Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Die Euro aus der Sicht von Gelson Fernandes

Zweikammpf: Gelson Fernandes im Trikot von Manchester City (links) gegen Christiano Ronaldo. Reuters

Der von Trainer Köbi Kuhn für die am 7. Juni beginnende Europameisterschaft nominierte Mittelfeldspieler spricht über den bevorstehenden Grossanlass und die künftigen Gegner der Schweiz.

An der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war Gelson Fernandes nicht dabei. Er wird nun den ersten grossen Anlass in seiner noch jungen Karriere erleben.

swissinfo: Was bedeutet die Euro für Sie?

Gelson Fernandes: Im eigenen Land an einer Europameisterschaft teilzunehmen ist natürlich ein ganz besonderes Ereignis. Jeder Junge, der Fussball spielt, träumt davon, und für die Profispieler bleibt der Traum der gleiche. Für ein Turnier von solch grosser Bedeutung ausgewählt zu werden, ist das Ziel eines jeden Spitzenspielers.

Eine Teilnahme an der Euro setzt jedoch voraus, nicht nur im Club gut zu spielen, sondern überhaupt zum Einsatz zu kommen. Ich jedenfalls nehme alles, wie es kommt und denke nicht zuviel an den Grossanlass. Man darf das Pferd nicht am Schwanz aufzäumen.

swissinfo: Sie gehören zu den letzten, die zur Nationalmannschaft gestossen sind. Wie haben Sie ihr erstes Spiel in der Auswahl gegen die Niederlande erlebt?

G.F.: Das war am 22. August 2007. Ich erinnere mich gut an dieses Datum und diesen sehr besonderen Moment. Es ist hart, als Neuling in der Nationalmannschaft zu reüssieren. Auf diesen Moment habe ich lange gewartet und mich intensiv darauf vorbereitet. Es ist eine schöne Belohnung, das Trikot der Nationalmannschaft anzuziehen. Aber bis es soweit ist, muss man viele Opfer bringen. Es erfüllt einen mit Genugtuung und Stolz. Zudem haben wir 2:1 gewonnen.

swissinfo: In den Gruppenspielen werden Sie auf Tschechien, die Türkei und Portugal treffen. Wie beurteilen Sie diese Mannschaften?

G.F.: Eines ist sicher: Wir werden im Eröffnungsspiel sehr unter Druck stehen. Die ganze Schweiz wird zuschauen und mitfiebern. Natürlich haben wir den Anspruch, gut zu spielen. Wir dürfen keine Angst haben und müssen an unsere Fähigkeiten glauben. Ich mache mir keine Sorgen, wir alle sind uns an wichtige Begegnungen gewöhnt. Die Mannschaft von Tschechien besitzt in ihren Reihen wertvolle Spieler, die sich in europäischen Spitzenklubs bewährt haben. Das wird eine taktisch umkämpfte Partie.

Beim Match gegen die Türkei hingegen liegt eine Revanche in der Luft, nach allem was während den Qualifikationsspielen für die Weltmeisterschaft in Deutschland passiert ist. Ich war damals nicht dabei, aber ich weiss aus Erfahrung, dass die türkischen Spieler gerne ihren Gegner provozieren. Wir müssen mental sehr stark sein, um nicht in eine brenzlige Situation zu geraten. Um so mehr als diese gleichen Spieler geschickte Techniker sind.

Portugal schliesslich ist eine Respekt einflössende Mannschaft, die an der Euro 2004 im eigenen Land erst im Final gestoppt wurde. Zudem kann sie auf den aktuell besten Spieler der Welt zählen, den Mittelfeldspieler Cristiano Ronaldo. Also…

swissinfo: Wieso haben Sie für Ihre Karriere gerade die Premier League gewählt und nicht eine andere europäische Spitzenliga?

G.F.: Tatsächlich war es so, dass Manchester City gewillt war, für meine Verpflichtung tief in die Tasche zu greifen. Ich wollte in England spielen und wusste, dass man früh einsteigen muss. Kein Club auf diesem Niveau würde einen 25 oder 26 Jahre alten Schweizer Spieler engagieren, deshalb habe ich ja gesagt.

Der englische Fussball sagt mir am meisten zu, denn für die technisch hochstehenden Meisterschaften in Spanien oder Italien spiele ich zu ungenau. In England gilt der Körpereinsatz viel, und es wird ständig hart auf den Mann gespielt. Die Wahl für England hat dazu geführt, dass ich meine Chance in der Nationalmannschaft gekriegt habe. Es gibt für mich in dieser Liga, die übrigens eine der besten der Welt ist, noch vieles zu beweisen.

swissinfo, Mathias Froidevaux, London
(Übertragung aus dem Französischen: Christine Fuhrer)

Gelson Fernandes wurde am 2. September 1986 auf den Kapverdischen Inseln geboren.

Ausgebildet beim FC Sitten, hat er in 99 Spielen der Challenge League und der Super League mitgewirkt, das erste Mal am 26. April 2003 gegen Luzern (1:1).

Bei seinem Transfer zu Manchester City am 14. Juli 2007 für 9,1 Millionen Franken handelte es sich um die zweithöchste je bezahlte Transfersumme von einem ausländischen Klub für einen Schweizer Spieler (Juventus Turin zahlte 12 Millionen für Patrick Müller).

Gelson Fernandes hat bislang acht Spiele mit der Nationalmannschaft absolviert, das erste im August 2007 gegen die Niederlande.

Gelson Fernandes spricht sieben Sprachen: Italienisch, Portugiesisch, Französisch, Deutsch, Englisch, Kreolisch und (ein Bisschen) Spanisch.

Manchester City wurde 1887 gegründet. Die Citizens, wie die Spieler genannt werden, spielen seit 2003 in einem neuen Stadion mit 48’000 Plätzen.

Der Klub wurde zweimal englischer Meister (1937 und 1968) und gewann vier Mal den Cup. Es gelang ihm nie, auf europäischem Niveau eine bedeutende Rolle zu spielen.

Der Geschäftsmann und ehemalige Premierminister von Thailand, Thaksin Shinawatra, hat den Club gekauft. Unter Trainer Sven-Göran Eriksson peilt Manchester City eine Spitzenposition in der Premier League an.

Letztes Jahr zahlte der Klub die Transfersumme von 9,5 Millionen Franken für den jungen, defensiven Schweizer Mittelfeldspieler Gelson Fernandes.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft