Erstes Ja zu kleiner Steueramnestie
Reuige Steuersünder sollen straflos ausgehen, wenn sie sich selbst anzeigen. Als erste Parlamentskammer hat der Ständerat einer von der Regierung vorgeschlagenen Steueramnestie zugestimmt.
Davon sollen vor allem Erben profitieren, die Steuersünden Verstorbener angeben. Der Finanzminister erhofft sich dadurch höhere Steuererträge.
Als erste Kammer folgte der Ständerat am Donnerstag fast oppositionslos dem Bundesrat: Einmal im Leben soll straffrei bleiben, wer eine bisher unerkannte eigene Steuerhinterziehung offenlegt und die Steuerbehörden vorbehaltlos unterstützt. Bezahlen muss er nur die ordentliche Nachsteuer und den Verzugszins für höchstens zehn Jahre.
Der Mechanismus gilt auch für Unternehmen. Anstifter, Gehilfen oder Mitwirkende einer Steuerhinterziehung sollen davon unter den gleichen Voraussetzungen Gebrauch machen können wie die Steuerpflichtigen. Ein grosser Erfolg werde die Selbstanzeige kaum werden, sagte der freisinnige Kommissionspräsident Fritz Schiesser.
Für drei Steuerperioden
Mehr erwartet Schiesser von der Erbenamnestie. Wenn Erben die Steuerhinterziehung Verstorbener deklarieren, sollen sie Nachsteuer und Verzugszins nur noch für die drei letzten Steuerperioden vor dem Todesjahr des Erblassers bezahlen müssen. Heute beträgt der Zeitraum zehn Jahre.
Der Sozialdemokrat Ernst Leuenberger, der seinen Widerwillen nicht verbergen konnte, wollte mit der linken Kommissionsminderheit die Nachsteuer für die letzten fünf Steuerperioden vor dem Tod erheben. “Allzu grosszügig sollten wir nicht sein”, sagte er. Der Ständerat folgte aber klar dem Bundesrat.
Das ethisch Verantwortbare
Die mit 22 zu 1 Stimmen gutgeheissene Vorlage ist das, was von jahrelangen Diskussionen um eine Steueramnestie übrigblieb. Eine allgemeine Steueramnestie wie letztmals 1969 lehnte die Regierung mit breiter Unterstützung ab. Den Räten liegt vor, was Finanzminister Hans-Rudolf Merz gegenüber den ehrlichen Steuerzahlern für “ethisch verantwortbar” hält.
Vor dem Ständerat wies Merz auch auf das Interesse des Staates an der Mini-Amnestie hin. Wenn bisher nicht deklariertes Vermögen ans Tageslicht komme, stiegen die Steuererträge. “Ich weiss, das Thema ist nicht ein Schönes”, sagte der Finanzminister.
Man habe den Eindruck, sich mit einer schmutzigen Angelegenheit zu befassen. Konkret ging es darum, Steuerpflichtigen einen Anreiz zu schaffen, ihre Steuerhinterziehung selbst anzuzeigen. Dafür gebe es keine perfekte Lösung, weder ethisch, noch gesetzestechnisch, sagte Merz.
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Steuersystem
Noch offene Fragen
Bei der Rückforderung von unrechtmässig bezogenen staatlichen Leistungen bleiben offene Fragen.
Das empfand auch die sozialdemokratische Ständerätin Simonetta Sommaruga, für die Steuerhinterziehung “kein Kavaliersdelikt” ist. Sie machte im Übrigen auf ein Problem aufmerksam, das die Kommission zwar erkannt hatte, aber nicht lösen konnte: Hinterzieher müssten zu Unrecht bezogene Sozialleisungen zurück- und zu tiefe Sozialbeiträge nachbezahlen.
Merz war bereit, diese Frage für den Nationalrat zu prüfen. Er warnte aber davor, zu viel zu wollen und damit “das Hauptanliegen zu ersticken”.
swissinfo und Agenturen
Mit der Amnestie will die Regierung verhindern, dass Vermögen während Generationen vor dem Fiskus versteckt bleiben.
Die finanziellen Auswirkungen sind schwierig abzuschätzen. Der Grund liege darin, dass es zu hinterzogenen Einkommen und Vermögen naturgemäss keine verlässlichen Daten gebe, so das Eidg. Finanzdepartement (EFD).
Nach der letzten Steueramnestie in der Schweiz von 1969 wurden den Steuerbehörden zusätzlich 11,5 Mrd. Franken angegeben.
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