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Der Berg heizt ein

Tief im Berg ist das Wasser warm! Neat

Tief im Berg drin ist es warm. Das Wasser, das durch die Felsen rinnt, wird aufgeheizt. Damit könnte man Wohnungen heizen.

Über 700 Tunnels hat die Schweiz. Aber kaum geothermische Heizungen. Eine Motion verlangt von der Regierung ein Förderprogramm.

Heute gibt es in der Schweiz fünf Anlagen, die das Tunnelwasser nutzen: In Trimbach in Kanton Solothurn. Da werden mit aufgewärmtem Wasser aus dem Hauenstein-Bahntunnel 150 Wohnungen geheizt.

Ein Mehrzweckgebäude, eine Turnhalle, eine Zivilschutzanlage und der Kindergarten kriegen in Kaltbrunn im Kanton St. Gallen Warmwasser aus dem Südportal des Ricken-Bahntunnels.

Viel Potential am Gotthard und Lötschberg

Rund 6700 Liter Warmwasser (30 bis 34 Grad warm) verlassen alleine das Südportal des Gotthard-Strassentunnels bei Airolo. Und das in der Minute! Wird also ganz Airolo mit Gratisenergie aus dem Berg geheizt? Nein! Lediglich den Autobahnwerkhof heizt das warme Wasser auf.

Immerhin 177 Wohnungen nutzen das warme Nass, das aus dem Westportal des Furka-Eisenbahntunnels schiesst. 5400 Liter pro Minute sind es dort. Das Wasser im Tessiner Mappo-Morettino-Strassentunnel versorgt eine Sportanlage.

Die Aufzählung der Warmwasserquellen könnte beliebig fortgesetzt werden. Doch schauen wir zur Illustration mal bei den grössten “Lieferanten” in der Schweiz nach, bei den NEAT-Tunnels am Gotthard und am Lötschberg.

Das Bundesamt für Energie (BFE) liefert uns zwei Werte: Jedes der vier Portale der Eisenbahntunnels am Gotthard und am Lötschberg würde im unteren Prognosewert für 6500 Wohnungen Wärme liefern und im oberen Prognosewert gar für 120’000 Wohnungen.

Energie am falschen Ort

Doch sagt das BFE zu diesen stolzen Zahlen: “Der Maximalwert dürfte ein theoretischer bleiben, denn im Einzugsgebiet der vier Tunnelportale gibt es gar nicht so viele beheizbare Gebäude!”

Tatsächlich liegen die Aufkommen der Gratisenergie ausgerechnet oft in den am schwächsten besiedelten Gebieten der Schweiz: in den Alpen. Deshalb denken die Tessiner Gemeinden Bodio und Giornico am südlichen Ende des Gotthard-NEAT-Tunnels an ein Thermalbad und in der Gemeinde Frutigen im Berner Oberland könnte man sich ein Tropenhaus vorstellen, das mit Energie aus dem Lötschberg-Basistunnel beheizt werden könnte.

Noch unrentabel

Um das warme Bergwasser zu nutzen, braucht es aber Investitionen: Ein Verteilnetz und Wärmepumpen, die Ölheizungen ersetzen können. “Beim derzeitigen Ölpreis lohnen sich diese Investitionen knapp nicht”, sagt Markus Geissmann vom BFE. Allerdings komme das Tunnelwasser abgas- und abfallfrei aus dem Berg und könnte so einen namhaften Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, sagt Geissmann weiter.

Motion an die Regierung

Aber interessant sei die ganze Sache schon. Das BFE habe ausgerechnet, dass aus den 15 “interessantesten” der rund 700 Tunnels durch die Schweizer Berg- und Hügellandschaft immerhin 30’000 Kilowatt Strom gewonnen werden könnte.

Das Potential ist auch von der Politik erkannt worden. Im letzten Oktober hat die Zürcher CVP-Nationalrätin Kathy Riklin eine Motion eingereicht, die den Bundesrat einlädt, dem Parlament ein Förderprogramm für die geothermische Energienutzung zu unterbreiten.

108 Nationalrätinnen und Nationalräte haben das Anliegen unterschrieben. Trotz angespannter Finanzlage des Bundes.

swissinfo, Urs Maurer und Agenturen

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