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Die Grüne Fee auf dem Weg in die USA

Einst verboten, jetzt wieder erlaubt: Absinth.

2005 wurde Absinth in der Schweiz legalisiert. Nun ist der einst verbotene Wermut-Schnaps aus dem Val-de-Travers daran, auch die USA zu erobern. Der Weg ist allerdings nicht einfach.

In verschiedenen Grossstädten der USA wird der Schnaps bereits verkauft. Doch von den Behörden etlicher Staaten fehlt noch die Bewilligung.

Das Familienunternehmen Kübler aus Môtiers im neuenburgischen Val-de-Travers lancierte seinen Absinth vor einigen Tagen in New York, Boston und Las Vegas.

Im Januar sollen San Francisco, Los Angeles und San Diego folgen. Im Februar schliesslich Chicago und Miami.

Importiert wird das Getränk von der Firma Altamar. “Es handelt sich um den ersten Schweizer Absinth, der nach fast 100 Jahren auf dem US-Markt offiziell verkauft wird. Wir waren von den Reaktionen der Händler positiv überrascht”, freut sich Firmeninhaber Lyons Brown im Gespräch mit swissinfo.

Absinth hatte lange einen zweifelhaften Ruf. Ihm werden euphorisierende und erotisierende Wirkstoffe nachgesagt. Seit dem 19. Jahrhundert waren ihm auch Künstler nicht abgeneigt, so zum Beispiel Baudelaire, Toulouse-Lautrec, van Gogh, Hemingway oder Marilyn Manson.

Amtsschimmel

Nach der Schweiz und andern Ländern haben auch die USA im Jahr 1912 den Absinth verboten. 60 Jahre später wurde er in den USA wieder erlaubt. So argumentiert jedenfalls die “Wormwood Society”, die sich für den Absinth einsetzt.

Doch die Instanzen, welche für die Regulierung des Alkoholverkaufs zuständig sind, wollten von der Aufhebung des Verbots nichts wissen.

“Die Leute vom zuständigen Amt haben behauptet, Absinth sei illegal. Doch sie waren nicht in der Lage, uns die entsprechenden gesetzlichen Regeln vorzulegen”, erzählt Robert Lehrman swissinfo.

Laut dem Anwalt, der die Interessen von Kübler in den USA vertritt, haben sich die Behörden “besorgt” geäussert wegen des Thujongehalts des Produkts.

Wie der Playboy ohne Fotos

Dem Thujon wird eine hallizunogene Wirkung zugeschrieben. Kübler argumentiert jedoch, die Thujon-Werte der Spirituose entsprächen der schweizerischen Gesetzgebung.

Das Produkt wurde im Jahr 2004 von den US-Behörden zugelassen. Allerdings darf es nicht unter dem Namen Absinth vermarktet werden.

Um das Hindernis zu umgehen, riet Lehrman der Firma Kübler, den Thujongehalt zu reduzieren. “Der Produzent wollte das Produkt nicht verfälschen und fand das keine gute Idee”, erinnert sich der Anwalt. “Absinth ohne Thujon wäre wir der Playboy ohne Fotos.”

Eine entscheidende Sitzung mit den US-Behörden fand im Februar dieses Jahres statt. Lehrman erschien mit einer Flasche Absinth ohne Etikette und Produzentennachweis. Er hatte den “schwarzen” Schnaps im Internet gekauft.

Lukratives Geschäft

“Ich habe den Behörden klar gemacht, dass Absinth in den USA durchaus erhältlich ist und dass für diese Produkte keine Alkoholsteuern entrichtet werden. Da ist es doch besser, legale Importe zu erlauben.”

Schliesslich liessen sich die Behörden überzeugen, zumal die Absinth-Produktion in der Schweiz seit 2005 wieder erlaubt und gesetzlichen Normen unterstellt ist.

Mit der Bewilligung sind noch nicht alle Hürden genommen: Auch die Verwaltungen einiger amerikanischen Staaten müssen den Import noch bewilligen.

Der Anwalt ist entschlossen, auch diese Hürden zu überwinden. Denn der US-Markt kann zu einem lukrativen Geschäft werden. “Der Markt ist sehr gross und mit einem Verkaufspreis von 50 Dollar pro Flasche extrem rentabel”, so Lehrman.

swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington
(Übertragung aus dem Französischen: Andreas Keiser)

Ende des 18. Jahrhunderts taucht die “grüne Fee” im Val-de-Travers auf, es entstehen erste kleingewerbliche Brennereien.

Danach tritt die “grüne Fee” ihren Siegeszug um die halbe Welt an und verführt alle Bevölkerungsschichten.

Der Absinth wird auch zum begehrten Trunk der Dichter, Maler und Intellektuellen. Zur Muse, von der sich Baudelaire, Rimbaud und andere mehr inspirieren und verführen liessen.

Er ist oft viel billiger als andere alkoholische Getränke, wird aber auch zum Symbol des Alkoholismus und des Elends, das dieser hervorrufen kann.

Frauen nutzten Absinth auch, um abzutreiben.

1910 wird der Absinth in der Schweiz verboten, nachdem das Stimmvolk 1908 einer Initiative zugestimmt hatte.

Frankreich erlässt 1915 ein Verbot, andere europäische Länder folgen.

Während der Absinth in Frankreich verschwindet, wird der Mythos im Val de Travers von Schwarzbrennern am Leben erhalten.

Seit dem 1. März 2005 ist der Absinth in der Schweiz den anderen Spirituosen gleichgestellt und kann wieder legal produziert werden.

So hat es das Parlament 2004 entschieden.

Der zulässige Gehalt des bereits in geringen Mengen psychoaktiven Stoffes Thujon im Absinth ist gesetzlich limitiert.

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