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Die Erderwärmung macht den Forschern zu schaffen

Drohende Schneeschmelze in den Alpen. Keystone

Die Forschung kann kaum Schritt halten mit den von steigenden Temperaturen verursachten Umweltveränderungen in den Bergregionen.

An der Internationalen Katastrophenschutz-Konferenz in Davos war man sich einig, dass dringend etwas unternommen werden muss, um verheerende Konsequenzen zu verhindern.

“Wir stellen fest, dass die Bedrohung zwar nicht direkt zunimmt, aber sich entscheidend verändert”, sagt der Geograf Christian Huggel von der Universität Zürich gegenüber swissinfo.

“Die Menschen kennen Gefahren und Gefahrenzonen, die hundert Jahre alt sind. Aber heute überschreiten wir eine Grenze, welche die Umwelt historisch gesehen noch nie erlebt hat – und dies ist ein grosses Problem.”

Eine der neuen Bedrohungen ergebe sich durch das Auftauen des Permafrosts, sagt der Schweizer Forscher. Dadurch könnten Fels- und Eislawinen ausgelöst werden, was wiederum natürliche und künstliche Seen zum Überlaufen bringen könnte.

Eisschmelze bringt Seen zum Überlaufen

Das UN-Bildungs-, Forschungs- und Kulturprogramm veröffentlichte kürzlich eine dringende Warnung, wonach rasch schmelzende Eisdecken im Himalaya zahlreiche Gletscherseen gebildet hätten, die überzulaufen drohten. Allein in Nepal und Bhutan seien es 4000.

Ein indischer Experte sagte an der Konferenz in Davos, dass bei einer von einem Gletschersee ausgelösten Überschwemmung in Nepal 1985 gegen 10’000 Menschen umgekommen seien.

“Überschwemmungen zerstören Landwirtschaftsgebiete und machen Ackerflächen unbebaubar, bringen den Nachrichtenverkehr zum Erliegen und zwingen Menschen, wegzuziehen,” sagte Dipayan Dey vom südasiatischen Umweltforum.

Grenzen überschreiten

Die Europäische Union hat grenzüberschreitende Projekte für die Entwicklung und Verbesserung von Fernerkundungssystemen finanziert.

Das wohl ehrgeizigste Projekt ist “Assist”, ein gesamteuropäisches Krisenmanagement-Zentrum. Dessen Ziel ist die Verbesserung der Entscheidungsfindung und die Koordination von Katastrophenhilfe.

Es soll ein virtuelles Zentrum sein, betrieben von den Organisationen der teilhabenden Länder, die Daten eingeben und sich bei ihren Partnern informieren können.

“Die wichtigste Herausforderung bei integrierten Projekten wie Assist ist die optimale Nutzung von bestehenden Daten”, sagt Ulli Leibnitz, stellvertretender Bereichsleiter SpaceCom bei VCS (Spezialist für Informations- und Kommunikationslösungen in der Raumfahrt), gegenüber swissinfo.

Nationale Interessen überwinden

“Wenn man grenzüberschreitend arbeitet, muss man nationale Gesetze, nationalen Datenschutz und weitere nationale Interessen überwinden. Ein virtuelles Zentrum soll die Anforderungen und Schnittstellen aufzeigen, so dass die Organisationen schnell auf Ereignisse reagieren können”, sagt der Forscher Christian Huggel.

In den Alpen wird immer mehr gebaut, auch in Regionen, die durch natürliche Risikoschutz-Zonen als sicher gelten.

Laut den Forschern seien die Behörden unter Druck, die Gefahrenzonen neu zu klassifizieren, um das Bauen in diesen Gegenden zu erlauben. Aber das letzte Wort über die Wirksamkeit dieser Schutzzonen ist noch nicht gesprochen.

swissinfo, Dale Bechtel, Davos
(Übertragung aus dem Englischen: Susanne Schanda)

Die Internationale Katastrophenschutz-Konferenz in Davos wird organisiert vom UNO-Programm Internationale Strategie zur Katastrophen-Eindämmung, der Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturorganisation der UNO, der Globalen Allianz zur Katastrophen-Eindämmung und dem Informationsnetzwerk Globale Katastrophen.
Hauptsponsor ist die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza).

Rund 20% der Schweizer Bevölkerung lebt in einer “alpinen Region” und ist daher dem Risiko von Schnee- und Gerölllawinen ausgesetzt.

Schweizer Schnee- und Wasserexperten haben begonnen, ein Lawinenwarnsystem zu entwickeln, mit dem Überschwemmungen in Einzugsgebieten von Bergen vorausgesagt werden können.

Das Hauptproblem für das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos sind die kürzeren Warnzeiten. Stürmische Regenfälle können innert Stunden Überschwemmungen verursachen.

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