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Armee XXI auf der Zielgeraden

Länger warten auf das Abschlussfoto. Keystone

Nach langem Ringen haben sich die beiden Kammern auf die Grundpfeiler der verkleinerten Armee geeinigt.

Die Armee bleibt regional verankert, und die Rekrutenschule dauert zwischen 18 und 21 Wochen.

Zwei Drittel der Rekruten werden in Zukunft eine 21-wöchige Grundausbildung absolvieren. Betroffen sind Soldatinnen und Soldaten der Infanterie, mechanisierten Infanterie, Panzertruppen, Artillerie und Transporttruppen.

Rekruten, welche für 18 Wochen einrücken, müssen einen zusätzlichen siebten Wiederholungskurs absolvieren. Damit sei die Gerechtigkeit zwischen allen Dienstleistenden gewährleistet, meint der Ständerat.

Die Länge der Rekrutenschule war eine der Streitfragen, da die ungenügende Ausbildung immer wieder bemängelt worden war.

Verschiedene Ständeräte machten Stimmung gegen eine Verlängerung. Der Freisinnige Hans Fünfschilling betonte, dass der Wirtschaft wichtige Ressourcen entzogen würden. Sein Antrag wurde abgelehnt.

Grösste Armeereform

Seit einigen Jahren bereits ist die grösste Umbau-Aktion in der Schweizer Armee eine Grossbaustelle. Der Bestand der Diensttuenden soll massiv verringert werden.

Neue Aufgaben, wie friedenserhaltende Einsätze und Krisenbewältigung im internationalen Umfeld, erfordern eine schlankere, flexible Armee. Seit März 2002 wird deren Reform nun im Parlament diskutiert.

Als erster Rat nahm sich der Ständerat die Reform vor. Nachdem diese in der Sommersession im Nationalrat behandelt wurde, stand sie am Mittwoch erneut in der kleinen Kammer zur Differenzbereinigung.

Nun scheinen praktisch alle Differenzen ausgeräumt. Einzig in der Frage der Führungsstruktur sind sich die beiden Kammern noch nicht einig. Das Geschäft geht nun zur Differenzbereinigung in den Nationalrat.

Modell Ständerat

Der Ständerat will der Führungsstruktur der Armee XXI eine zusätzliche Führungsstufe hinzugefügen. Vorgesehen sind drei Divisionsstäbe, unterteilt in 11 verschiedene Brigaden.

Bundesrat Samuel Schmid hielt dagegen, dass das Modell Ständerat in dieser Form zu stark auf Verteidigung und zu wenig auf die heutigen Anforderungen ausgerichtet sei.

“Ich bin eigentlich der Auffassung, dass wir jetzt nicht eine Struktur zu zementieren haben, die sich primär auf den Verteidigungsfall ausrichtet. Das scheint mir nicht zweckmässig”, sagte Schmid am Mittwoch vor dem Ständerat. Dieser stimmte mit 28 zu 9 Stimmen klar gegen dessen Einwand.

Regional verankert

Die Verkleinerung der Armee um zwei Drittel kann nicht ohne grosse strukturelle Anpassungen über die Bühne gehen. Die Einheiten der Armee XXI sollen ein völlig neues Gesicht erhalten.

An die Stelle von Bataillonen und Regimenter treten Territorialregionen und Brigaden. Die Kantone hatten im Vorfeld befürchtet, dass mit der Straffung die Armee am Volk vorbei reformiert würde.

In der Frage der regionalen Verankerung ist der Ständerat denn auch seiner sicherheitspolitischen Kommission gefolgt, die eine “Heimat” für jede Brigade vorsieht.

Abgespeckt

Der Ständerat hat am Montag das Rüstungsprogramm 2002 mit 711 Millionen Franken gutgeheissen. In den letzten 15 Jahren lag dieses jeweils bei durchschnittlich 1,6 Milliarden Franken.

Auch beim Personal wird abgespeckt. Die neue Armee soll statt höchstens 410’000 Angehörigen nur noch maximal deren 140’000 einsetzen, mit einer Reserve bis zu 80’000 Personen.

Kürzere Dienstpflicht

Die Dienstdauer beträgt 262 Tage (bisher 300). Definitiv “Abtreten” dürfen Soldat und Unteroffizier schon im 30. Altersjahr (bisher 42.). Personen, die militärische Dienste verschoben haben, können bis zum 34. Altersjahr in der Armee behalten werden.

Höhere Unteroffiziere und Offiziere bis zum Oberleutnant werden mit 36 Jahren entlassen, höhere Unteroffiziere in Stäben und Hauptleute mit 42. Stabsoffiziere und höhere Stabsoffiziere bleiben bis zu ihrem 50. Altersjahr.

Massiver Umbau

Die reformierte Armee soll weiterhin die Verteidigung des Landes sicherstellen. Bestimmend für die Reform ist die sicherheitspolitische Lage: die Armee muss sich dem Wandel in der Gesellschaft anpassen.

Nach der Armeereform 95 wurden folgende Mängel deutlich sichtbar: Schlechter Ausbildungsstand und Kadermangel. Mit nur 15 Wochen RS und einem WK alle zwei Jahre war das Ausbildungsniveau ungenügend. Dazu kam der Mangel an Kaderpersonal.

Die Umwandlung zur Armee XXI soll in einer Zeitspanne von zwei Jahren über die Bühne gehen. Gleichzeitig muss die Landesverteidigung aber voll einsatzfähig bleiben. Eine Knacknuss für Planer und Logistiker.

swissinfo, Christian Raaflaub

Bestand der Armee 95: 350’000 – 410’000 Personen
Bestand der Armee XXI: 100’000 – 120’000 Personen
Die Armee XXI bleibt eine Milizarmee
Das Dienstpflichtalter nimmt ab
Die Länge der RS nimmt auf 18 bis 21 Wochen zu
Die Anzahl Diensttage wird reduziert

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