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Ausbau des Strassen- und Schienennetzes aufgegleist

Der Bundesrat will Engpässen im Bahn- und Strassennetz Einhalt gebieten. Keystone

Der Bundesrat will überfüllten Zügen und verstopften Strassen Abhilfe schaffen. Er hat am Freitag die Eckwerte für den weiteren Ausbau des Bahn- und Nationalstrassen-Netzes festgelegt.

Laut Bundesrat braucht es ein grösseres Bahnangebot, um der Nachfrage im Personenverkehr mit schon heute häufig überfüllten Zügen und den Bedürfnissen der Wirtschaft im Güterverkehr gerecht zu werden. Vorab im Fernverkehr zwischen den Agglomerationen und im Regionalverkehr innerhalb der Agglomerationen sei Handeln dringlich angesagt.

Die Landesregierung geht von einem Wachstum des Personenverkehrs in den kommenden gut 20 Jahren um bis zu 30 Prozent aus, im Güterverkehr gar bis zu 78 Prozent.

Mit Bahn 2030 erfüllt der Bundesrat den Auftrag, den ihm die Räte bei der Vorlage zur Zukünftigen Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEB) erteilt haben. Für Frühjahr 2010 ist die Vernehmlassung geplant, für Ende 2010 die Verabschiedung der ZEB-Nachfolgebotschaft ans Parlament.

Zwei Varianten

Eine erste Variante des Bundesrates sieht einen Ausbau des Schienennetzes für rund 21 Mrd. Franken vor. Die voraussichtlich ab 2017 fälligen Investitionen verteilen sich dabei auf etwa 25 Jahre, was im Jahresmittel 1,2 Mrd. ausmacht und ungefähr den heutigen Jahrestranchen des FinöV-Fonds (Fonds für den Bau und die Finanzierung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Verkehrs) für ZEB entspricht.

Die zweite Variante kommt mit 12 Mrd. Franken und jährlichen Ausgaben von durchschnittlich 850 Mio. aus. Sie ermöglicht im Gegensatz zur ersten keine substanzielle Förderung des Agglomerationsverkehrs, obwohl hier die Nachfrage im Personenverkehr besonders stark wächst.

Zusatzfinanzierung nötig

Finanziert werden sollen die Ausbauten von Bahn 2030 über den bestehenden FinöV-Fonds. Dieser wird alimentiert aus dem Bundesanteil an der Schwerverkehrsabgabe (LSVA), einem Mehrwertsteuer-Promille und einem Anteil aus der Mineralölsteuer, der bisher nur für die NEAT bestimmt war.

Bei der zweiten Variante steht ein Beitrag der Bahnbenutzer im Vordergrund,
bei der ersten zusätzlich die Umwidmung des Kantonsanteils an der LSVA.

Für die Weiterführung des Fonds und für die neuen Einnahmen braucht es eine Verfassungsänderung. Über Bahn 2030 werden demnach Volk und Stände abstimmen.

Engpässe auf Strasse verhindern

Auch beim Strassennetz sieht der Bundesrat Handlungsbedarf: Er will in den nächsten 20 Jahren 5,5 Mrd. Franken in die Beseitigung von Engpässen auf dem Nationalstrassennetz investieren. Der Bundesrat hat am Freitag sein Programm in die Vernehmlassung geschickt.

In einer ersten Etappe sollen für rund 1,6 Mrd. zusätzliche, mindestens zwei Kilometer lange Fahrstreifen auf den Strecken Härkingen-Wiggertal und Blegi-Rütihof (Kanton Zug), auf der Nordumfahrung Zürich und im Raum Crissier ob Lausanne realisiert werden.

Im Infrastrukturfonds stehen in den nächsten 20 Jahren auch rund 6 Mrd. Franken für Projekte zur Verfügung, mit denen die Verkehrsinfrastrukturen in den Agglomerationen verbessert werden können. 2,6 Mrd. Franken hat das Parlament bereits gesprochen. Mit weiteren 1,5 Mrd. Franken will der Bundesrat
von 2011 bis 2014 insgesamt 26 Agglomerationsprogramme unterstützen.

Neue Autobahnen nötig

In eine nächste Planungsphase fallen die Umfahrung Winterthur, die Strecke Luterbach-Härkingen, aber auch Projekte in Genf (Le Vengeron-Coppet), Basel (Schwarzwaldtunnel) und Bern (Wankdorf). Sie dürften laut ASTRA aus den 5,5 Mrd. finanziert werden können.

In den grossen Agglomerationen könnten die Staustellen nicht überall mit neuen Fahrstreifen saniert werden. So seien auch neue Autobahnen nötig. Das ASTRA nennt die Umfahrung Morges/Lausanne und die neue Glatttal-Autobahn. Für diese Strecken müsse eine andere Finanzierung gefunden werden.

Gemischte Reaktionen

Die Reaktionen auf die Pläne des Bundesrats fielen gemischt aus. Zwar wurden die Pläne zum Ausbau des Strassen- und Schienenverkehrs mehrheitlich begrüsst, über die Finanzierung gehen die Ansichten aber auseinander. So lehnen der Nutzfahrzeugverband ASTAG und der Gewerbeverband es ab, die Kantonsanteile aus der LSVA für die Bahnen zu verwenden.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) will die Erhöhung der Mineralölsteuer bekämpfen und die Grünen lehnen sämtliche Vorschläge des Bundesrates zum Ausbau des Nationalstrassennetzes ab.

swissinfo und Agenturen

– Spezialfinanzierung Strassenverkehr: Aus ihr werden der Ausbau und Unterhalt der Nationalstrassen finanziert. Dieses Gefäss wird durch die Mineralölsteuer, den Mineralölsteuerzuschlag und die Erträge aus der Autobahnvignette alimentiert. Ein Teil der Einnahmen fliesst in den Fonds zur Finanzierung von Infrastrukturvorhaben des öffentlichen Verkehrs (FinöV), ein weiterer Teil in den Infrastrukturfonds.

– FinöV-Fonds: Aus ihm werden neben den Anschlüssen ans Hochgeschwindigkeitsnetz und der Lärmsanierung der Eisenbahn vor allem die Grossprojekte NEAT und Bahn 2000 finanziert. Gespiesen wird er zum einen durch die Erträge der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und durch 0,1% Mehrwertsteuer, zum andern aus der Spezialfinanzierung Strassenverkehr.

– Infrastrukturfonds: Aus ihm werden die Programme zur Fertigstellung des Nationalstrassennetzes mit 8,5 Mrd. Fr. und zur Engpassbeseitigung auf den Nationalstrassen mit 5,5 Mrd. Fr. finanziert.

Zudem werden Programme zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in den grossen Agglomerationen in den kommenden 20 Jahren mit 6 Mrd. Fr. unterstützt. Der Fonds wird aus der Spezialfinanzierung Strassenverkehr gespiesen.

Wie es das Parlament ausdrücklich verlangt hat, lässt der Bundesrat alle Bahn-Erweiterungsoptionen prüfen.

Dazu gehören neben dem dritten Gleis zwischen Lausanne und Genf, dem Ligerzer Tunnel und dem Zimmerberg-Basistunnel auch der Wisenbergtunnel, die NEAT-Zufahrten im Norden und im Süden, der Brüttener Tunnel und der Heitersbergtunnel II.

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