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Converium lehnt feindliche Übernahme ab

Converium will nicht französisch werden. Keystone

Der französische Rückversicherer Scor hat Converium ein Übernahmeangebot unterbreitet und gleichzeitig 32,9% an seinem Schweizer Konkurrenten erworben. Die Zuger zeigen den Franzosen aber die kalte Schulter.

Die knapp 3,1 Mrd. Franken, welche Scor insgesamt bietet, seien viel zu wenig, findet der Converium-Verwaltungsrat.

Scor hält 32,9% an Converium, wie es am Montag in Paris hiess. Beim Schnüren des Pakets half der Financier Martin Ebner tatkräftig mit. Seine Beteiligungsgesellschaft Patinex verkaufte ihr Paket von gut 20% in Aktien und Optionen an Scor, wie Patinex-Sprecher Ralph Stadler bestätigte.

Scor will nun Converium ganz übernehmen und bietet 21 Franken je Converium-Aktie. Damit wollen die Franzosen für den Zuger Konkurrenten insgesamt knapp 3,1 Mrd. Franken zahlen. Das Angebot bedeutet einen Aufschlag von 11,7% gegenüber dem Converium-Schlusskurs von 18,80 Franken am vergangenen Freitag.

Converium sträubt sich

Eine Fusion der beiden Gesellschaften biete “eine einzigartige strategische Gelegenheit”, erklärte Scor. Ein Zusammenschluss sei im Interesse beider Unternehmen. Scor bedauerte die ablehnende Haltung des Converium-Verwaltungsrats.

Dieser wies die Offerte am Montag einstimmig zurück. Der “unaufgeforderte Vorschlag” verkenne den Wert von Converium grundlegend, hiess es in einer Mitteilung. Das als “feindlich” eingestufte Angebot sei nicht im Interesse des Unternehmens, seiner Aktionäre und Kunden.

“Rentabel und stark”

Das Objekt der Begierde betont seine Selbstständigkeit: Converium sei “ein rentabler und starker Rückversicherer, der über eine anerkannte Marktposition verfügt”, schrieb der Verwaltungsrat. Bis 2009 werde eine nachhaltige Eigenkapitalrendite von 14% angepeilt.

Die Unternehmensleitung verwies auf die jüngste Runde von Vertrags-Erneuerungen: Es sei gelungen, das Geschäftsvolumen zu erhöhen und gleichzeitig die Rentabilität zu steigern. Converium erzielte 2005 Bruttoprämien in der Höhe von knapp 2 Mrd. Dollar.

Taktische Ablehnung?

Converium war in der Vergangenheit öfters als Übernahmekandidat gehandelt worden. Der Konzern war 2004 wegen Schwierigkeiten im Nordamerika-Geschäft in Schieflage geraten. Dieses wurde inzwischen verkauft. In Finanzkreisen hielt sich die Überraschung über die Scor-Offerte daher in Grenzen.

René Locher, Analyst bei der Zürcher Privatbank Sal Oppenheim, erklärte, das Übernahmeangebot überrasche ihn nicht. Überraschend sei allerdings, dass die Offerte von einem europäischen Unternehmen komme. Vontobel beurteilte das Angebot als sehr attraktiv.

Die Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) vermuteten hinter der Ablehnung der Offerte durch den Converium-Verwaltungsrat ein taktisches Manöver: Converium hoffe wohl, dass Scor das Angebot nachbessern werde.

Ziel “A”-Rating

Converium sei entschlossen, die Marktstellung auf jenes Niveau zurückzuführen, welches das Unternehmen vor der Herabstufung durch die Rating-Agentur Standard & Poor’s hatte, hiess es. Converium wartet auch nach dem abgeschlossenen Verkauf des Nordamerika-Geschäfts auf das wichtige “A”-Rating.

Eine Reihe von Versicherungen schliessen Verträge nur mir Rückversicherern ab, die über ein “A”-Rating verfügen. Der Entscheid von Standard & Poor’s hängt noch von einer laufenden Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC ab.

Grösster Aktionär von Converium ist oder war gemäss Aktienführer der Financier Martin Ebner, der über seine private Beteiligungsgesellschaft Patinex 12,5% der Aktien hält, davon 7,4% über Optionen. Wesentliche Anteile halten auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB) mit 6,9% und der US-Vermögensverwalter Dodge & Cox mit 5%.

Scor kaufte Revios

Scor mischt im gegenwärtigen Konsolidierungsprozess in der Rückversicherungs-Branche kräftig mit. Vergangenes Jahr kauften die Franzosen die ehemalige Leben-Rückversicherungssparte des deutschen Gerling-Konzerns für 605 Mio. Euro. Scor wies für das Jahr 2006 Bruttoprämien-Einnahmen von 4,06 Mrd. Euro aus.

Die Konsolidierungswelle ist unter anderem im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zu sehen, welche der Branche arg zusetzten. Hinzu kamen die zerstörerischen Hurrikane in den USA, die hohe Schäden verursachten.

swissinfo und Agenturen

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Converium, Zug:

Brutto-Prämienvolumen 2005: 2 Mrd. USD (2,5 Mrd. Fr.)
Nettogewinn 2005: 69 Mio USD (85 Mio. Fr.)
Verlust 2004: 582 Mio. USD (720 Mio. Fr.)

Scor, Paris:

Brutto-Prämienvolumen 2006: 2,8 Mrd. Euro (4,5 Mrd. Fr.)
Nettogewinn (nach Steuern) 2005: 131 Mio. Euro (213 Mio. Fr.)

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