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Das Rezept heisst Einheitskrankenkasse

Mitglieder des Initiativkomitees reichen die Schachteln mit den Unterschriften im Bundeshaus ein. RTS

Die Schweizerinnen und Schweizer können erneut über eine Einheits-Krankenkasse abstimmen. Diese soll tiefere Prämien und mehr Mitsprache bringen.

Eine entsprechende Initiative wurde am Donnerstag mit 113’000 Unterschriften eingereicht, davon mehr als die Hälfte aus der Romandie.

Die Initiative “für eine soziale Einheitskrankenkasse” ist am Donnerstag mit über 113’000 beglaubigten Unterschriften im Berner Bundeshaus eingereicht worden. Das Begehren aus dem linken und grünen Lager soll tiefere Krankenkassen-Prämien und mehr Mitsprache für die Versicherten bringen. Mehr als die Hälfte der Unterschriften stammten dabei aus der Westschweiz.

“Die Prämien sind für Mittelstandsfamilien zur unerträglichen Belastung geworden”, sagte Jean Blanchard, Generalsekretär der Westschweizer Organisation “Mouvement Populaire des Familles” (MPF), welche die Initiative lanciert hatte, bei der Einreichung.

Schlanke Strukturen

Die vorgeschlagene Einheits-Krankenkasse für die obligatorische Grundversicherung soll so dezentral als möglich geführt werden. Ihre Organe sollen zu je einem Drittel aus Vertretern der Versicherten, des Gesundheitswesens und der Behörden besetzt werden.

Die Initiative löse nicht alle Probleme im Gesundheitswesen, fügte der jurassische SP-Nationalrat Jean-Claude Rennwald an. Sie sei aber die einzige Alternative zu den neoliberalen Vorschlägen, die zu einer Zweiklassenmedizin führen würden. So sei die Initiative auch ein Gegenprojekt zur SVP-Prämiensenkungsinitiative.

Wettbewerb spielt nicht

Bei der SP ist man überzeugt, dass eine Einheitskasse effizienter und kostengünstiger arbeiten würde, da der Aufwand für Verwaltung und Marketing reduziert werden könnte. “Die letzten Jahre haben gezeigt, dass ein Wettbewerb zwischen den Krankenkassen nicht stattfindet”, sagte der Basler SP-Nationalrat Rudolf Rechsteiner.

Wettbewerb gebe es allenfalls, wenn es darum gehe, sich die besseren Risiken abzujagen, sprich jüngere und gesunde Kunden anzuwerben. Dort aber, wo er wichtig wäre, nämlich bei der Kontrolle der Leistungserbringer und der Suche nach Mitteln zur Kosteneindämmung, spiele der Wettbewerb nicht, so Rechsteiner weiter.

Das Volksbegehren war vom MPF nur zwei Wochen nach dem wuchtigen Volksnein zur SP-Gesundheitsinitiative Ende Mai 2003 lanciert worden.

Endspurt von Links

Wesentlichen Anteil an der erfolgreichen Unterschriftensammlung hatte die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Gewerkschaften. Nach anfänglicher Skepsis sprangen sie erst kurz vor Ablauf der Eingabefrist auf den Initiativ-Zug auf und sorgten in einer Schlussoffensive für die nötigen restlichen Unterschriften.

Mitinitiiert wurde die Initiative zudem von der Partei der Arbeit (PdA), den Grünen Schweiz, den Jungsozialisten, den Gewerkschaften Comedia und Unia sowie dem Westschweizer Konsumentenverband.

SP und PdA steuerten mit je 33’000 Unterschriften am meisten zur Sammlung bei. Insgesamt 61’500 der eingereichten Unterschriften stammen aus der Westschweiz, 41’000 aus der Deutschschweiz und 10’500 aus dem Tessin.

SVP-Initiative in der Pipeline

Bereits eingereicht ist die Volksinitiative der rechtsbürgerlichen Schweizerischen Volkspartei (SVP) “für tiefere Krankenkassenprämien in der Grundversicherung”. Ihr Ziel ist es, die Prämien um rund ein Fünftel zu senken.

swissinfo und Agenturen

In der Schweiz ist die Grundversicherung bei einer Krankenkasse obligatorisch.
Die Einheits-Krankenkasse ist ein Vorschlag, um die Kostenexplosion im Gesundheitswesen einzudämmen.
In der Schweiz gibt es rund 90 Krankenkassen.
1994 trat das Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) in Kraft.
Es sollte für die Kassen mehr Wettbewerb und für die Kunden tiefere Prämien bringen.
Der erhoffte Effekt blieb aber aus.

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