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Bridge auf dem Vormarsch

Bridge Spielkarten. bridge-basel.ch

Bridge wird auch in der Schweiz zum Volkssport. Vor allem die mittlere und ältere Generation ist begeistert vom komplizierten Kartenspiel mit guten Umgangsformen.

Rund 50 Millionen Menschen weltweit sollen Bridge spielen. Kein anderer Sport hat derart viele Anhänger.

Der Blick ist konzentriert, die Hände umklammern fest die Karten. Kein Wort wird gesprochen. Bei der Ansage wird geschwiegen, damit der Klang der Stimme nichts verrät. Nur mittels vorgedruckter Zettel wird angekündigt, wie viele Stiche man zu machen gedenkt.

Dann legt der eine Spieler seine Karten offen auf den Tisch und das Spiel beginnt. “Herz Dame – Coeur Drei – Petit Karo – 5 Pik – Treff – As…”

Wachsendes Interesse

Der Schweizerische Bridgeverband hat 65 Clubs mit rund 4000 Mitgliedern aufgelistet. “In den letzten Jahren hat das Interesse an Bridge zugenommen”, sagt Alfred Müller-Biondi, Präsident des Verbandes. “Bridge ist auch kompetitiver geworden. Der Kaffeebridge ist im Rückgang.”

Die Mentalitäten der Clubs sind verschieden. Etwas familiärer und geselliger geht’s beim einen zu, während beim anderen aggressiver angesagt und zielgerichtet für Meisterschaften und Turniere geübt wird. Viele spielen aber auch einfach privat zu Hause, ohne Mitglied eines Clubs zu sein, oder in privaten Clubs. Manches internationale Grossunternehmen besitzt einen eigenen Bridegclub.

Der Sport fasziniert. Vor allem die mittlere und ältere Generation spricht begeistert vom komplizierten Kartenspiel. “Man spielt lebenslang mit 13 Karten und hat nie dieselben in der Hand. Immer ist man mit einer neuen Ausgangslage konfrontiert und muss improvisieren und neu kombinieren”, schwärmt Müller-Biondi.

Bridge ist ein Denksport, kein Glücksspiel – und eine Charakterschulung, ist Bridgelehrer Hans-Peter Bösiger überzeugt: “Man lernt Disziplin und gelangt an seine eigenen Grenzen.” Das Gedächtnis wird trainiert, logisch-mathematisches Denken animiert und ein gesitteter Umgang unter den Spielerinnen und Spielern gepflegt.

Fehlender Nachwuchs

Bridge ist hier zu Lande der Sport fürs zweite Leben. Es fehlt an jüngerem Nachwuchs. Was für die einen reizvoll ist, schreckt die anderen ab.

Bridge hat in der Schweiz leider das zweifelhafte Image, ein elitäres Spiel zu sein. Wer Stil und klar definierte Regeln liebt, spielt Bridge; wer Spontanität, Action und leichte Unterhaltung bevorzugt, wird dieses Kartenspiel deshalb nicht mögen.

Für viele Jungen ist Bridge zu langweilig, zu kompliziert oder die Liebe zum heimischen und viel einfacheren Jass zu gross. “Wir, das heisst mehrere Bridegclubs in Basel, sind aber dennoch auf der Suche nach neuen Strategien, wie wir die Jungen zum Bridgespiel animieren können”, erklärt Hugo Imhof, Präsident der Basler Bridge Gesellschaft.

Man würde gerne Kurse an den Schulen und an der Universität anbieten, sagt er, doch bis anhin wäre man da auf Granit gestossen.

Auch der Präsident des Schweizerischen Bridgeverbandes zeigt sich enttäuscht ob der Reaktion der Schulen und Universitäten auf den Vorschlag, Bridgekurse an den Lehrinstituten anzubieten. “Bei uns wird gearbeitet und nicht gespielt” – so deren Reaktion laut Müller-Biondi.

Im Herbst will der Schweizerische Bridgeverband jedoch einen neuen Vorstoss wagen und mittels Flyer auf das spannende Spiel aufmerksam machen und Junge dazu animieren, Bridge zu lernen.

Bridge als Schulstoff

Im Ausland, in Frankreich, in Grossbritannien, in Schweden oder in den USA, um nur einige Beispiele zu nennen, gehört Bridge längst zum Schulstoff. Dies hat den Vorteil, dass Bridge nicht nur als Beschäftigung für Ältere angesehen wird und junge Talente bereits früh und sehr intensiv gefördert werden können.

“Wenn man an die Spitze kommen will, muss man früh anfangen”, meint Nicolas Nikitine, einer der wenigen vollamtlichen Bridgelehrer der Schweiz.

Erst vor kurzem hat er an den Europameisterschaften in Malmö teilgenommen, im Oktober wird er sich mit den Besten in Istanbul bei der Olympiade messen.

“Die grossen Bridgespieler kommen aus den USA, aus Italien oder Polen. Aber auch die Chinesinnen sind hervorragend”, sagt er. Letzteres überrascht, bedenkt man, dass Bridge in kommunistischen Ländern keine Tradition hat, sondern vielmehr als “kapitalistische Degenerations-Erscheinung” angesehen wurde.

Vom Whist zum Bridge

Vorläufer von Bridge sind in Form von Whist im England des 16. Jahrhunderts zu finden. Bridge selbst wurde im angelsächsischen Raum Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt.

1925 perfektionierte der amerikanische Ölmagnat Harold S. Vanderbilt das Regelwerk. Dennoch wurden die Regeln weiterhin kontinuierlich ausgeweitet und verfeinert. Heute sind 640’000’000’000 verschiedene Kartenkombinationen erlaubt.

Von Reisen und Nippes

Bridge ist ein Gesellschaftsspiel mit einer auch hier zulande sehr lebendigen Szene und grossem Unterhaltungsangebot. Auf lokaler, regionaler, nationaler oder internationaler Ebene trifft man sich regelmässig zu Wettkämpfen und Turnieren. Jeden Nachmittag und jeden Abend werden irgendwo in der Schweiz die Karten gezückt.

Die Schweizer Inter-Club-Meisterschaften finden im November statt. Und Ende des Jahres wird das neue Königspaar erkoren. Wer die meisten Punkte während des vergangen Jahres gesammelt hat, wird zum König und zur Königin ernannt.

Wer es hingegen gemütlicher und genussvoller mag, hält sich an Bridgereisen. Ob in einem Hotel in Marrakesch oder auf einem Schiff in der Karibik – Bridgereisen stossen auch hierzulande auf reges Interesse und auch Bridgeutensilien sowie spezielles Beiwerk wie Tischtücher, Servietten oder gar Teegeschirr mit aufgedruckten Spielkarten finden reisend Absatz.

swissinfo, Carole Gürtler

Weltweit: rund 50 Mio. Bridge-Spielende

Schweiz: 65 Clubs mit rund 4000 Mitgliedern

Heute: 640’000’000’000 verschiedene Kartenkombinationen

Bridge ist ein Spiel für Leute, die Lust am Denken haben, und welches Konzentrationsfähigkeit, Kombinationsgabe sowie taktisches und strategisches Vorausplanen schult.

Heute kann man Bridge sowohl im privaten Rahmen als auch auf der Wettkampfbühne spielen.

Bei einer Partie in heimischem Rahmen spielt man meist einen “Rubber” oder eine Partie “Chicago”.

Wettkämpfe kann man alleine (Individualturniere), zu zweit (Paar-Tuniere) oder als Team (Teamturniere, pro Team mindestens 4 Spieler) bestreiten.

In allen Kategorien gibt es Welt- und Europameisterschaften, Olympische Spiele, schweizerische und regionale Meisterschaften.

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