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“Digitaler Graben ist auch Armutsgraben”

Junge buddhistische Mönche in Thailand warten darauf, am Sonntag nach Hause telefonieren zu können. Keystone

Die Überwindung des digitalen Grabens ist das Ziel des im Dezember in Genf stattfindenden Weltgipfels zur Informations-Gesellschaft.

Bei der Vorbereitung ist die Schweiz eine treibende Kraft. Sie setzt sich für konkrete Massnahmen und finanzierbare Lösungen ein.

“Der digitale Graben ist auch ein Armutsgraben”, sagte Marc Furrer, Direktor des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM) an einem Mediengespräch in Biel. Eine Mehrheit der Menschen auf dieser Welt habe kein Telefon und keinen Zugang zu Informationen. “Die Mehrheit der Menschen kann keine Informations-Technologien nutzen.”

Gemäss BAKOM gibt es in Entwicklungsländern auf 200 Personen eine Telefonhauptleitung. In Bangladesch betragen die PC-Kosten acht durchschnittliche Jahreseinkommen. Und in Nepal kostet ein Internet-Anschluss pro Monat 278% des durchschnittlichen Monatseinkommens, im Vergleich zu 1,2% in den USA.

Mit Engagement mobilisieren

“Dass der Gipfel in Genf stattfindet, ist ein Tatbeweis, dass die Schweiz als neues UNO-Mitglied auch schwierige Aufgaben mitgestaltet,” gab sich Marc Furrer überzeugt.

Der Weltgipfel über die Informations-Gesellschaft (WSIS) wird vom 10. bis zum 12. Dezember in Genf stattfinden und wird in einer zweiten Phase 2005 in Tunesien fortgesetzt. Im Zentrum stehen dabei Entwicklungsfragen und der wirkungsvolle Einsatz der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.

Schweiz als Katalysator

Die Schweiz ist gemäss Furrer die treibende Kraft bei der Vorbereitung. Es gehe darum, die Teilnehmer darunter Staats- und Regierungschefs zu mobilisieren.

Ziele des Gipfels sind ein globaler Dialog, eine politische Erklärung sowie als konkrete Massnahme ein Aktionsplan. “Mir ist klar, dass mit der Deklaration die Welt nicht verändert wird,” meinte Furrer.

Gemäss Furrer soll der Gipfel einen Prozess zum Umdenken einleiten. “Die Schweiz hat die Aufgabe eines Katalysators. Sie mobilisiert und vermittelt auch bei Problemen, z. B. zwischen der Zivilgesellschaft und den Regierungen.”

Im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien brauche es mehr Transparenz und Demokratie. “In einigen Ländern wird der Zugang zum Internet unterbunden und mit dem Terrorschutz gerechtfertigt. Das müssen diese Länder am Gipfel erklären,” forderte der BAKOM-Direktor.

“Nicht nur Röstigraben… “

In der Schweiz nutzen gemäss BAKOM mehr als 60% der Menschen über 14 Jahren das Internet hin und wieder, 45% mehrmals pro Woche. Aber: Verschiedene Bevölkerungsgruppen würden an dieser Entwicklung kaum oder nur langsam teilnehmen. Mit anderen Worten gäbe es also auch in der Schweiz einen digitalen Graben.

Laut BAKOM ist die Schweiz im internationalen Vergleich sehr gut ausgerüstet. Am Arbeitsplatz werde in der Schweiz zudem hohes Grundwissen und eine Bereitschaft zum lebenslangen Lernen vorausgesetzt.

Wenn die Schweiz in den Bereichen Finanzen, Bewusstsein und Föderalismus “mit einer kräftigen Vitaminkur” noch Fortschritte machen würde, könnte sie im Hinblick auf den Weltgipfel ein Vorzeigeland darstellen, gaben sich die BAKOM-Vertreter überzeugt.

swissinfo und Agenturen

Der Weltgipfel zur Informations-Gesellschaft (WSIS) findet vom 10. – 12. Dezember 2003 in Genf statt. Die Folgekonferenz ist für 2005 in Tunis geplant.
In Entwicklungsländern teilen sich 200 Personen eine Telefonleitung.
Kosten Internet-Anschluss in Nepal: 280-faches durchschnittliches Monatseinkommen.
Kosten Internet-Anschluss in den USA: 1,2% des durchschnittlichen Monatseinkommens.

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