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“Little Lady” gross im Kommen

Orchideen-Pracht: Verschiedene Arten Phalaenopsis. (Bild: Stefan Hartmann)

Orchideen zieren bald jede Wohnung und jede Amtsstube. Mehr als eine Million Pflanzen gehen jedes Jahr über Schweizer Ladentische.

Ein Höhepunkt ist der Valentinstag vom 14. Februar. Woher kommen die Orchideen? – Besuch beim grössten Schweizer Orchideenproduzenten.

Eintritt ins Reich der Orchideen. Draussen herrscht dicker Nebel, drinnen empfängt den Besucher eine wohlige, feuchte Wärme und ein feiner Duft nach Rinde.

Der Eingangsbereich der Firma Meyer in Wangen bei Dübendorf ist gleichzeitig Umschlagplatz. Hier stehen Gestelle mit prächtigen Exemplaren für die Auslieferung bereit.

Orchideengärtner Hanspeter Meyer gleitet elegant mit dem Trottinett heran – seine Treibhäuser sind weitläufig und dehnen sich auf insgesamt 13’000 Quadratmetern aus. Mit rund 500’000 verkauften Pflanzen jährlich ist Meyer heute der grösste Orchideenproduzent der Schweiz; zwei Drittel der Orchideen stammen dabei aus eigener Kultur.

Der Rundgang beginnt in der Orchideen-Kinderstube. Hier ist es tropisch warm. Setzlinge, so weit das Auge reicht. Meyer bezieht sie vorwiegend aus Taiwan. Dort werden sie aus kleinen Gewebeteilen von Mutterpflanzen auf Nährmedien herangezüchtet. In Glasflaschen zu 20 Pflänzchen gelangen die wenige Zentimeter grossen Orchideen per Flugzeug in die Schweiz.

Schweizer lieben Orchideen

Bei Meyer in Wangen werden sie pikiert und im warmem Treibhaus während anderthalb Jahren grossgezogen. Danach wechseln sie in den 20 Grad kühlen Teil der Anlage, um hier die begehrten Blütenrispen zu entwickeln.

Erst nach insgesamt zwei Jahren Pflege sind die edlen Gewächse für den Verkauf bereit. Ein äusserst aufwändiges Geschäft, da viel Handarbeit, Technik und Heizenergie im Spiel ist. “Die grosse Investition können wir nur durch die Qualität unserer Pflanzen wettmachen”, betont Meyer.

Er beliefert vor allem den Schweizer Fachhandel (75 %), Grossverteiler (15 %), der Rest wird exportiert sowie direkt an Private verkauft. Über eine Million Orchideen gehen jedes Jahr als Topfpflanzen über Schweizer Ladentische.

Zum Massenprodukt geworden

Kein Wunder – mit ihren formvollendeten Blüten sind sie vor allem in der grauen Winterzeit ein willkommener Farbtupfer in Wohnzimmern, Arztpraxen oder Amtsstuben. “Die Orchidee ist heute die meist verkaufte, blühende Topfpflanze der Schweiz”, stellt Hanspeter Meyer fest.

Mitte der 1990er-Jahre hat ein regelrechter Boom der beliebten Exotenpflanze eingesetzt. Seit zwei bis drei Jahren scheint der Markt allerdings gesättigt. “Die Preise sind zum Teil eingebrochen, vor allem wegen der Konkurrenz von Billiganbietern”, meint Meyer. Orchideen sind zum Massenprodukt geworden.

Auch 2006 hat sich der Preis leicht nach unten bewegt. Mehr als die Hälfte der in der Schweiz verkauften Orchideen wird aus Holland und Deutschland importiert.

Der Rest stammt direkt von zwei bis drei Schweizer Produzenten, wobei Meyer deutlich der grösste ist. Meyer ist zudem international vernetzt. Er gehört zu einer Gruppe von fünf selbständigen Orchideen-Gärtnereien in Dänemark und Deutschland.

“Verhältnis Preis-Leistung stimmt”

Orchideen bezaubern nicht nur durch ihren schönen Wuchs, sondern auch weil sie unglaublich lange blühen. Viele Orchideenfreunde entwickeln eine persönliche Beziehung zu den Pflanzen. Sie ist ein dankbares Gewächs, weil man sie mit etwas Geschick zum Wiedererblühen bringen kann – Erfolgserlebnis garantiert.

Da sei eine Investition von 30-40 Franken in eine gute Pflanze nicht zu hoch, rechtfertigt Meyer. “Man bekommt etwas für sein Geld”, ist er überzeugt und meint. “Das Preis-Leistungs-Verhältnis bei der Orchidee ist ungleich höher als bei einem Blumenstrauss.”

Favoritin “Little Lady”

Favoritin im laufenden Jahr ist die Neuzüchtung “Little Lady”. Diese Zwerg-Phalaenopsis blüht noch länger als die grösseren Geschwister und ist das Resultat jahrelanger Züchtungen.

Meyer will sie 2007 als Zugpferd lancieren. Das Gewächs eigne sich gut als Mitbringsel. Derzeit wachsen in Wangen 200’000 Little Ladies heran. Bis April wird der Erweiterungsbau, ein neues Treibhaus mit 2500 Quadratmetern Fläche, bezugsbereit sein für “Little Lady”-Setzlinge.

Beim Neubau setzt Meyer auf nachhaltige Energie aus Erdwärme. Ein Teil des Energiebedarfs wird durch eine Grundwasser-Wärmepumpe gedeckt. So soll die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert werden. Das neue Treibhaus ist optimal isoliert; Klima- und Lichttechnik sind computergesteuert.

swissinfo, Stefan Hartmann

Die Schweizer sind Weltmeister im Blumenverbrauch.
Mit heute 82 Euro (135 Franken) pro Kopf und Jahr für Schnittblumen liegt die Schweiz ziemlich weit vor der Nummer 2, Norwegen (57 Euro) bzw. Holland (54 Euro).
Gesamtumsatzzahl für Schnittblumen: 945 Mio. Fr., für Topfpflanzen rund 450 Mio. Fr. jährlich.

Valentin hiess im 3. Jahrhundert nach Christus der Bischof der italienischen Stadt Terni.

Der Sage nach hatte er von ihm getrauten Paaren Blumen aus seinem Garten geschenkt. Die Ehen hätten unter einem guten Stern gestanden.

Valentin starb am 14. Februar 269 n. Chr. als Märtyrer.

Der Brauch lebte vor 400 Jahren in England wieder neu auf.

Englische Auswanderer nahmen den Valentinsbrauch mit in die Neue Welt.

US-Soldaten brachten ihn nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland. Von da an wurde der 14. Februar in ganz Europa populär.

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