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Die Schweiz tritt der UNO bei

Seit 22.35 Uhr MEZ flattert auch die Schweizer Fahne mit den anderen 189 vor der UNO. Keystone

Eine der weltweit ältesten Demokratien ist das jüngste UNO-Mitglied.

Die UNO-Generalversammlung hat dem Beitritt als 190. Mitglied mit Applaus zugestimmt.

“Das ist einer der wichtigsten Momente meines Lebens”, sagte der Schweizer Bundespräsident Kaspar Villiger kurz vor der Generalversammlung in New York zu swissinfo.

“Allem voran bin ich stolz, dass das Schweizer Volk in einer Abstimmung beschlossen hat, den Vereinten Nationen beizutreten.”

Beitritt markiert Auftakt der Generalversammlung

Der Beitritt der Schweiz markierte den Beginn der 57. Generalversammlung der UNO. Auch die Stadt New York setzte ein Zeichen: Das Empire State Building leuchtete in der Nacht auf Dienstag statt in seinem üblichen blau, weiss und rot zu Ehren der Schweiz in weiss und rot.

Frankreichs Aussenminister Dominique de Villepin – umgeben von Vertretern der andern Nachbarstaaten – stellte die Schweiz und ihren Antrag vor. Darauf stimmte die Generalversammlung der Aufnahme des neuen Mitglieds per Akklamation zu.

Danach wurde die Schweizer Delegation von ihren bisherigen Plätzen auf der Beobachterbank zu den Mitgliedern-Bänken eskortiert.

Neutralität bekräftigt

Bundespräsident Kaspar Villiger bekräftigte in seiner Rede vor der Versammlung, dass die Schweiz der UNO als neutraler Staat beitritt und auch neutral bleiben wird.

Diese Frage ist vielen Menschen in der Schweiz weiter ein zentrales Anliegen. Nicht zuletzt jenen Bürgerinnen und Bürgern, die in der Volksabstimmung gegen den Beitritt waren.

Alleingang führt in die Sackgasse

Stunden vor dem Beitritt hatte Bundesrat Joseph Deiss vor den (internationalen) Medien in New York die Bedeutung des Tages für die Schweiz und ihre Aussenpolitik unterstrichen. Die Schweiz werde sich mit Nachdruck und Überzeugung in der UNO engagieren.

Auch der Aussenminister betonte die Schweizer Besonderheit, die Volksabstimmung zum UNO-Beitritt.

Zudem verwies Deiss darauf, welchen Wert das Land der Bürgerbeteiligung und der direkten Demokratie zumisst. Das Ja des Volkes sei vor allem ein Ja zur Unterstützung der UNO und der internationalen Zusammenarbeit.

“Die UNO ist, wie wir wissen, nicht perfekt.” Sie sei aber mehr denn je ein unentbehrliches Forum. Jeder unilaterale Weg, jeder nationale Alleingang, könne nur in Sackgasse führen. “Dies gilt sowohl für die grossen als auch für die kleinen Länder.”

Eine Stimme in der Weltfamilie

Deiss äusserte sich auch zu den Schwerpunkten, welche die Schweiz in ihrer Arbeit bei der UNO setzen will. Diese hatte die Landesregierung im Vorfeld des Beitrittes festgelegt: Einsatz für Frieden, Menschenrechte, humanitäres Völkerrecht, soziale und nachhaltige Entwicklung.

Bereiche also, in denen das Land schon bisher aktiv war, die es aber nun im internationalen Kontext verstärkt einzubringen hofft, wie Deiss in New York in Erinnerung rief. “Unser Land wird nun seine Ideen innerhalb dieser universellen Organisation selber vorschlagen und auch besser verteidigen können.”

Einen ersten Erfolg darf sie bereits verbuchen: Am Montag wurde der Völkerrechts-Professor Walter Kälin als neues Mitglied in die UNO-Menschenrechtskommission gewählt.

Fahne-Hissen

Nach der Aufnahme durch die Generalversammlung wurde im Beisein der hoch dotierten Schweizer Delegation vor dem UNO-Gebäude die Schweizer Fahne gehisst, untermalt von der Nationalhymne, gespielt von der “Swiss Army Band”.

Kurz für Verwirrung gesorgt hatte im Vorfeld die Tatsache, dass die Schweizer Fahne statt der üblichen rechteckigen Form quadratisch ist.

UNO-Generalsekretär Kofi Annan hiess bei der Zeremonie des Flagenhissens die Schweiz “in der UNO-Familie willkommen”.

Die Schweiz war mit einer hochrangigen Delegation unter Bundespräsident Kaspar Villiger und Aussenminister Joseph Deiss nach New York gereist.

Zu der rund 80-köpfigen Delegation gehören unter anderem auch Nationalratspräsidentin Lilian Maury Pasquier und Ständeratspräsident Anton Cottier, Vertreter der Kantone sowie der Zivilgesellschaft, die sich für den Beitritt engagiert hatten.

Die Zusammensetzung der Delegation ist auch ein Ausdruck der verschiedenen Facetten des Landes.

swissinfo, Rita Emch, New York

1945: Gründungsakt der Vereinten Nationen in San Francisco.
1946: Völkerbund wird aufgelöst; Völkerbunds-Palast in Genf wird Europasitz der UNO.
1986: Das Stimmvolk verwirft den UNO-Beitritt mit grosser Mehrheit (75%). Auch alle Kantone sagen Nein.
1998: Neue Beitritts-Initiative lanciert.
2002: 3. März: Volk und Stände sagen (knapp) ja zum UNO-Beitritt.

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