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Deutsche Bahn schielt auf Kooperation mit SBB Cargo

BLS

SBB-Cargo sucht geeignete Partner, um die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Verkehr zu erhöhen und das flächendeckende Angebot in der Schweiz zu verbessern. An einer solchen Partnerschaft ist auch die Gütersparte der Deutschen Bahn (DB) interessiert.

Christian Heidersdorf von DB Schenker Rail ist Leiter für das europäische Produktions-Netzwerk und Geschäftsbeauftragter für die Schweiz und Italien.

swissinfo: DB Schenker Rail ist der wichtigste Player im europäischen Schienengüterverkehr. Welche Bedeutung spielt für Sie der Nord-Süd-Korridor?

Christian Heidersdorf: Im Hinblick auf die Volumina ist der Nord-Süd-Korridor der wichtigste Korridor für unser internationales Geschäft. Der Nord-Süd-Korridor umfasst Schweden, die Nordseehäfen, die Häfen in Belgien und Holland, Deutschland, die Schweiz, Österreich und Italien.

swissinfo: Welche Bedeutung kommt der Schweiz zu?

Ch. H.: Die Schweiz ist im Güterverkehr das wichtigste Transitland. Wir fahren mehr als die Hälfte unserer Transporte nach und von Italien durch die Schweiz. Die Schweiz ist auch deshalb so wichtig, weil die Schweizer Verkehrspolitik sehr aktiv zur Öffnung des Güterschienenverkehrs-Marktes beigetragen hat. Wir konnten in der Schweiz neue innovative Geschäftsmodelle verwirklichen.

swissinfo: Die Schweiz als Idealfall der Bahnliberalisierung also?

Ch. H.: Das ist so. Auch wenn die Schweiz nicht zur EU gehört, ist sie im Grunde ein europäischer Musterschüler in Sachen Markt- und Netzöffnung im Schienengüterverkehr.

swissinfo: DB Schenker hat soeben ihre Beteiligung an BLS Cargo auf 45% erhöht. Was gab den Ausschlag dafür?

Ch. H.: Das geht zurück auf den Beginn des Wettbewerbs auf der Nord-Süd-Schiene. Ab 2001 hat SBB Cargo eine korridorweite Ausrichtung mit eigenen Gesellschaften in Deutschland und der Schweiz betrieben und damit den Wettbewerb auf der ganzen Achse eröffnet.

Wir waren gehalten, mit einer durchgehenden Nord-Süd-Produktion ein Gegengewicht zu setzen. Deshalb haben wir im Jahr 2002 20% an der BLS Cargo erworben und zunehmend den Transitverkehr von der SBB Cargo auf die BLS Cargo verlagert.

Die Volumina, die wir gemeinsam mit BLS Cargo befördern, sind in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Allein das hat es nahe gelegt, dass wir unsere Beteiligung an diesem Unternehmen erhöhen.

swissinfo: Wollen Sie künftig die Schweiz mit einer Mehrheitsbeteiligung an BLS Cargo ganz erobern, wie manche Eidgenossen befürchten?

Ch. H.: Sicherlich nicht. Mit 45% sind wir so aufgestellt, dass in Zukunft eine weitere Anteilserhöhung nicht erforderlich sein wird. Wir streben keine Mehrheitsbeteiligung an.

swissinfo: Sie stehen auf der Nord-Süd-Achse in direkter Konkurrenz zu SBB Cargo. Diese sucht nun nach Partnern. Ist das für Sie interessant?

Ch. H.: SBB Cargo hat vor wenigen Tagen ein offizielles Verfahren eingeleitet, mit dem Sie auf Partnersuche geht. SBB Cargo hat ihre Strategie überprüft und kam offenbar zur Erkenntnis, insbesondere im internationalen Verkehr auf der Nord-Süd-Achse mit einem Kooperationspartner in Zukunft besser zu fahren. Das schauen wir uns jetzt sehr genau an. Vielleicht gibt es ein Modell, über welches wir zum Wohle unserer Kunden noch enger zusammenarbeiten können. Wir halten das für einen sehr interessanten Prozess, der in dieser Form meines Erachtens in Europa einmalig ist.

swissinfo: Mit diesem Interesse signalisieren Sie, dass Sie SBB Cargo für ein sehr seriöses Unternehmen halten.

Ch. H.: Die SBB ist mit Sicherheit eine der besten europäischen Bahnen, sowohl im Personen-, als auch im Güterverkehr. Die SBB Cargo hat es verstanden, mit hoher Qualität und Prozessstabilität einen internationalen Korridor aufzubauen und zu entwickeln. Das respektieren wir. Wir sehen aber auch, dass es offenbar wirtschaftliche Probleme gibt und dass die Umsetzung dieser Strategie noch nicht am Ende ist und die wettbewerbliche Ausrichtung neu überdacht wird.

swissinfo-Interview: Gerhard Lob, Essen

Um den alpenquerenden Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, braucht es ein neues Instrument: Die Alpentransitbörse.

Wenn es nach dem Willen des Parlaments geht, sollen frühestens 2019- zwei Jahre nach Eröffnung des Gotthard-Basistunnels – nicht mehr als jährlich 650’000 Lastwagen die Schweizer Alpen queren.

Das Verlagerungsziel ist damit zum 2. Mal verschoben worden: Das Ende 2010 auslaufende Verlagerungsgesetz setzte es auf das Jahr 2009 fest, der 1994 angenommene Alpenschutzartikel sah das Jahr 2004 vor.

DB Schenker bündelt mit über 88’000 Mitarbeitern an 2000 Standorten in rund 130 Ländern die Transport- und Logistikaktivitäten der Deutschen Bahn.

Mit einem Umsatz von rund 18 Milliarden Euro gehört das Unternehmen weltweit zu den führenden Transporteuren.

Für das wichtige Transitgeschäft durch die Schweiz engagierte die Deutsche Bahn 2002 die BLS Cargo mitsamt Lokomotiven und Lokführern.

BLS Cargo wurde 2001 gegründet. Das Unternehmen fokussiert sich auf das Geschäft mit Ganzzügen. Einen Schwerpunkt bilden internationale Züge im Alpentransit über die Lötschberg-, Simplon- und die Gotthard-Achse.

BLS Cargo öffnete im Jahr 2002 das Aktienkapital, um starke europäische Partnerschaften aufzubauen.

Mehrheitsaktionär ist nach wie vor die Bern Lötschberg Simplon Bahn (BLS).

Der Marktanteil von BLS Cargo im Schweizer Transit-Verkehr auf der Schiene beträgt rund 40%.

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