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Umfrage zeigt Trendwende bei Zweitwohnungen

Die Zustimmung für die Zweitwohnungs-Initiative schwindet. Keystone

Eine knappe Mehrheit würde der Initiative gegen den Zweitwohnungsbau laut dem 2. Abstimmungs-Barometer der SRG SSR immer noch zustimmen. Ein Ja am 11. März ist aber unwahrscheinlich. Die Initiative für 6 Wochen Ferien ist praktisch chancenlos.

Im Auftrag der SRG SSR hat das Meinungs-Forschungsinstitut gfs.bern eine zweite Umfrage zum Urnengang vom 11. März durchgeführt.

Demnach befürworteten Ende Februar 52% der 1400 Befragten die Volksinitiative “Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen”. 37% lehnten die Initiative ab, 11% waren noch unentschlossen.

Die von Helvetia Nostra, eine Gruppe der Franz Weber-Stiftung, lancierte Initiative verlangt, dass eine Gemeinde nicht mehr als 20% Zweitwohnungen aufweisen darf.

Trotz der immer noch hohen Zustimmung dürfte es laut Studienleiter Claude Longchamp am 11. März nicht zu einer absoluten Mehrheit reichen, die eine Annahme der Initiative garantieren würde. Denn der Vergleich zwischen der ersten und der zweiten Umfrage liessen den Schluss zu, dass der Trend in Richtung Nein gehe.

Immerhin hatten in der ersten Befragung noch 9% mehr angegeben, sie wollten die Initiative an der Urne annehmen. Zudem konnte die Opposition 10 Prozentpunkte zulegen.

Eine Dynamik, die für Longchamp “nicht überraschend ist”, sei sie doch typisch für Volksinitiativen: Zu Beginn überwiege oft die Zustimmung. Während der Abstimmungskampagne würde sich das Blatt aber meistens wenden. In den meisten Fällen fällt eine Volksinitiative daher an der Urne durch.

Trotzdem mahnt Longchamp, bei Voraussagen über das Schicksal der Zweitwohnungs-Initiative “noch sehr vorsichtig” zu bleiben. Die Umfrage habe gezeigt, dass beide Seiten über Argumente verfügten, welche die Meinungsbildung im Endspurt vor der Abstimmung noch beeinflussen könnten. Es stehen sich Naturschutz und Förderung des Tourismus gegenüber.

Zu viele Themen verunsichern

Eine Besonderheit dieser Abstimmung vom 11. März zeigt sich in der Umfrage: 19 Tage vor dem Urnengang ist die Meinungsbildung lediglich bei der Ferien-Initiative und der Buchpreisbindung fortgeschritten.

Eine ungewöhnliche Situation, die laut Longchamp auf die Menge an Themen und ganz klar “auf eine gewisse Müdigkeit” nach dem Wahljahr 2011 zurückzuführen ist.

Bei einem Vergleich zwischen Abstimmungen in Kalifornien und jener im Jahr 2003, als in der Schweiz an einem Sonntag neun Vorlagen an die Urne kamen, zeigte sich Longchamp misstrauisch gegenüber der Demokratie: “Das Stimmvolk wird in solchen Fällen überfordert, tendiert daher in Richtung Vereinfachungen und stimmt eher pauschal ab.”

Diese Ansicht teilt der Politologe Michael Hermann von der Universität Zürich nicht: “Fünf Vorlagen sind überschaubar für einen Bürger”, sagt er. Es sei eher die Fülle an nationalen, kantonalen und lokalen Themen, welche das Stimmvolk abschrecken könne.

Bausparen auf der Kippe

Ungewiss ist das Schicksal der Bauspar-Initiative, die ebenfalls in Richtung einer Ablehnung tendiert. Diese verlangt, dass den Kantonen die Möglichkeit gegeben wird, Steuervergünstigungen auf Sparbeträgen für den Haus- oder Wohnungserwerb sowie für energiesparende Umbauten zu gewähren.

Wäre Ende Februar abgestimmt worden, hätten laut der gfs-Umfrage 49% der Bauspar-Initiative zugestimmt. 35% hätten sie abgelehnt und 16% waren noch unentschlossen. In der ersten Umfrage hatten sich noch 55% dafür und 22% dagegen ausgesprochen.

Besonders in den lateinischen Landesteilen hat die Initiative an Terrain verloren. Dort scheint das Argument der Gegnerschaft zu greifen, dass von der Initiative lediglich Wohlhabende profitieren würden, die sich ein Haus leisten könnten.

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Volksinitiative

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Volksinitiative erlaubt den Bürgerinnen und Bürgern, eine Änderung in der Bundesverfassung vorzuschlagen. Damit sie zu Stande kommt, müssen innerhalb von 18 Monaten 100’000 gültige Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht werden. Darauf kommt die Vorlage ins Parlament. Dieses kann eine Initiative direkt annehmen, sie ablehnen oder ihr einen Gegenvorschlag entgegenstellen. Zu einer Volksabstimmung kommt es…

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Drei weitere Vorlagen

Wenn der Ausgang der Abstimmung zu Zweitwohnungs- und Bauspar-Initiativen noch eher offen ist, so scheint das Schicksal der Initiative “Sechs Wochen Ferien für alle” bereits besiegelt: Laut der Umfrage lehnen 63% der Befragten die Initiative ab, lediglich 33% haben sich dafür ausgesprochen und 4% waren noch unentschlossen.

Dem Bundesbeschluss zur Regelung der Geldspiele würden 65% zustimmen, 16% lehnen ihn ab und 19% sind noch unentschlossen.

Richtung Nein entwickelt sich nach der zweiten Umfrage die Situation bei der Buchpreisbindung. 40% hätten sie gutgeheissen, 47% hätten sie abgelehnt und 13% waren noch unentschlossen.

In der ersten Umfrage hatten sich erst 39% dagegen und 48% dafür ausgesprochen. Dieser Umschwung ist laut der Befragung besonders auf die deutschsprachige Schweiz sowie Wählende der Schweizerischen Volkspartei (SVP) zurückzuführen.

1. Zweitwohnungs-Initiative

Die Initiative will den Anteil von Zweitwohnungen auf 20% pro Gemeinde begrenzen, um die Zersiedelung zu stoppen. Die Gemeinden sollen jährlich über die Einhaltung dieser Beschränkung informieren und eine Übersicht über die dauerhaft genutzten Wohnungen erstellen.

 

2. Bauspar-Initiative

Die Volksinitiative will den erstmaligen Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum steuerlich fördern. Zudem sollen auch Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen steuerlich begünstigt werden.

3. Ferien-Initiative

Die Volksinitiative will, dass alle Arbeitnehmenden einen Anspruch auf mindestens 6 Wochen bezahlte Ferien pro Jahr erhalten.

4. Bundesbeschluss über die Regelung der Geldspiele zugunsten gemeinnütziger Zwecke

Bundesrat und Parlament beantragen als Gegenentwurf zur Volksinitiative “Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls” eine Verfassungsänderung. Nachdem die Initiative zurückgezogen worden ist, stimmen Volk und Stände über diesen Gegenentwurf ab.

5. Bundesgesetz über die Buchpreisbindung

Das Parlament hat per Gesetz die Buchpreisbindung für die ganze Schweiz beschlossen. Damit wird der Buchhandel verpflichtet, Bücher zu einem festen Preis zu verkaufen. Gegen das Gesetz ist das Referendum ergriffen worden.

(Quelle: ch.ch)

Die Umfrage wurde zwischen dem 17. und 25. Februar 2012 realisiert.

Eine repräsentative Auswahl von 1400 Personen wurde telefonisch befragt.

Aus Datenschutzgründen können Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer nicht befragt werden.

Der Stichprobenfehler der Resultate liegt bei +/- 2.7%.

(Übertragen und adaptiert aus dem Italienischen: Christian Raaflaub)

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