Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

ABB sieht Eldorado in China

ABB hofft auf China: Als Standort und als Markt. Im Bild: Finanzmeile in Shanghai. Keystone

Mit einem erwarteten jährlichen Wachstum von 20% erhofft sich der Technologie-Multi ABB, aus China in fünf Jahren seinen weltgrössten Markt zu machen.

ABB ist nicht das einzige Unternehmen, das in China den Braten riecht. Das kommende 1,5-Mrd.-Konsumenten-Paradies zieht viele Schweizer Investoren an.

Im derzeit boomenden China-Markt will ABB den Umsatz bis 2008 auf 4,8 Mrd. Franken verdoppeln. Damit dürfte das Reich der Mitte Deutschland als zweitwichtigsten Markt für den Elektronik-Konzern überrunden.

Das schweizerisch-schwedische Unternehmen ist führend in der Energie- und Automationstechnik und beschäftigt rund 105’000 Mitarbeitende in über 100 Ländern. Die Produkte von ABB werden hauptsächlich im Infrastrukturbereich verwendet.

China zieht seit einigen Jahren viel Auslandinvestitionen an. Zahlreiche globale Unternehmen haben Produktionsprozesse nach China ausgelagert, um von den tiefen Arbeitskosten und dem riesigen Marktpotenzial zu profitieren.

Das chinesische Bruttosozialprodukt wuchs in der letzten Dekade um rund 8% jährlich. Zu Markt-Wechselkursen umgerechnet figuriert das Land nun als weltweit sechstgrösste Wirtschaftsmacht.

Es vereint aber einen noch grösseren Teil des weltwirtschaftlichen Wachstums auf sich.

China: Bald Umsatzträger Nr. 1?

Bis in fünf Jahren solle China gar zum umsatzstärksten Land für ABB avancieren, sagte Konzern-Chef Jürgen Dormann in einer Mitteilung vom Montag anlässlich seines China-Besuches.

Auf die Frage, ob diese Perspektiven nicht sehr optimistisch seien, sagt Wolfram Eberhardt, ABB-Sprecher am Hauptsitz in Zürich, gegenüber swissinfo: “Die Schätzung ist nicht optimistisch, sondern realistisch, wenn nicht sogar konservativ.”

Denn die Investitionen im Infrastrukturbereich seien staatlich geplant, und verliefen deshalb viel stabiler als andere wirtschaftliche Sektoren.

“Die Infrastrukturprojekte der chinesischen Regierung basieren auf gewaltigen Plänen, die langfristig ausgelegt sind”, sagt Eberhardt. Ein weiter anhaltendes hohes Wirtschaftswachstum sei ohne eine funktionierende Infrastruktur gar nicht möglich.

“Heute müssen Fabriken in China teils nachts arbeiten”, sagt der ABB-Sprecher, “weil es tagsüber nicht genügend Strom gibt. Hier fehlt es an Kapazitäten.”

Er verweist schliesslich auch auf die Infrastrukturen, die die Olympischen Spiele von 2008 erfordern werden.

CEO Dormann sagte in China weiter, ABB wolle bis 2008 im Rahmen eines Fünf-Punkte-Plans 120 Mio. Franken zum Aufbau von Produktionslinien und Fertigungsstätten ausgeben. Bisher seien bereits 720 Mio. Franken investiert worden.

Im laufenden Jahr werden in China den Angaben zufolge rund 2,4 Mrd. des ABB-Gesamtumsatzes von rund 22 Mrd. Franken erwirtschaftet.

5000 neue Mitarbeiter in China

Zum Ausbau des China-Geschäfts sollen bis 2008 in China rund 5000 neue Mitarbeiter eingestellt werden, womit die Zahl der dort Beschäftigten auf dann 12’000 steigen werde. Materialien zum Bau von kompletten Produktionslinien sollen vor Ort eingekauft anstatt wie bisher aus Europa importiert werden.

Und um die Bedürfnisse der Kunden vor Ort besser erfüllen zu können, werde in Peking ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum errichtet.

Doch sieht ABB China nicht nur als günstigen Entwicklungs- und Produktions-Standort, sondern auch als lukrativen Absatzmarkt. Die von China selbst angestrebte Vervierfachung des jährlichen Pro-Kopf-Einkommens bis zum Jahr 2020 auf 3000 Franken sei ein Indikator dafür, dass die Nachfrage nach Energie- und Automationsprodukten anhalten werde, sagte Peter Leupp, ABB Country Manager China.

1,5 Mrd. für den Drei-Schluchten-Staudamm

Derzeit sei China umsatzmässig hinter den USA und Deutschland der drittgrösste ABB-Markt. Der Konzern beschäftige rund 7000 Mitarbeiter in 27 Unternehmen und betreibe in 30 Städten Verkaufsniederlassungen.

ABB hat in den vergangenen Jahren allein in Zusammenhang mit dem chinesischen Dreischluchten-Staudamm Aufträge mit einem Volumen von mehr als 1,5 Mrd. Franken erhalten.

ABB wird am Donnerstag den Abschluss für das dritte Geschäftsquartal präsentieren.

In China versuchten die Politiker in den vergangenen Jahren, die Wachstumsraten etwas zu drosseln, um einer Erhitzung vorzubeugen. Das ist ihnen teilweise gelungen. Die grosse Frage bleibt, ob die Raten rapid oder allmählich stabiler werden.

swissinfo und Agenturen

China befindet sich mitten in einem Wirtschaftsboom.

Das Land zieht mehr Investitionen aus dem Ausland an als jedes andere. 2003 waren es 65 Mrd. Franken.

Die Schweiz figuriert unter den 15 grössten Investoren in China.
Das seco schätzt die Höhe der Schweizer Investitionen auf 3 bis 5 Mrd. Franken.

Rund 250 Schweizer Unternehmen sind auf irgend eine Weise in China tätig.

Unter ihnen der Industrieriese ABB, die Chemiefirmen Ciba, Clariant, Ems, Lonza, Novartis und Roche, der Zementfabrikant Holcim oder der Computer-Zulieferer Logitech.

Der Nahrungsmittel-Multi Nestlé dürfte unter den Schweizer Firmen mit einer Mrd. Franken 2003 der grösste Investor sein.

Er unterhält dort 20 Produktionszentren und rund 10’000 Mitarbeiter.

Im Geschäftsjahr 2003 erwirtschaftete ABB einen Gruppenumsatz von 22,5 Mrd. und einen Verlust von 767 Mio. Franken.
55% des Umsatzes entfiel auf Europa
19% auf USA
18% auf Asien

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft