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Alpines Museumswandern

Berge in den Bergen. A. Böhner-Sindelar, Brunnen

Das Forum der Schweizer Geschichte zieht von Schwyz hinauf in die Berge. In Zentralschweizer SAC-Hütten stellte das Museum 14 mobile Ausstellungsboxen auf.

Wohlan, hinauf in die Berge in die frische würzige Museums-Luft! Was jährlich Tausenden von Berggängern und Familien teuer ist, der Ausflug ins Gebirge, mag auch dem Forum der Schweizer Geschichte mehr als recht sein. Zum UNO-Jahr der Berge verlässt das Museum die Mauern seiner Ausstellungsstätte in Schwyz und wird mobil, um in luftiger Höhe den Ressourcenwandel in Berggebieten zu reflektieren: “Gipfeltreffen 2002”.

Neues Gipfelerlebnis

Die Idee der Museumsleitung ist so einfach wie bestechend. Für einmal nicht die Leute ins Museum locken und allfällige Schwellenängste abbauen, sondern das Publikum da abholen, wo es sich hinbegibt. Und das sind in diesem Fall 14 SAC-Hütten, verteilt in der Zentralschweiz.

“Wir wollten mit dem Unerwarteten aufwarten, um unsere Anliegen an die Berggänger zu bringen”, erklärt Rita Lisa Planzer-Steiner, Projektleiterin. “Es denken wahrscheinlich die wenigsten an eine Ausstellung, wenn sie verschwitzt ihr Ziel erreichen und die Aussicht geniessen.”

Genau hier setzt die Ausstellung ihre Akzente und zwar in Form mobiler Boxen. Nach dem ersten Aufschnaufen und dem verdienten Schluck aus der Thermosflasche guckt sich der müde Wanderer Neues und Unbekanntes über Alpwirtschaft, Tourismus, Geologie, Wirtschaft und Technik im Alpenraum in den Boxen an.

Jede SAC-Hütte hat ein anderes Thema und jede der 14 mobilen Ausstellungsboxen ist mit unterschiedlichen Inhalten bestückt. Mit Hörstücken, Musikinstrumenten, Bildern, Zeichnungen, Texten, Objekten und einem Wettbewerb werden Familien, einsame Bergwölfe und Wandergruppen angesprochen.

Hohe Berge – paradiesische Alpen

Im Mittelalter galten die Alpen sogar ihren eigenen Bewohnern als unheimliche und gewalttätige Natur. Die Ungastlichkeit und die Bedrohung durch die Bergriesen bot Stoff für unzählige Legenden, Sagen und Mythen. Erst die naturwissenschaftliche Demystifizierung ab dem 19. Jahrhundert und die Romantik mit ihrem selbstbewussten “Naturmenschen” ebneten den Weg zum Begriff des Alpenparadieses.

Was lange Zeit wenigen vermögenden Gipfelstürmern, Wagemutigen und Forschern als Abenteuer offen stand, ist heute allen zugänglich. Längst ist der Alpenraum erschlossen. Es wird nicht nur Sport, sondern auch Extremsport betrieben, und die Tourismusbranche wirbt mit Hochglanz: Der Kommerz hat Einzug gehalten.

Fragiles Gleichgewicht

Heute gilt es deshalb, das fragile Gleichgewicht der Alpenregionen nicht noch mehr aus dem Lot zu bringen. Die Bedürfnisse sind verschieden und mutige politische Entscheidungen zugunsten der Bergbevölkerung und ihrer Umwelt angebracht.

Die Ausstellungsboxen sind ein Beitrag dazu. Nicht belehrend, sondern informativ und sinnlich lernen Bergfreunde neue Geschichten kennen. So erfährt man auf der Hinterbalmhütte im Maderanertal, was es mit dem Wildheuen auf sich hat. Jenes Heuen, das bis in unsere Tage von Hand, mit der Sichel in steilsten Hängen mühsam und gefährlich von statten geht.

Die Box in der Albert-Heim-Hütte stellt den Zürcher Geologen Albert Heim (1849-1937) mit seinen minutiösen Panorama-Zeichnungen ins Licht. “Nur wer die Berge versteht, kann sie richtig auffassen”, pflegte er zu sagen.

In der Box bei der Dammahütte im Göscheneralptal werden schauerliche Spukgeschichten erzählt. Sie sollen so unheimlich sein, dass in jenen vergangenen Zeiten niemand alleine im Haus schlafen wollte. Jener Zeit als noch kein Fernseher und keine elektrisches Licht Geister und verstorbene Seelen vertrieb.

Das Forum der Schweizer Geschichte lässt mit dieser Ausstellung “Gipfeltreffen 2002” eine erfrischende Brise in den mitunter noch stickigen Museumsalltag hinein wehen. Die Aktion läuft im Rahmen des Kulturprogramms “Mier sind öpper (Wir sind wer) – Wertvorstellung aus den Innerschweiz”. Die Boxen bleiben bis Ende September aufgestellt. Einige SAC-Hütten haben bereits ihr Interesse an einer fixen Übernahme signalisiert.

Brigitta Javurek

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