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Veto der USA: Walter Fust wird nicht WFP-Direktor

Walter Fust: Am "Veto" der USA gescheitert. Keystone

Die Amerikanerin Josette Sheeran wird neue Chefin des UNO-Welternährungs-Programms. Die Schweiz hatte DEZA-Direktor Walter Fust vorgeschlagen, doch die Konkurrenz aus den USA war zu mächtig.

Der Schweizer hatte bis vor wenigen Tagen noch ganz zuoberst auf der Liste von UNO-Generalsekretär Kofi Annan figuriert.

Die Ernennung der neuen WFP-Chefin war eine der letzten bedeutenden Amtshandlungen des scheidenden UNO-Generalsekretärs Kofi Annan.

Das Welternährungs-Programm der UNO (WFP) versorgt pro Jahr etwa 100 Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln.

Die Kandidatur des Chefs der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) galt grundsätzlich als valabel.

Walter Fust hat einen guten Namen in entwicklungspolitischen Kreisen und langjährige Erfahrung an der Spitze der DEZA. Er gilt auch als offen gegenüber neuen Wegen in entwicklungspolitischen Fragen.

Am besten qualifiziert

DEZA-Sprecher Harry Sivec nahm das Verdikt zwar etwas erstaunt, aber sportlich fair entgegen. Er hob aber noch einmal die Qualitäten des Unterlegenen hervor: “Wir sind überzeugt, dass wir mit Walter Fust der UNO eine sehr gute Führungspersönlichkeit zur Verfügung gestellt hätten.”

Fust weise nicht nur die grösste Erfahrung im Bereich humanitäre Hilfe auf, sondern sei auch am breitesten vernetzt. “Für ihn sprach auch, dass er vom bisherigen Amtsinhaber, dem Amerikaner James Morris, zur Kandidatur ermuntert worden war”, so Sivec gegenüber swissinfo.

Druck der USA

Bis vor wenigen Tagen waren die Chancen des DEZA-Chefs als intakt betrachtet worden. Er stand auf der so genannten Shortlist von Kofi Annan. Doch in den vergangenen Tagen übten die USA laut Angaben aus diplomatischen Kreisen in New York offensichtlich grossen Druck aus, um ihre Kandidatin auf den Posten zu hieven.

Wenn es hart auf hart geht, heisst es in diplomatischen Kreisen, steht das politische Gewicht der Schweiz in keinem Verhältnis zu jenem der USA.

Annan fällte den Entscheid nach Rücksprache mit seinem Nachfolger Ban Ki-moon. Auch Jacques Diouf, Direktor der WFP-Schwesterorganisation FAO (UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft), war in den Prozess mit einbezogen worden.

Der Vorschlag Annans musste schliesslich noch vom Exekutivrat des WFP genehmigt werden, was als Formalität gilt.

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Deza

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ist die Agentur für internationale Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Sie ist Teil der Schweizer Behörden (Verwaltung) und zuständig für die Gesamtkoordination der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit mit andern Bundesämtern sowie für die humanitäre Hilfe der Schweiz.

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Wer zahlt, befiehlt

Die USA sind mit Abstand der grösste Beitragszahler sowohl des WFP als auch der FAO. Dazu kommt, dass die USA regelmässig Getreideüberschüsse an das WFP abstossen.

Offenbar übte Washington grossen Druck aus auf die FAO und dem Vernehmen nach auch auf Ban Ki-moon, um Sheeran auf den Chefposten zu hieven. In südkoreanischen Kreisen wird diese Behauptung allerdings zurück gewiesen. Auch Annans Sprecher Stéphane Dujarric widersprach Berichten, wonach Sheeran auf Druck der USA ernannt worden sei.

In der Übergangszeit von Kofi Annan zu Ban Ki-moon versuchen derzeit einige mächtige Staaten, ihre Vertreter ins Kabinett von Ban Ki-moon zu bringen. In New York fragt man sich, ob der neue Generalsekretär bei Ernennungen wichtiger Posten auf Erfahrung und Qualität der jeweiligen Kandidaten setzen, oder sich dem politischen Druck gewichtiger Regierungen beugen wird.

Bisher im Aussenministerium

Die Republikanerin Josette Sheeran ist zurzeit Unterstaatssekretärin im Aussenministerium und dort zuständig für Wirtschafts- und Landwirtschaftsfragen. Zur Kritik an der Kandidatur Sheerans hatte beigetragen, dass sie lange zur Moon-Sekte gehört hatte.

Annan-Sprecher Stéphane Dujarric unterstrich auf Fragen von Journalisten, religiöse Zugehörigkeiten spielten bei Ernennungen in der UNO keine Rolle, diese seien allein eine persönliche Angelegenheit.

Die Religionsgemeinschaft ist unter anderem bekannt für ihre konservative politische Agenda und für ihre Massenheiraten.

Offiziell hat sich Sheeran von der Sekte getrennt. Zuvor hatte sie bei der Washington Times gearbeitet, die vom Sektenchef Reverend Sun Myung Moon gegründet worden war.

Die USA stehen seit rund 14 Jahren an der Spitze des WFP. Der bisherige WFP-Chef James Morris hatte im Sommer seine Demission eingereicht. Der Chefposten gilt als sehr anspruchvoll.

swissinfo, Rita Emch, New York

Das Welternährungs-Programm hat seinen Hauptsitz in Rom, wo auch die UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) angesiedelt ist.

Das WFP kommt vor allem bei grossen Katastrophen oder bei Ernährungs-Krisen in Gewaltregionen wie zum Beispiel in Darfur oder jüngst in Libanon zum Einsatz.

Seit der Gründung 1963 hat das WFP rund 30 Mrd. Franken eingesetzt.

Finanziert wird das WFP durch die Geberländer sowie durch Spenden von Unternehmen und Privaten. Um Spenden zu generieren, setzt das WFP auch auf Persönlichkeiten aus Sport und Showbusiness. Unter anderem engagiert sich der Schweizer Popstar DJ Bobo als Botschafter des WFP gegen den Hunger.

Die Schweiz unterstützte das Programm 2005 mit 36 Mio. Dollar, der Beitrag der USA lag bei 1,2 Mrd. Dollar (Gesamtbudget 2,7 Mrd. Dollar).

Das Ziel der UNO, die Zahl der Hunger leidenden Menschen bis 2015 zu halbieren, liegt in weiter Ferne.
Nach jüngsten FAO-Schätzungen ist die Zahl der Hungernden und Unterernährten in den letzen Jahren auf rund 854 Millionen Menschen gestiegen.
Davon sind rund 400 Millionen Kinder.
Täglich sterben laut WFP rund 25’000 Kinder an Hunger.

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