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CO2: Lieber freiwillige Reduktion statt Abgabe

52,3 Mio. Tonnen Treibhausgase steigen in der Schweiz in die Lüfte (2002). Im Bild: Kehrichtverbrennungs-Anlage Hagenholz, Zürich-Oerlikon. Keystone

Mehr als 600 Betriebe haben sich freiwillig verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2010 um über 10% zu reduzieren.

Indem sie eine Vereinbarung mit der Regierung unterzeichnen, hoffen sie, von der CO2-Abgabe befreit zu werden – falls sie die festgelegten Reduktionen erreichen.

Über 600 Wirtschaftsbetriebe in der Schweiz haben sich in einer Vereinbarung mit der Regierung verpflichtet, ihren Ausstoss des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) bis 2010 um 13,1% (von 1990 an gerechnet) zu vermindern.

Die Betriebe gehören zu 45 Unternehmen aus der Chemie-, Papier-, Stahl- und Aluminiumindustrie, den Grossverteilern und grossen Dienstleistern. Zusammen stossen sie jährlich 2,4 Mio. Tonnen des Treibhausgases CO2 aus.

Insgesamt stösst die Schweiz über 50 Mio. Tonnen Treibhausgas aus. 80% davon ist CO2. Rund ein Viertel davon entfällt auf Wirtschaft/Industrie. Die restlichen drei Viertel gehen meist auf Transport und Heizungen zurück.

Die Vereinbarung wurde am Freitag in Bern unterzeichnet. Umweltminister Moritz Leuenberger und Rudolf Ramsauer, Direktor des Wirtschaftsverbands économiesuisse und Präsident der Energieagentur der Wirtschaft (EnAW), setzten ihre Unterschriften unter das erste Abkommen dieser Art, das als Teil der freiwilligen Massnahmen im Rahmen des CO2-Gesetzes gilt.

CO2-Gesetz: zuerst freiwillig, dann Zwang

Die Vereinbarungen mit der Wirtschaft sind Teil der Phase I des CO2-Gesetzes, das seit Mai 2000 in Kraft ist. Ziel während dieser Phase ist es, die Einführung einer obligatorischen CO2-Abgabe mittels freiwilliger Massnahmen von Industrie und Wirtschaft möglichst zu vermeiden oder aufzuschieben.

Industrievertreter erklärten am Freitag vor den Medien, dass in ihren Betrieben bereits Reduktionen erfolgt seien. ABB etwa verminderte den Ausstoss seit 1990 um 40%.

Das CO2-Gesetz gilt als Kernstück der Schweizer Klimapolitik. Damit reagiert die Schweiz auf die Erwärmung der Atmosphäre (internationale Klimakonvention, Kyoto).

Neben dem CO2-Gesetz verfolgt die Schweiz ihre Ziele in der Klimapolitik auch mit dem Energiegesetz und der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe.

Befreiung von CO2-Abgabe

CO2-Reduktion heisse immer auch Energieeffizienz, und die rechne sich, egal ob eine CO2-Abgabe erhoben werde oder nicht, sagte Heinz Boller, Leiter von Novartis Schweiz.

Das Bundesamt für Energie (BFE) und das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) werden die jetzt vereinbarten individuellen Zielwerte der Unternehmensgruppen überprüfen.

Unternehmen, die sich auf die Einhaltung dieser Ziele verpflichten, können von der geplanten CO2-Abgabe befreit werden.

Weitere 30 Unternehmensgruppen

Weitere 30 Unternehmensgruppen arbeiten nach Angaben des BFE an individuellen Zielvereinbarungen oder werden derzeit einem Audit unterzogen. Ihre Vereinbarungen sollen 2005 abgeschlossen werden.

Mit diesen insgesamt 75 Unternehmensgruppen wäre dann ein Drittel jenes C02-Ausstosses abgedeckt, die bei Brennstoffen anfallen, und von der Wirtschaft insgesamt verursacht werden. Dies entspräche 3,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid.

Mit der Zementindustrie und den Automobil-Importeuren bestehen bereits Vereinbarungen.

Freiwilligkeit allein genügt nicht

Das gesetzliche Reduktionsziel bis 2010, von 2000 ausgehend, beträgt 7%. Wirkungsanalysen zeigten, dass die Unternehmen gute Chancen hätten, ihre Verpflichtungen bis 2010 zu erfüllen, sagte Leuenberger bei der Unterzeichnung des Vertrags.

Doch eine BUWAL-Prognose zeigt, dass die Ziele des CO2-Gesetzes insgesamt mit freiwilligen Massnahmen allein bei weitem nicht erreicht werden können.

Bundesrat bereitet Vorschlag für CO2-Abgabe vor

Ohne weitere Massnahmen dürften die CO2-Emissionen bis 2010 gegenüber 1990 gesamthaft nämlich nur um 3,8% sinken statt um 10%, wie dies das CO2-Gesetz verlangt. Leuenberger will deshalb dem Bundesrat demnächst die Einführung einer CO2-Abgabe vorschlagen.

Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) schlägt der Regierung dazu zwei Varianten vor: Entweder eine Abgabe auf Brenn- und auf Treibstoffen. Oder eine Abgabe nur auf Brennstoffen sowie einen Klimarappen auf Treibstoffen.

Bundesrat Moritz Leuenberger sagte, er betrachte den von der Erdölvereinigung vorgeschlagenen freiwilligen Klimarappen zwar mit Sympathie. Im Bundesrat werde er aber der Variante ohne Klimarappen den Vorzug geben.

Für Rudolf Ramsauer kommt eine CO2-Abgabe nur als allerletzte Massnahme in Frage. Die Zeit der freiwilligen Massnahmen sei noch nicht vorbei.

Vorerst noch kein Handel mit CO2-Emissions-Rechten

Wie die Schweiz hat sich auch die EU in internationalen Abkommen verpflichtet, ihren Ausstoss an so genannt klimawirksamen Gasen zu reduzieren. Im EU-Raum können in dem Zusammenhang ab 2005 mehr als 10’000 Unternehmen mit “Verschmutzungs-Rechten” handeln.

Energie intensive Betriebe aus der Chemie-, Stahl- und Papierbranche bekommen jährlich abnehmende Mengen von Kohlendioxid (CO2) und anderen Treibhausgasen per Zertifikat zugewiesen. Nicht in Anspruch genommene Rechte können weiter verkauft werden.

Der Handel mit Treibhausgasen soll Unternehmen zu einer umweltfreundlicheren Produktion anhalten und die Emissionen kostenwirksam reduzieren. Auch Schweizer Tochter-Unternehmen mit Standorten in der EU können am Handel teilnehmen.

swissinfo und Agenturen

Umweltminister Moritz Leuenberger und der Präsident der Energieagentur der Wirtschaft, Rudolf Ramsauer, haben ein Abkommen zur Reduktion der CO2-Emission unterzeichnet.

Es verpflichtet rund 600 Betriebe, ihren Ausstoss am Treibhausgas bis 2010 um 13,1% zu vermindern.

Diese Zielvereinbarung gilt als freiwillige Massnahme gemäss CO2-Gesetz.

Damit sollten diese 600 Betriebe die geplante CO2-Abgabe vermeiden können. Deshalb wollen weitere Betriebe folgen.

Die CO2-Abgabe wird geplant, da die Schweiz weit davon entfernt ist, die CO2-Reduktionsziele zu erreichen.

Das CO2-Gesetz ist das Kernstück der Schweizer Klimapolitik, womit die Vorgaben von Kyoto umgesetzt werden sollen.

Darin werden verbindliche Ziele für die Reduktion von CO2 festgelegt.

CO2 ist das wichtigste Treibhausgas.

Reduktion bis 2010 (ab 1990 gerechnet): beim Brennstoff 15%, beim Treibstoff 8%. Oder insgesamt bei fossilen Energieträgern: 10%.

Massnahmen: freiwillige (Vereinbarungen), ab 2004 auch CO2-Abgabe möglich.

Eine Befreiung von der Abgabe ist möglich, wenn die Unternehmen, Grossverbraucher oder Verbrauchergruppen das Reduktionsziel erreichen.

Bereits in Kraft sind das Energiegesetz und die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe.

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