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Bald mehr Geld für Entwicklungshilfe?

Wollen Druck im Parlament machen: Die Hilfswerke reichen am 26. Mai ihre Petition ein. Keystone

Das Parlament stellt in der letzten Woche der Sommersession die Weichen für die Zukunft der Schweizer Entwicklungshilfe. Das Thema ist immer wieder umstritten, besonders auch, weil zwei Departemente dafür zuständig sind.

Konkret geht es im Nationalrat um die neuen Vierjahres-Rahmenkredite zugunsten der Dritten Welt. Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats möchte, dass die Gelder für die Entwicklungsländer aufgestockt werden.

Bis 2015 sollen 0,7% des Bruttoinlandprodukts in die Entwicklungszusammenarbeit fliessen. Dies würde den so genannten Millenniumszielen der UNO und den Forderungen von Hilfswerken entsprechen.

Um den Druck auf Bundesrat und Parlament zu erhöhen, hat Alliance Sud, die Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke, Ende Mai in Bern eine Petition mit rund 200’000 Unterschriften mit dieser Forderung eingereicht.

Lanciert wurde die Petition vom Bündnis “0,7 Prozent – Gemeinsam gegen Armut”, dem über 60 Hilfswerke, Kirchen und Verbände angehören.

Geld an Deza und Seco

Der Bundesrat hat für die Entwicklungshilfe in den Jahren 2009 bis 2012 Rahmenkredite von insgesamt 5,3 Mrd. Franken beantragt: 4,5 Milliarden zugunsten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) und 800 Millionen zugunsten des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco).

Damit würden laut Bundesrat wie bisher rund 0,4% des Bruttoinlandeinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben, hiess es.

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey und Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard werden sich vor der grossen Parlamentskammer für diese Kredite ins Zeug legen müssen.

Kommission will mehr

Die Kommission hat die Rahmenkredite genehmigt, darüber hinaus aber Anträge angenommen, die eine schrittweise Erhöhung der Finanzmittel verlangen. Ab 2010 sollen 0,5% des BIP in die öffentliche Entwicklungshilfe fliessen, ab 2012 0,6% und ab 2015 0,7%.

Diese Anträge waren namentlich von Seiten der Grünen gekommen. Sie hatten betont, die Schweiz müsse wegen der “aktuellen Entwicklungen wie der Nahrungsmittelkrise” das Engagement “massiv” verstärken.

Knapper Entscheid

Doch die Zusatzkredite dürften in der grossen Kammer einen schweren Stand haben, denn die Entscheide fielen in der vorberatenden Kommission äusserst knapp aus.

Die Kommission hat auch einen Antrag angenommen, welcher den Bundesrat beauftragt, dem Parlament zusätzliche Rahmenkredite zu unterbreiten, damit die Zielvorgabe von 0,4% eingehalten werden kann.

Diesem Antrag liegt die Befürchtung zu Grunde, dass die Schweiz mit dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Kreditrahmen unter die 0,4%-Marke fallen könnte.

Zweigeteilte Hilfe

Da sich der Bundesrat nicht auf eine Neuordnung der Departemente festlegen will, bleibt auch die Verteilung der Entwicklungszusammenarbeit auf Deza und Seco bestehen. Eine Idee war die Zusammenlegung der Aufgaben in ein Departement gewesen.

Zwar haben beide Bundesagenturen ihre Mittel konzentriert und die Anzahl der Schwerpunktländer reduziert. Doch die Aufteilung der Hilfe und der Verantwortlichkeiten bleibt umstritten. Zudem steht die Deza gegenwärtig vor einem grösseren Reformprozess.

Und im Rahmen einer Verwaltungsreform wird derzeit auch über eine Zusammenlegung der Entwicklungszusammenarbeit von Seco und Deza oder aber eine vollständige Trennung diskutiert. Ein Entscheid des Bundesrats wird noch in diesem Jahr erwartet. Für eine hitzige Debatte im Nationalrat ist also gesorgt.

swissinfo, Jean-Michel Berthoud und Christian Raaflaub

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ist die Agentur für internationale Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA).

Sie ist Teil der Schweizer Behörden (Verwaltung) und zuständig für die Gesamtkoordination der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit mit andern Bundesämtern sowie für die humanitäre Hilfe der Schweiz.

Seco heisst das Staatssekretariat für Wirtschaft der Schweizer Behörden. Es ist das Kompetenzzentrum der Regierung für alle Bereiche der Wirtschaftspolitik.

Sein Ziel ist es, die grundlegenden Bedingungen in der Wirtschaftspolitik zu schaffen, um ein wirtschaftliches Wachstum zu ermöglichen. Das Seco hilft dabei, die Wettbewerbsbedingungen am Wirtschaftsstandort Schweiz und den Zugang von Schweizer Gütern und Dienstleistungen in alle Märkte zu sichern.

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