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Die Eckpunkte der irakischen Verfassung

Nach der neuen Verfassung wird der Irak zu einer parlamentarischen Demokratie, die die Grundrechte garantiert und den Regionen eine starke Autonomie gewährt.

Wenige Tage vor dem Referendum fügte das irakische Parlament einige Änderungen im Text ein, um auch die Zustimmung der sunnitischen Bevölkerungs-Minderheit zu sichern. Teile der Sunniten befinden sich in einem offenen Ausstand gegen die von den Schiiten und Kurden vorangetriebene Neuordnung des Landes. Im Folgenden die wichtigsten Punkte der Verfassung.

Staatsform:

Der Irak ist eine demokratische, föderative, einheitliche und parlamentarische Republik.

Identität:

Der Irak ist als multi-ethnisches und multi-konfessionelles Land Teil der islamischen Welt und als Mitbegründer der Arabischen Liga ihrer Charta verpflichtet. Die Amtssprachen sind Arabisch und Kurdisch.

Religion:

Der Islam ist Staatsreligion und “eine der Hauptquellen der Rechtsschöpfung”. Keine Gesetze dürfen zu den “unbestrittenen Regeln des Islam” im Widerspruch stehen, aber auch nicht zu den “Prinzipien der Demokratie”. Der Bundesgerichtshof (oberstes Gericht) soll auch eine nicht näher genannte Zahl von “islamischen Rechtsgelehrten” (Schariats-Richter) aufweisen.

Grundrechte:

Die politischen, religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Grundrechte und Freiheiten sind im Prinzip garantiert. Die Presse-, Rede-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit gilt allerdings nur, insofern “nicht gegen die öffentliche Ordnung und Moral verstossen” wird.

Frauen:

Frauen sind gleichberechtigt. Doch Artikel 39 sieht vor, dass sich irakische Bürger der Zivilgerichtsbarkeit ihrer eigenen Religionsgemeinschaft unterwerfen können. Frauenrechtsgruppen kritisieren, dass diese Kann-Bestimmung im wirklichen Leben dazu führen wird, dass sich viele Frauen in Erbschafts- und Scheidungsstreitigkeiten einem Schariats-Gericht unterwerfen werden müssen, wo sie gegenüber den Männern diskriminiert sind.

Föderalismus:

Die Verfassung sagt eine starke regionale Autonomie zu, die für die kurdische Gemeinschaft im Norden und die schiitische im Süden besonders wichtig ist.

Die Provinzen können sich zu Regionen zusammenschliessen. Ausgenommen ist die Hauptstadt Bagdad. Regionen und Provinzen haben weit gehende Autonomie.

In Angelegenheiten, über die Bund und föderale Einheiten gemeinsam bestimmen, haben letztere das letzte Wort. Regionsregierungen können eigene bewaffnete Sicherheitskräfte unterhalten.

Gesamtstaatliche Kompetenzen:

Aussenpolitik, Landesverteidigung, Währung, Zölle, Handelspolitik, Staatsbürgerschaft, Einwanderung, Masse und Gewichte, Frequenzen, Budgetpolitik.

Regierung und Parlament

Das Parlament – der “Rat der Repräsentanten” – wird in geheimer Wahl für vier Jahre bestimmt. Die Parlamentsmehrheit bestimmt den Ministerpräsidenten, der Regierungschef und Oberbefehlshaber der Armee ist. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wählt das Parlament auch den Präsidenten, dessen Amtsperiode ebenfalls vier Jahre beträgt.

Erdöl:

Erdöl und Erdgas sind “Eigentum aller Iraker in allen Regionen und Provinzen”. Öl und Gas aus existierenden Quellen werden von Zentralregierung und Regionen und Provinzen “gemeinschaftlich” genutzt und “fair verteilt”.

swissinfo und Agenturen

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