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Alarmsystem hätte Opfer verhindern können

In der Katastrophen-Region fehlt ein Frühwarnsystem. Keystone

Die Opferzahlen des Erdbebens in Südasien steigen. Die Frage stellt sich, ob ein Frühwarnsystem Menschenleben hätte retten können.

Olivier Lateltin, Leiter der Koordinationsstelle des Bundes für Erdbebenvorsorge, kritisiert das fehlende Alarmsystem und das fehlende Gehör der Politik.

swissinfo: Hätte man das schwere Erdbeben voraussehen können?

Olivier Lateltin: Die Zone ist als Gefahrenzone bekannt. Es war jedoch unmöglich, das Datum und die Intensität dieses Erdbebens vorauszusehen.

swissinfo: Wäre es möglich gewesen, vor den Flutwellen zu warnen?

O.L.: Da liegt das Hauptproblem. Das amerikanische Institut für Geologie überwacht permanent die Erdbeben auf der ganzen Welt. Wir wissen also auf die Sekunde genau, wann sich ein Erdbeben ereignet.

In Südasien gibt es jedoch kein Frühwarnsystem. Das ist eine gravierende Lücke, die unbedingt und schnell geschlossen werden muss. Die Stunde zwischen dem Ausbruch des Erdbebens und der verheerenden Ankunft der Flutwelle an der Küste hätte für Evakuierungen genutzt werden können.

swissinfo: Wird diese Katastrophe konkrete Präventiv-Massnahmen zur Folge haben?

O.L.: Die Entscheidung liegt bei der Politik. Das Erinnerungs-Vermögen eines Politikers liegt im Schnitt bei rund vier Jahren. Die Erde hat ein unendlich viel längeres Erinnerungsvermögen. Es liegt bei Milliarden von Jahren.

Im Ernst: Ich glaube nicht, dass das Problem bei der Wissenschaft liegt. Diese zieht seit Jahren die Alarmglocke. Aber die Politik müsste besser auf die Wissenschaft hören und das genauso in der Schweiz wie in Asien.

Der Dialog muss dringend wieder hergestellt werden, selbst wenn Katastrophenprävention in einem politischen Programm nicht sehr sexy ist.

swissinfo: Wie können die Wissenschafter die Katastrophe zum Anlass nehmen, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen?

O.L.: Leider geht die Prävention lediglich mit solchen Katastrophen vorwärts. In der Schweiz haben wir die Prävention erst nach den Erdbeben von Kobé (1995) und Izmit (1999) wirklich ernst genommen.

In der Schweiz werden wir am 31. Dezember eine vierjährige Planungsperiode abschliessen. Mitte Januar treffen wird die Regierung und ich denke, die Katastrophe in Südasien wird ein Thema sein.

swissinfo-Interview: Mathias Froidevaux
(Übertragen aus dem Französischen: Andreas Keiser)

Das Bundesamt für Wasser und Geologie ist die zuständige Behörde für die Prävention in Sachen Naturgefahren.

In das Bundesamt ist auch die Koordinations-Stelle für Erdbebenvorsorge integriert.

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