Klares Verfahren – mit Spielraum für Taktik
Das neu gewählte Parlament wählt in der ersten Session jeweils die Regierung. Der Ablauf ist gesetzlich geregelt - allerdings ist nicht alles vorgeschrieben.
Mit Ordnungsanträgen kann die Parlamentsmehrheit vieles beeinflussen.
Die Schweizer Regierung, ein Kollegialgremium von sieben Bundesrätinnen und Bundesräten, wird vom Parlament gewählt. Zur «Vereinigten Bundesversammlung» gehören die Mitglieder von National- und Ständerat, insgesamt 246 Personen.
Das absolute Mehr für eine Wahl beträgt also 124 Stimmen – sofern alle Berechtigten wählen. Je mehr Abgeordnete einen leeren Stimmzettel abgeben, umso kleiner wird das absolute Mehr.
Die wichtigsten Spielregeln sind klar. So sind die Wahlen geheim, und für die Parlamentarier besteht kein Fraktionszwang. Deshalb wurde im Vorfeld immer wieder über «Abweichler» von den Parteilinien diskutiert, welche den Ausgang der Wahlen möglicherweise stark beeinflussen könnten.
Prozedur-Regeln: Amtsalter und Ersatzwahlen
Die Bundesräte werden einzeln gewählt – in der Reihenfolge des Amtsalters der Bisherigen. «Ältester» ist Moritz Leuenberger (SP), gefolgt von Pascal Couchepin (FDP), Ruth Metzler (CVP), Joseph Deiss (CVP), Samuel Schmid (SVP) und Micheline Calmy-Rey (SP).
Auf diese Bestätigungswahlen folgt die Neuwahl, die Ersatzwahl für den abtretenden Kaspar Villiger.
Natürlich können die Parlamentarierinnen und Parlamentarier trotz Gesetz die Reihenfolge ändern – indem beispielsweise eine Mehrheit statt Joseph Deiss Samuel Schmid wählt.
Vom Gesetz her ist das Prozedere bei allen sieben Wahlakten gleich: Bei den ersten beiden Wahlgängen können jeweils alle wählbaren Personen auf den Wahlzettel geschrieben werden. Ab dem dritten Wahlgang sind keine weiteren Kandidaturen mehr zulässig.
Es scheidet aus, wer ab dem zweiten Wahlgang weniger als zehn Stimmen erhält oder ab dem dritten Wahlgang die jeweils geringste Stimmenzahl hat.
Erhalten schliesslich zwei Kandidaten exakt gleich viele Stimmen, so gibt es weitere Wahlgänge – so lange, bis sich eine Person als gewählt durchsetzt.
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Rederecht für alle Parlamentarier
Während des ganzen Verfahrens können die Fraktionssprecherinnen und -sprecher vor jedem Wahlgang das Mikrofon ergreifen. Alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben zudem die Möglichkeit, persönliche Erklärungen abzugeben (z.B. Rückzug einer Kandidatur).
Rederecht haben allerdings nur Mitglieder der Vereinigten Bundesversammlung. Sollte sonst jemand sich melden wollen (beispielsweise ein Bundesrat), muss die Mehrheit des Parlaments damit einverstanden sein.
Viel Einfluss auf den Ablauf haben zudem weitere Ordnungsanträge: Unterbrechungen (beispielsweise um neue Absprachen zu treffen) sind möglich – sofern die Mehrheit zustimmt.
Grundsätzlich diese Session wählen
Gemäss den Parlamentsdiensten ist eine Verschiebung der Wahlen auf den kommenden Frühling rechtlich nicht zulässig. Die sieben Mitglieder des Bundesrats müssen noch in der laufenden Wintersession gewählt werden.
Dies gilt auch für den Fall, dass ein amtierendes Mitglied des Bundesrats erst am Wahltag selber seinen Verzicht bekannt gibt.
Eine Ungewissheit bleibt aber dennoch. Sollte die Vereinigte Bundesversammlung nämlich einen Ordnungsantrag annehmen, wonach die Ersatzwahl für ein kurzfristig verzichtendes Mitglied des Bundesrats erst in der Frühlingssession vorgenommen werden soll, ist die Situation offen.
Die Büros von National- und Ständerat gingen bei ihren Wahl-Vorbereitungen auch auf den Fall ein, dass ein amtierendes Bundesratsmitglied während der Wahl seinen Verzicht bekannt gibt.
In diesem Fall würde die Wahl fortgesetzt. Allerdings könnte mit einem Ordnungsantrag eine Pause angeordnet oder die Wahl um einen oder mehrere Tage in der laufenden Session verschoben werden.
Erfolgt eine Verzichtserklärung vor der Eröffnung der Wahl durch den Nationalratspräsidenten, wird diese Wahl erst vorgenommen, wenn die Sitze der bisherigen Mitglieder des Bundesrats und jener Mitglieder besetzt sind, die ihren Verzicht schon früher bekannt gegeben hatten.
Gleiches gilt auch, wenn eine neue Wahl nötig wird, weil ein Gewählter oder eine Gewählte auf die Annahme der Wahl verzichtet. Auch in diesen Fällen sind aber Sitzungsunterbrüche oder die Verschiebung der Wahlen um einen oder mehrere Tage möglich, wenn entsprechende Ordnungsanträge eine Mehrheit im Parlament finden.
Amtsantritt 2004
Während Bisherige keine Erklärung abgeben müssen, dass sie die Wahl annehmen, ist dies für Neugewählte Bedingung. Anschliessend erfolgt die Vereidigung aller (Wieder-)Gewählten.
Der Amtsantritt schliesslich erfolgt auf den 1. Januar 2004. Erst ab dann arbeitet die Landesregierung in neuer Zusammensetzung.
swissinfo
Der Bestätigungswahl am 10. Dezember stellen sich die Bundesräte in folgender Reihenfolge:
Moritz Leuenberger (SP), Pascal Couchepin (FDP), Ruth Metzler (CVP), Joseph Deiss (CVP), Samuel Schmid (SVP), Micheline Calmy-Rey (SP).
Darauf folgt die Ersatzwahl (Besetzung des freien Platzes) für Kaspar Villiger (FDP).
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