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Der schnelle Tom

Thomas Lüthi für einmal in Zivil auf seiner neuen Rennmaschine. swissinfo.ch

Der Schweizer Motorradrennfahrer Thomas Lüthi startet in seine zweite Weltmeisterschaft. Nach den guten Leistungen im vergangenen Jahr erhielt Lüthi nun eine Werks-Honda.

Der 17-jährige Berner fährt weiterhin im tschechischen ELIT Racing Team des Baslers Daniel Epp. Saisonziel: Konstant Ränge um Platz 10 und ein Podestplatz.

Es war am 15. Juni 2003, als der junge Schweizer Motorradrennfahrer Thomas Lüthi am Grossen Preis von Spanien in Montmelo die Ziellinie als Zweiter der 125er-Klasse überquerte. Nur hauchdünn geschlagen vom nachmaligen Weltmeister Daniel Pedrosa aus Spanien.

Mit 16 Jahren, neun Monaten und neun Tagen war Lüthi der jüngste Schweizer, der je in der Strassen-WM auf dem Podest stand.

Dieser Exploit – Lüthi fuhr seine erste Weltmeisterschafts-Saison – katapultierte den Berner hoch hinaus in der Bekanntheits- und Beliebtheitsskala.

Am Sport Awards einer Schweizer Grossbank wurde er zum Newcomer des Jahres gewählt und fand sich auf dem “Siegerbild” neben Tennis-As Roger Federer, dem Schweizer Sportler des Jahres.

Gute Voraussetzungen

Es mag auf den ersten Blick verwundern, dass ein 16-jähriger Bauernbube aus dem Dorf Linden eingangs des Emmentals urplötzlich in die Weltspitze des harten Motorrad-Rennsportes fährt.

Schaut man aber etwas genauer hin, dann ist genau diese Herkunft von Thomas Lüthi ein idealer “Nährboden”, um in dieser Sportart Grosses zu vollbringen.

Linden, dieses Bauerndorf, ist seit jeher “töffverrückt”. Wer kann, fährt schnelle Maschinen. Schon immer haben sich Leute aus Linden nationale Lorbeeren geholt.

So lernte Thomas Lüthi schnell diese Szene kennen. In Kiesgruben und nicht selten auf Waldwegen – etwas abseits der Augen des Gesetzes – konnte schon mal in ganz jungen Jahren Gas gegeben werden.

Dazu kommt die Arbeit auf dem Bauernhof, die fast immer auch Traktor fahren heisst. Die jungen Knaben lernen zusammen mit dem ABC die schweren Maschinen lenken.

Kommt dazu eine grosse Prise Talent, und wird das Talent erkannt und gefördert, dann entsteht ein Thomas Lüthi. Er startete seine Karriere als 9-Jähriger bei einem Pocket-Bike-Rennen.

Lüthi wurde auch gleich Schweizermeister bei den Mini-Motorrädern. Dann ging es steil nach oben. In der vergangenen WM-Saison erreichte er Platz 15.

Lehrjahr Nummer 2

Am 18. April beginnt in Südafrika die Saison 2004. Für Thomas Lüthi die Saison der Bestätigung. So quasi das “zweite Lehrjahr”, wie der ELIT-Team-Manager Daniel Epp an der Präsentation der neuen Werkshonda in Zürich sagte. Epp billigt Thomas Lüthi drei Lehrjahre zu, “wie es in andern Berufen auch üblich ist.”

Damit ist auch gesagt, dass die Voraussetzungen für den weiteren Aufstieg in der Weltspitze gegeben sind.

Lüthi erhielt nach seinen guten Leistungen im vergangen Jahr nun eine Werkshonda. Neben Lüthi werden diese Maschine – der Spanier Pedrosa wurde damit 2003 Weltmeister – nur noch die beiden Italiener Andrea Doviziso und Simone Corsi fahren.

Konkurrenzfähiger

Was ist nun anders an einer Werksmaschine, die übrigens nicht gratis von Honda zur Verfügung gestellt wird, sondern vom Team “gemietet” werden muss? Insider sprechen von einer halben Million Schweizer Franken Miete.

“Die Unterschiede zur Privatmaschine vom vergangenen Jahr sind gross”, sagt Lüthi gegenüber swissinfo. Das beginne beim Rahmen, dann sei der Motor tiefer aufgehängt und leiste mehr, damit sei der Schwerpunkt tiefer.

“Das Handling ist besser, in den Kurven kann ich leichter einlenken, und alles geht mit weniger Kraft als auf der alten Maschine.” Auch optisch und aerodynamisch ist die Maschine anders gebaut.

Nicht vergessen dürfe man die Reifen. Als Werksfahrer könne er nun aus rund zehn Mischungen auswählen. Letztes Jahr waren es nur deren vier.

Er habe sich schnell an die neue 125er gewöhnt und sei auf der Teststrecke schon sehr nahe an den Rundenrekord gefahren.

Konstante Leistungen bringen

Mit der Werksmaschine sind aber auch die Erwartungen gestiegen. Doch Teamchef Epp bleibt realistsich und will seinen Fahrer nicht “verheizen”. Konstant fahren soll der Tom, konstant heisse immer um Platz 10 herum. Ein Podiumsplatz allerdings nehme man gerne an.

Dass der Druck auf den Schweizer Rennfahrer steigt, scheint klar, denn in dieser Saison wird er interne Konkurrenz erhalten. Das tschechische ELIT-Team des Baslers Epp hat nebst Thomas Lüthi den 19-jährigen Deutschen mit dem italienischen Namen Dario Giuseppetti verpflichtet.

“Wir kenne uns schon lange”, sagt Lüthi und freut sich über die Konkurrenz: “Ich glaube, wir können uns Tipps geben und so voneinander profitieren.”

Endlich Idealgewicht

Sonst bleibt Lüthi aus der vergangenen Saison vor allem der 2. Platz in Montmelo und der furchtbare Sturz in Brünn in Erinnerung. “Du musst sofort wieder auf das Motorrad steigen und Gas geben, den Sturz vergessen”, machte er sich Mut.

Und, im Gegensatz zu den meisten Leuten, freut er sich darüber, dass er ein paar Kilo an Körpergewicht zugelegt hat. “Jetzt muss ich keine Bleiplatten mehr an den Töff hängen”, sagt er. “und komme ich mit meinen 53 Kilo auf das ideale Renngewicht.” Mensch und Maschine müssen zusammen mindestens 136 Kilo wiegen.

swissinfo, Urs Maurer, Zürich

Steckbrief Thomas Lüthi

Geburtsdatum: 06.September 1986
Alter: 17 Jahre
Geburtsort: Linden (BE)
Grösse: 169 cm
Gewicht: 53 Kilo
Erstes Rennen: 1997 (Pocket-Bike)
Vorbild: Valentino Rossi, 5-facher Motorrad-Weltmeister
Startnummer: 12
Liebste Erinnerung: 2. Platz 2003 in Spanien
Schlechteste Erinnerung: Schlimmer Sturz in Brünn

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