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Arbeit und Fussball-WM nur beschränkt vereinbar

Fernsehen am Arbeitsplatz liegt nicht drin. swissinfo.ch

Arbeitende Fussballfans geraten während der WM in ein schweres Dilemma: Wie erledigt man den Job und hält sich gleichzeitig über die Spiele auf dem Laufenden?

Ein Spezialist beantwortet die dringendsten Fragen.

Grundsätzlich gilt laut Professor Thomas Geiser, Spezialist für Arbeitsrecht an der Hochschule St. Gallen und nebenamtlicher Bundesrichter: Der Arbeitnehmer schuldet dem Arbeitgeber seine Arbeitszeit.

Tätigkeiten, welche den Arbeitnehmer am Erbringen der Arbeitsleistung hindern, sind deshalb nicht gestattet.

Fernsehen liegt nicht drin

Fernsehen am Arbeitsplatz ist laut Professor Geiser damit praktisch ausgeschlossen, da gleichzeitiges Arbeiten kaum möglich sein dürfte. Nicht ganz so klar ist der Fall beim Radiohören.

Ein Verbot wird der Chef ohne weiteres dann verhängen dürfen, wenn durch das Radiohören die Arbeitsleistung beeinträchtigt wird oder Arbeitskollegen gestört werden. Allerdings haben Arbeitnehmer gemäss Professor Geiser auch einen gewissen Anspruch auf Information, etwa über den Ausgang einer Bundesratswahl.

Da viele Angestellte dem Abschneiden ihrer Nationalmannschaft sogar noch mehr Interesse entgegen bringen dürften, sollte es nach Ansicht von Geiser in der Regel erlaubt sein, sich kurz via Radio oder Internet über den Ausgang eines Spiels zu informieren.

Im Tricot zur Arbeit

Wer einzelne Tage oder gleich für die volle Dauer der WM frei nehmen will, muss um Ferien ersuchen, über die grundsätzlich der Arbeitgeber bestimmt. Er darf den Wunsch nach Ferien allerdings nur dann abschlagen, wenn betriebliche Gründe dagegen sprechen.

Das gleiche gilt für Arbeitsunterbrüche oder eine frühzeitige Arbeitsbeendigung. In diesem Fall müssen die frei genommenen Stunden nachgeholt werden. Soweit im Betrieb keine Kleiderordnung besteht, hat Geiser auch keine Probleme damit, wenn jemand im Tricot seiner Nationalmannschaft zur Arbeit erscheint.

Rote Karte nach Verwarnung

Wer dem Fussball gegenüber der Arbeit den Vorzug gibt und sich nicht an die Regeln hält, riskiert zuerst die gelbe Karte und wird gemahnt. Die rote Karte in Form einer fristlosen Kündigung darf der Arbeitgeber erst im Wiederholungsfall zücken.

In allen Fällen gilt es laut Geiser den gesunden Menschenverstand zu wahren. Allzu strenge Einschränkungen würden auch betriebswirtschaftlich wenig Sinn machen. Und natürlich bleibt allen die Hoffnung, dass der Boss selber der grösste Fussballfan ist und sich entsprechend grosszügig zeigt.

swissinfo und Peter Josi (sda)

Das Arbeitsrecht beinhaltet die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber.

Die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden durch das Arbeitsvertragsrecht, das Obligationenrecht (OR) und Gesamtarbeitsverträge (Tarifverträge, GAV) geregelt.

Das schweizerische Arbeitsrecht umfasst weniger Vorschriften als die Rechtsordnungen in den EU-Staaten. Die Regelungsfreiheit ist somit wesentlich grösser und die Rechtsprechung in der Regel sehr liberal.

Die Gruppen-Spiele der Schweiz an der WM 2006 in Deutschland:

13. Juni: Schweiz-Frankreich in Stuttgart

19. Juni: Schweiz-Togo in Dortmund

23. Juni: Schweiz Südkorea in Hannover

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SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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