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Blocher stellt sich gutes Bundesrats-Zeugnis aus

Schlechte Noten für die Schweiz, gute für sich selbst: Justizminister Blocher zieht Jahresbilanz. Keystone

Missstände im Land, im eigenen Departement die Hausaufgaben gemacht: Christoph Blochers Bilanz über sein erstes Regierungs-Jahr fällt durchzogen aus.

Probleme ortet er bei den Finanzen und der Verwaltung, während die Zahl der Asylgesuche durch eine verschärfte Haltung gesunken sei.

Ein Jahr im Amt als Bundesrat: Christoph Blocher zog an einem Medientag im Bieler Volkshaus eine durchzogene Bilanz. Er war am 10. Dezember letzten Jahres als zweiter Vertreter der rechtsbürgerlichen Schweizerischen Volkspartei (SVP) in die Landesregierung gewählt worden.

Er hatte damals nicht nur Ruth Metzler aus ihrem Amt als Justizministerin verdrängt. Mit seiner Wahl in die Landesregierung sprengte das Parlament auch die langjährige Zauberformel: Diese reservierte für die Christlichdemokraten (CVP) seit den 1950er-Jahren zwei Bundesratssitze, während sich die SVP mit einem Sitz begnügen musste.

Positiv äusserte sich Blocher über die Arbeit im Bundesrat, der Landesregierung. Nach anfänglichen Schwierigkeiten seien Zeichen eines Mentalitätswechsels zu spüren.

“Ich dachte zuerst, dass die anderen Bundesrats-Mitglieder mich und meine Politik nicht akzeptieren würden, aber ich bin eines Besseren belehrt worden”, sagte Blocher gegenüber swissinfo.

Eigene Wahrnehmung

Er werde nicht isoliert, obwohl er sich weder mit seiner Meinung noch mit Kritik zurückgehalten habe.

Die politische Lage in der Schweiz beurteilte Blocher weit kritischer. Sorge bereiten ihm vor allem die Staatsfinanzen.

Die Erhöhung der Ausgaben sei nicht genügend gebremst worden. Auch die wirtschaftspolitischen Erfolge bezeichnete Blocher als eher gering. Immerhin habe der Bundesrat keine neuen schwerwiegenden Interventionen beschlossen.

Verwaltung gleich Unternehmen

“Es gibt keine wesentlichen Unterschiede zwischen der Führung eines Unternehmens und der Führung der Bundesverwaltung”, sagte Blocher. Die Bundesverwaltung funktioniere gleich wie eine Firma. Ein schlanker Staat sei deshalb die Voraussetzung für den Wohlstand eines Landes.

Die Bundesverwaltung sei aber überdotiert. Er habe im Justiz-und Polizeidepartement selber erste Schritte unternommen. Das Budget 2004 werde um 60 Mio. Franken unterschritten. Zudem sei der Personalbestand um 110 Stellen reduziert worden.

Er sei über das Kostenbewusstsein im Bundesrat erschrocken gewesen, sagte Blocher. Entsprechend desolat sei auch der Zustand des öffentlichen Rechnungswesens. Erfreulich sei immerhin, dass der Bund ein neues Rechnungsmodell beschlossen habe.

Weg von EU-Beitritt

Als seine politische Anliegen nannte Blocher die Wahrung der Souveränität, Wirtschaftswachstum, Sicherheit und eine interessensbezogene Ausländerpolitik. Er bezeichnete es als Erfolg, dass der Bundesrat den EU-Beitritt nicht mehr als strategisches Ziel bezeichnet. Regierung, Verwaltung und Parlament würden aber weiterhin auf eine EU-Mitgliedschaft hinarbeiten.

In der Sicherheitspolitik setzt Blocher nach wie vor auf die Neutralität. “Das Neutralitätsprinzip ist der beste Schutz vor dem globalen Terror”, sagte er.

Asylpolitik weiter verschärfen

Positiv bewertete der SVP-Magistrat die Entwicklungen im eigenen Departement und insbesondere in der Asylpolitik. Er habe die Asylpolitik ganz oben auf die politische Agenda der Schweiz setzen können, sagte Blocher gegenüber swissinfo. “Als ich in den Bundesrat kam, war die Asylproblematik grösstenteils tabu. Jetzt aber können wir offen darüber diskutieren.”

Das Ziel, die Gesuchszahlen drastisch zu verringern, sei durch kürzere Behandlungsfristen, die Streichung der Sozialhilfe und Druck auf die Ausschaffungen erreicht worden.

Eine weitere Verschärfung der Asylpolitik ist nach Ansicht Blochers jedoch unumgänglich. Der Justizminister will den Sozialhilfestopp auf alle Asylsuchenden ohne Aufenthaltsrecht ausdehnen. Darüber hinaus strebt er den “konsequenten Vollzug von Asylentscheiden” an.

Welche Streikultur?

Für das kommende Jahr hat sich Blocher folgende Ziele gesetzt: Er will weiter einen Mentalitätswechsel hin zu mehr Offenheit und Streitkultur vorantreiben, ein verstärktes Kostenbewusstsein im Staat schaffen und die Staatsausgaben senken. Der Bund dürfe weder die Einnahmen noch die Ausgaben erhöhen. Im Asylwesen legt er das Schwergewicht auf den konsequenten Vollzug der strikteren Politik.

swissinfo und Agenturen

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