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Das Material macht den (Welt-)Meister

Servicemann Edi Waldburger (rechts) präpariert in St. Moritz den Ski von Bruno Kernen. Keystone

Wie wählen die Champions ihr Material aus, und welchen Anteil am Erfolg hat das Material?

Die Frage stellt sich auch bei den Alpinen Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz. swissinfo gibt Antworten.

Im Zielraum eines Skirennens läuft immer die gleiche Szene ab.

Kaum hat der Rennläufer, die Rennläuferin, die genau festgelegte rote Linie im Zielraum überfahren, wird nach unten an die Bindung gegriffen, die Ski vom Schuh getrennt und in die Höhe und vor die Fernsehkameras gehalten.

Für einige wenige Augenblicke öffnen die Stars des “Skizirkus” ein wertvolles Werbefenster für ihre Ausrüster, die gleichzeitig die Sponsoren sind.

Denn Rossignol, Stöckli, Atomic, Dynastar, Salomon, Völkl, Nordica, Fischer und Head liefern sich einen veritablen Werbekrieg um Marktanteile.

In jeder Saison rüsten sie ihre bekanntesten Werbeträger mit dem besten Material aus. Es geht darum, Marktanteile von der Konkurrenz zu gewinnen.

Als Gegenleistung erhält der Aktive Geld. Und nicht selten liegt er – dank des Materials – einige Hundertstel-Sekunden vor der Konkurrenz.

Die Männer im Hintergrund

Hinter den Kulissen testen rund ein Dutzend Spezialisten neue Ski, um die schnellsten den Akteuren an die Füsse zu schnallen. Aufgrund unzähliger Testfahrten wählt der Rennfahrer schliesslich “sein” Paar aus.

Die Auswahl ist selbstverständlich davon abhängig, für welche Disziplin das Paar Ski gebraucht wird. So unterscheiden sich die Bretter je nachdem, ob sie im Slalom, Riesenslalom oder den Speed-Disziplinen Abfahrt und Super-G eingesetzt werden. Auch die Beschaffenheit der Piste bestimmt das jeweilige Material.

Aber nicht allein das Material zählt. Die Fahrer und Fahrerinnen haben ihre eigenen Serviceleute, die den Ski jeweils so perfekt wie möglich auf die Person abstimmen.

Diese Serviceleute müssen den Ski schnell machen (wachsen). Sie schärfen die Kanten und passen den Skischuh exakt ein. Wichtig sind auch die Beschaffenheit und Temperatur des Schnees. Aufgrund der Daten erfolgt die Materialwahl.

Das Ziel ist hoch gesteckt: Einen perfekten Einklang finden zwischen Fahrer, Ski, Skibindung und den Schuhen. Eine minutiöse Kleinarbeit, die viel Geduld und tägliche Feinstarbeit bedingt.

Der “Fall” Bruno Kernen

Die Wahl des Materials beeinflusst die mentale Stärke des Fahrers, der Fahrerin entscheidend und beeinflusst auch die Leistung.

Dazu ein aktuelles Beispiel: der Schweizer Abfahrer Bruno Kernen. Lange Zeit kam er nicht vom Fleck. Doch seit er einen neuen Ausrüster hat, wurden die Leistungen des Berners merklich besser. Er gewann – kurz vor der Weltmeisterschaft in St. Moritz – die schwere Lauberhorn-Abfahrt in Wengen. Kernen steht vor der beste Saison seiner Karriere.

“Mit den Ski, die ich vorher fuhr, fühlte ich mich einfach nicht gut”, sagt der Berner Oberländer nun. “Heute habe ich das Vertrauen wieder gefunden.

“Im Moment weiss ich, dass ich über sehr leistungsfähiges Material verfüge”, sagt Kernen. “Nun kann ich auch vermehrt Risiken eingehen.”

Sicher hatte der Wechsel zu einer andern Skimarke einen psychologischen Effekt. “Aber”, so Kernen, “ich musste die ersten Rennen abwarten, um sicher zu sein, ob der neue Ski auch meine Erwartungen erfüllen konnte.”

Fifty – fifty

“Die Leistung eines Skirennläufers hängt zu fünfzig Prozent von seiner körperlichen Verfassung, vom Fahrstil und seiner mentalen Stärke ab”, relativiert der Schweizer Trainer der Kombinierer, Patrice Morisod, die Frage, ob allein das Material über Sieg oder Niederlage entscheide. Dann sei es wie in der Formel-1: “Den Rest bestimmt das Material.”

Und, fügt Morisod hinzu, bei Wetterbedingungen, wie sie zur Zeit in St. Moritz herrschten (sehr tiefe Temperaturen), könne der Fahrer mit dem optimalen Material tatsächlich einen Vorteil vor der Konkurrenz haben.

“Das stimmt”, bestätigt auch Angelo Maina, der Cheftrainer der Schweizer Damenmannschaft. Welchen Anteil das Material am Erfolg trage, hänge vor allem
von der Witterung und der Aussen- und Schneetemperatur ab.

“Deshalb habe ich Mühe mit all den Athleten, die bei schlechten Leistungen ständig allein dem Material die Schuld in die Schuhe schieben”, sagt Maina.

swissinfo, Mathias Froidevaux, St. Moritz
(Aus dem Französischen übertragen von Urs Maurer)

Der Rennläufer schiebt oft seinen Misserfolg dem Material in die Schuhe. Erfolge werden viel seltener mit der Materialwahl erklärt.

Unter “Material” versteht man die Ski, die Schuhe, dann die Bindung und die Bindungsplatte. Um sein optmales Material zu finden, versucht der Rennläufer eine Harmonie zwischen all den Einzelteilen zu finden.

Vvor der eigentlichen Rennsaison werden hunderte von Skipaaren getestet um herauszufinden, welches die schnellsten Ski sind.

Nachdem er viere Jahre ohne zählbares Ergebnis geblieben war, hat der ehemalige Weltmeister Bruno Kernen das Material gewechselt.

Kernen gewann in diesem Jahr die geschichtsträchtige Abfahrt am Lauberhorn in Wengen.

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