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Warnungen vor Nein zur Personenfreizügigkeit

Linke und Bürgerliche Komitees sehen in der Personenfreizügigkeit eine Chance und keine Gefahr. Keystone

Bürgerliche und linke Politiker warnen vor negativen Auswirkungen eines Neins zur Ausdehnung der Personfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten.

Die Abstimmung über die Ausdehnung des freien Personenverkehrs auf die zehn neuen EU-Länder findet am 25. September statt.

Nachdem die Gegner der Vorlage auf Abstimmungsplakaten behauptet hatten, die “Ostzuwanderung” gefährde Arbeitsplätze in der Schweiz, kontern nun die Befürworter.

Nicht die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit gefährde Arbeitsplätze, sondern im Gegenteil die Ablehnung der Vorlage. Mit diesem Angriff auf die Argumente der Gegner hat ein links-grünes Komitee am Donnerstag für ein Ja am 25. September geworben.

“Ein Nein schützt nicht diejenigen, die fürchten, Opfer einer immer härteren Wirtschaftswelt zu werden. Im Gegenteil: es würde den Neoliberalen aller Schattierungen Ellbogenfreiheit verleihen”, konterte Gewerkschaftsbund-Vizepräsident Christian Levrat die gegnerischen Argumente.

Flankierende Massnahmen entscheidend

Mit einem Ja zum freien Personenverkehr könnten Arbeitnehmer ihre Position sogar stärken. Gewerkschaften und Behörden erhielten “zusätzliche Mittel, um die Löhne zu verteidigen”, sagte Levrat. Entscheidend für das Ja der Arbeitnehmer sind nämlich die an die Vorlage gekoppelten flankierenden Massnahmen.

Laut Susanne Blank von Travail.Suisse sind diese Massnahmen ausreichend, um den allenfalls steigenden Lohndruck auszugleichen. Sie gab auch zu bedenken, dass ein Nein am 25. September die Arbeitskräfte aus den neuen EU-Ländern nicht daran hindere, schwarz in der Schweiz zu arbeiten.

Öffnung gegenüber Europa

Auch für den Präsidenten der Sozialdemokratischen Partei (SP), Hans-Jürg Fehr, ist der Schutz vor Lohndumping untrennbar mit dem freien Personenverkehr verbunden. “Es gibt nur ein Ja zu beidem”, sagte Fehr. Wichtigstes Argument für seine Partei ist aber die weitere Öffnung gegenüber Europa.

Auch die Wirtschaft für ein Ja

Mit dem Slogan “Arbeitsplätze schaffen, Wirtschaft stärken, Bilaterale sichern” wirbt ein Bürgerliches Komitee für ein Ja am 25. September zur Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Länder. Die Schweizerische Volkspartei (SVP) ist darin nicht vertreten. Sie lehnt die Vorlage ab.

Dem Komitee “Ja zu den Bilateralen” gehören gegen 100 bürgerliche eidgenössische Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus verschiedenen Parteien an.

Ja zum Werkplatz

Die Ausdehnung des Personenverkehrs-Abkommens sei eine Chance, die es wahrzunehmen gelte, sagte der Präsident der Schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem) und FDP-Nationalrat Johann Schneider- Ammann. Jeder dritte Arbeitsplatz im Exportland Schweiz sei direkt oder indirekt von guten Wirtschaftsbeziehungen zur EU abhängig.

Die Zustimmung zum Personenverkehrs-Abkommen mit der EU ist für das Komitee ein Ja zum Werkplatz Schweiz. Von erfolgreichen Exportfirmen profitierten auch zahlreiche Zulieferbetriebe bis hin zum lokalen Gewerbe, sagte Schneider-Ammann. Investitionen in den neuen EU-Ländern gingen nicht zu Lasten hiesiger Arbeitsplätze.

Retourkutsche droht

Ein Nein würde den “Königsweg” des Bilateralismus gefährden, betonte Schneider-Amman. Weil die sieben ersten bilateralen Abkommen miteinander verknüpft seien, müsste die Schweiz mit neuen “pingeligen” Handelshemmnissen und einer Beschränkung des Zugangs zum Binnenmarkt und zu öffentlichen Beschaffungen rechnen.

Die EU könnte es keinesfalls dulden, dass die Schweiz fast der Hälfte ihrer Mitglieder die Türe vor der Nase zuschlage, wurde argumentiert. Die schweizerischen Unternehmen seien auf den massgeschneiderten Zugang zu den neuen Märkten Osteuropas angewiesen.

swissinfo und Agenturen

Im linken Komitee sind Persönlichkeiten der Sozialdemokraten (SP), der Jungparteien der SP, der Grünen und das Forum für die Integration von Migrantinnen und Migranten (FIMM) und der Gewerkschaften vertreten.

Dem bürgerlichen Komitee “Ja zu den Bilateralen” gehören gegen 100 eidgenössische Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus den Parteien FDP, CVP, LPS und EVP an.

Die Abstimmung über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die neuen EU-Staaten findet am 25. September statt.

Die 10 neuen EU-Staaten sind: Lettland, Litauen, Estland, Polen, Ungarn, Slowakei, Tschechische Republik, Slowenien, Zypern und Malta.

Am 5. Juni haben 54,6% der Schweizer Stimmberechtigten Ja gesagt zu den Abkommen von Schengen und Dublin.

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