Gemeinde.

Wegen seines christlichen Glaubens sei er im Iran gefährdet. Aus diesem Grund ersuchte der Iraner um vorläufige Aufnahme in der Schweiz. Doch das Staatssekretariat für Migration (SEM) lehnte das Gesuch erneut ab und ordnete den Vollzug der Wegweisung an.

Schutzfaktor M – Menschenrechte schützen unsExterner Link” ist eine 2014 vom Trägerverein Dialog EMRK lancierte Informationskampagne, die sich politisch und gesellschaftlich für den Erhalt des Menschenrechtsschutzes in der Schweiz engagiert. Ziel der Kampagne ist es, die Annahme der Volksinitiative “Schweizer Recht statt fremde Richter”Externer Link der Schweizerischen Volkspartei (SVP) zu verhindern. Die so genannte “Selbstbestimmungs-Initiative” zielt darauf ab, die Europäische Menschenrechts-Konvention (EMRK) auszuhebeln. 

Das Bundesverwaltungsgericht folgte in seinem Urteil der Begründung des SEM. Dieses hielt fest, aus den Akten gehe kein besonders exponiertes religiöses Engagement des Beschwerdeführers hervor. Es sei nicht davon auszugehen, dass er den iranischen Behörden wegen seiner Konversion besonders aufgefallen wäre. Deshalb drohe ihm mit “beachtlicher Wahrscheinlichkeit” weder eine verbotene Strafe noch Behandlung.

Kritik an Urteil aus Strassburg

Gemäss Schutzfaktor MExterner Link folgt der EGMR mit seinem Entscheid dem Grundsatz der Subsidiarität und beschränkt sich auf eine Überprüfung des Verfahrens vor den staatlichen Behörden. Das Urteil veranschauliche einmal mehr, dass Strassburg in der Flüchtlingsthematik hohe Hürden für die Glaubhaftmachung eines realen Verfolgungsrisikos setze und gegenüber den nationalen Behörden und Gerichten grosse Zurückhaltung ausübe.

Schutzfaktor MExterner Link kritisiert, dass der Gerichtshof mit seinem Urteil von einem Christen letztlich verlange, seine Religion im Iran zurückhaltend und nicht in der Öffentlichkeit auszuüben, um nicht verfolgt zu werden.

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