Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Beschäftigungsverbot an der Uhrenmesse Basel

Krieg und Wirtschaftslage setzen der Uhrenbranche zu. Keystone

Wegen SARS hat die Regierung an der Basler Uhrenmesse den Einsatz von Messepersonal aus betroffenen Gebieten untersagt. Seit längerem rechnete man mit weniger Einkäufern und Umsätzen.

Wirtschaftskrise und Irak-Krieg dürften den beiden anstehenden Schweizer Uhrenmessen zusetzen.

Wegen der Gefahr von Ausbreitung der Lungenkrankheit SARS an der Uhren- und Schmuckmesse in Basel beschloss die Schweizer Regierung, ein Anstellungsverbot von Messepersonal aus China, Hongkong, Singapur oder Vietnam.

Die Behörden sind besorgt, weil an der am Donnerstag beginnenden Messe rund 6000 Grosseinkäufer und Besucher aus den von SARS betroffenen Regionen in Südostasien erwartet werden. Insgesamt wird mit 80’000 Besuchern und Besucherinnen gerechnet.

Der Bundesrat erliess dieses Verbot im Einklang mit der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO). Zudem behielt sich die Schweizer Regierung weitere Massnahmen vor.

Weltweit grösste Messe der Luxusbranche

Über 2000 Aussteller aus 40 Ländern präsentieren an den “Baselworld”-Standorten Neuigkeiten aus der Luxusbranche. Die Uhren- und Schmuckmesse Basel, die “Baselworld”, ist der weltweit grösste Markt dieser Branche. An der wichtigsten Besteller-Messe der Uhren-Branche können Hersteller laut Kennern zwischen 35 und 60% ihres anstehenden Jahresumsatzes erzielen.

Grosseinkäufer aus aller Welt machen sich daher normalerweise auf nach Basel, dieses Jahr zum 31. Mal. Doch diesen Frühling liegt die Wirtschaft am Boden. Im Irak herrscht Krieg, in Nahen und Mittleren Osten Krise, und mit SARS breitet sich eine unheimliche Krankheit über den Erdball aus.

Von der bundesrätlichen “Vorsichtsmassnahme” in Basel und Zürich sind rund 350 Aussteller und 5000 bis 7000 Mitarbeitende betroffen. Bei engen Kontakten könne man eine Ansteckung mit SARS nicht ausschliessen.

Weniger Besucher – weniger Umsatz

Der Basler Messe-Sprecher Herbert Siegert ging Anfang Woche davon aus, dass sowohl bei Besuchern wie beim Umsatz mit einem Rückgang zu rechnen sei. “Die Bedingungen könnten nicht schlechter sein.” Hauptsächlich aus Übersee erwarte die “Baselworld” weniger Besucher.

Die Organisatoren rechnen mit insgesamt 2500 weniger Gästen als im Vorjahr. Die Europäer, die letztes Jahr 73% der Besucher ausmachten, sollten indes der Messe trotz der unsicheren Lage die Treue halten.

Hauptmärkte Asien und USA

Die Europäischen Einkäufer spielen aber im Uhrenhandel nur eine untergeordnete Rolle. Denn die Hauptmärkte der Uhrenindustrie sind Amerika, der Ferne und der Mittlere Osten. Und wenn deren Einkäufer ausbleiben, herrscht Krisenstimmung in der Schweizer Branche.

Auch René Kamm, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Messe Schweiz, rechnet mit einem Rückgang der Besucherzahlen in Basel. “Auf der Besucherseite rechnen wir mit sehr negativen Folgen”, sagte er in der “SonntagsZeitung”. Der Einbruch könne “15 oder gar 20% betragen”.

2003 “brutal hartes Jahr”

Diese Einschätzung sei schöngeredet, meint jedoch Markus Köchli, stellvertretender Chefredaktor der Zürcher “HandelsZeitung” und Kenner des Uhrengeschäfts. “2003 wird für die Uhrenbranche ein brutal hartes Jahr”, sagte er gegenüber swissinfo.

Köchli erwartet, weil sich die konjunkturelle Grosswetterlage in den nächsten Monaten noch verschlimmert, einen massiven Einbruch der Bestellungen in der Grössenordnung von 20%. Das geht ins Geld: 20% entspricht rund 2 Milliarden Franken.

Auch SARS spielt gegen die Messen

Kommt dazu, dass die virale Lungenkrankheit SARS den Messebetreibern einen weiteren Strich durch die Rechung machen könnte. Aussteller meldeten, dass viele Kunden und Grossankäufer aus Asien derzeit keine Flüge unternehmen möchten.

Und die Wirtschaftslage ist auf dem Tiefpunkt, was sich auch auf das Luxus-Segment auswirkt, allerdings in kleinerem Umfang als auf den Konsum von sogenannt normalen Gütern.

Über zehn Milliarden Franken Exporte

Dies könnte gewaltige Auswirkungen auf die Schweizer Uhrenindustrie haben. Im Jahr 2000 exportierte die Schweiz noch Uhren im Wert von über 10 Milliarden Franken, mehr als die Hälfte davon waren Luxus-Uhren.

Als Chance sieht Markus Köchli die “Flucht in Sachwerte”. Diese könnte dem Luxus-Segment möglicherweise grössere Einbrüche ersparen. Denn in unsicheren Zeiten seien Luxusgüter oft ein sicherer Hafen.

Krise hin oder her – die “Basel World” hat auch dieses Jahr wieder ihre Ausstellungsfläche vergrössert, ein Teil der Messe findet in Zürich statt. Und mit 2163 Ausstellern ist die Zahl der Anbieter gegenüber dem Vorjahr (2195) stabil geblieben.

Konkurrenzkampf mit Genf

Quasi die Gegenveranstaltung zur “Baselworld” (ab 3. April), der “Salon international de la haute horlogerie” (SIHH), findet zum 13. Mal ab dem 7. April in Genf statt.

Er will das obere Luxus-Segment ansprechen, mit Nobelmarken vorab aus dem Richemont-Konzern. Im Unterschied zur Basler Messe ist Genf nur für Fachleute offen.

In den letzten Jahren haben sich die beiden Messen immer wieder Aussteller abspenstig gemacht. So sind einige grosse Marken wie IWC und Jaeger-Le Coultre nach Genf “umgezogen”.

Genf macht sich weniger Sorgen

Der Genfer Messedirektor Rodolphe Huser macht sich weniger Sorgen als die Basler. Alle Grossen seien dabei, sagte er. Allerdings erwartet auch Huser weniger Besucher aus Übersee.

Vertreten sind am SIHH, der letztes Jahr über 10’000 Besucher verzeichnete, 16 Uhrengruppen. Die Ausstellungsfläche ist mit 18’000 Quadratmetern im Vergleich zu 2002 unverändert.

Der Kleinkrieg zwischen Basel und Genf scheint sich nun aber etwas beruhigt zu haben. Wenigstens in der Terminfrage sprechen sich die beiden Messen seit letztem Jahr ab.

swissinfo, Christian Raaflaub und Agenturen

“Baselworld”:
3. – 10. April 2003
Messe Basel, Hallen 1–5
und:
Messe Zürich, grosse Halle

SIHH Genf:
7. – 13. April 2003
Palexpo Genf, Halle 7

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft