Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Gesundheits-Initiative haushoch unterlegen

Bankdirektoren sollten mehr Prämien zahlen als Coiffeusen, dies forderte die Initiative. Evenements

Die Krankenversicherung wird in der Schweiz weiterhin mit Kopfprämien finanziert. Mit 72,8% Nein hat der Souverän die Gesundheitsinitiative haushoch verworfen.

Diese verlangte Krankenkassen-Beiträge nach Einkommen und Vermögen und wollte auch Mehrwertsteuer-Prozente beiziehen.

Nach einem verwirrlichen Zahlenstreit folgte der Souverän dem Bundesrat und einer breiten bürgerlichen Phalanx. Diese hatten vor immer neuen Steuererhöhungen gewarnt, die am Ende auch die Schwächeren getroffen hätten.

Sie vermissten in der Initiative der Sozialdemokratischen Partei (SP) jeden Anreiz zur Kostensenkung und sahen in verstärkten Kompetenzen des Bundes einen Schritt zur Staatsmedizin.

Die Komitees gegen die SP-Gesundheitsinitiative reagierten erfreut über die deutliche Ablehnung der Vorlage. Mit dem Nein habe die Bevölkerung negative Entwicklungen abgewendet und sich gegen die Bundeskompetenzen ausgesprochen.

Initianten kämpfen weiter

Die Initianten der Gesundheitsinitiative wollen trotz der Abstimmungsniederlage weiter für die Abschaffung der Kopfprämie kämpfen. Sie nahmen das Nein des Stimmvolks zu ihrem Begehren mit Bedauern zur Kenntnis und machten dafür eine “millionenschwere Lügenkampagne” der Gegnerschaft mitverantwortlich.

Die Gesundheits-Initiative hatte auf einen Systemwechsel bei den Krankenkassen gezielt: Sie wollte die bisherigen Kopfprämien durch Beiträge ersetzen, die an Einkommen und Vermögen der Versicherten angepasst sind.

Die Sozialdemokratische Partei (SP), welche die Volksinitiative “Gesundheit muss bezahlbar bleiben” lanciert hatte, begründete ihr Vorgehen damit, dass in der Schweiz die höchsten Krankenkassen-Prämien Europas bezahlt würden.

Von diesem Systemwechsel – weg von der Kopfprämie – hätten Familien mit Einkommen bis 200’000 Franken und einem Vermögen bis einer Million Franken profitiert. Damit hätten laut SP-Zahlen rund 80% der Bevölkerung wesentlich tiefere Prämien bezahlt als heute.

Die zweite Massnahme hätte bei den Gesundheitskosten gegriffen: Diese sollten auf Bundesebene gelenkt werden. Dazu gehört hätten zum Beispiel Höchstpreise für medizinische Leistungen, eine Regulierung der Ärztezahl durch ökonomische Anreize und die Koordination der Spitzenmedizin.

Weiter mit dem Gesetz

Nach dem Scheitern der Gesundheitsinitiative bleibt die laufende Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) auf dem Tapet. Der Bundesrat und die bürgerlichen Parlamentsmehrheit sehen in dieser Vorlage, mit der sich im Juni zum zweiten Mal der Nationalrat befasst, einen indirekten Gegenvorschlag zum Volksbegehren der SP.

Die Revision sieht unter anderem vor, dass Bund und Kantone die Prämien so weit verbilligen, dass sie für Familien mit Kindern höchstens 2 bis 10% und für andere wenig Verdienende höchstens 4 bis 12% des Haushalteinkommens ausmachen. Beim zweiten Kind soll der Staat die halbe Prämie übernehmen, ab dem dritten Kind die ganze.

swissinfo, Christian Raaflaub

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft