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Exportkrise: Viel Arbeit für die Osec

Keystone

Mit einer Verzögerung hat die Rezession nach der Finanzbranche auch die reale Wirtschaft erfasst. 2009 brachen bei vielen Export-Unternehmen die Ausfuhren stark ein. Aber die Osec, der vom Bund mandatierte Aussenwirtschafts-Förderer, hat alle Hände voll zu tun.

Kaum ein Tag vergeht, ohne dass Personal entlassen oder teilarbeitslos wird. Alles deutet auf ein schnelles Sinken der Ausfuhren und Aufträge hin. Die Wirtschaft verlangsamt sich. Welche Konsequenzen hat das für die Arbeit der Osec? swissinfo.ch befragte Osec-Sprecher Patrick Djizmedjian zur Situation an der Exportfront und zur Strategie.

swissinfo: Führt die laufende Exportkrise, welche die Umsätze schrumpfen lässt, auch zu einer Einschränkung der Osec-Aktivitäten oder im Gegenteil zu einem Wachstum?

Patrick Djizmedjian: Sie führte bisher zu einem Wachstum, vor allem im Bereich der europäischen Exportmärkte. KMU, die nach Europa expandieren möchten oder sich zumindest mit dieser Idee beschäftigen, kommen vermehrt zu uns. KMU interessieren sich aber nach wie vor auch für die USA oder asiatische Märkte.

Es mag seltsam tönen, aber es gibt trotz Wirtschaftskrise zur Zeit mehr Unternehmen als früher, die sich an Osec wenden. Sie interessieren sich vor allem für die Chancen und Nischen, die sich auch in solchen Krisenzeiten ergeben.

swissinfo: Die Unternehmen, die Ihre Dienste beanspruchen, sind also jene, die eine antizyklisch denkende Führung haben.

P. D.: Nicht unbedingt. In dieser schwierigen Wirtschaftssituation erachten es viele KMU als wertvoll, wenn sie sich über mögliche Chancen und sich neu bildende Trends informieren können. Viele KMU halten einfach ihre Augen offen und möchten wissen, wo es allenfalls trotz Wirtschaftskrise doch noch Geschäftsmöglichkeiten gibt. Ob sie nachher den Schritt ins Ausland wirklich machen, ist eine zweite Frage.

In der Rezession haben manche Unternehmen auch mehr Zeit, sich mit Plänen und Möglichkeiten zu beschäftigen und Perspektiven auszukundschaften, weil oft die Aufträge eingebrochen sind und gewisse Kapazitäten für solche Dinge bestehen.

Strategien zu den Distributionskanälen oder neuen zu bearbeitenden Märkten zum Beispiel gleist man eher in wirtschaftlich ruhigen Zeiten auf. Denn in der Hochkonjunktur läuft die Produktion auf Hochtouren, da bleibt oft eher weniger Zeit zum langfristigen Planen.

swissinfo: Je länger über ein Ausland-Engagement nachgedacht wird, umso mehr steigt auch die Angst davor? Versuchen Sie, den KMU die Angst zu nehmen?

P. D.: Viele Unternehmen müssen sich zur Zeit die Frage stellen, ob sich ein Auslandengagement überhaupt lohnt. Dieser Entscheid ist sicherlich mit Risiken behaftet. Und deshalb lautet die Lösung vielfach, lieber vorerst in Deutschland, Italien oder Frankreich nach Chancen zu suchen statt vielleicht in Fernmärkten wie Indien oder China.

Im Rahmen des im letzten November beschlossenen Stabilisierungsprogramms spricht der Bund Gelder, um auch die Exportwirtschaft zu stützen. Osec setzt derzeit verschiedene exportstützende Massnahmen um. Unter anderem werden eben die Nachbarländer vermehrt bearbeitet.

Bisher lag die Strategie von Osec mehr darin, KMU für Expansionen in die Fernmärkte zu unterstützen.

swissinfo: Wie sieht es innerhalb der Branchen aus? Welche Branchen leiden mehr?

P. D.: Die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (“MEM”) leidet sehr. Da ist es nun sehr wichtig, in den relevanten Exportmärkten allfällige Nischen herauszudestillieren. Denn Schweizer Qualität gerade im Technologiebereich wird im Ausland immer noch nachgefragt und geschätzt. Relevant wird sein, wie sich die Nachfrage in den wichtigsten Exportmärkten entwickelt, also in den EU-Staaten und Nordamerika.

Wenn in diesen Ländern der Konsum nachlässt, spürt man das sehr stark in der Schweiz. Branchen, die momentan noch gut laufen, sind die Medizinaltechnik. Auch die Nahrungs- und Genussmittel sowie die Pharmabranche stehen nicht allzu schlecht da.

swissinfo: Wie steht es denn um unsere Öko- und Umweltbranche? Sie wird immer gelobt für ihre Produkte. Aber dasselbe kann man auch in Deutschland und Frankreich hören.

P. D.: Es ist eine Tatsache, dass in der Schweiz in den Bereichen Umwelttechnik und erneuerbare Energien viele Nischenanbieter Innovatives anbieten. Dieses Potenzial könnte im Ausland besser ausgeschöpft werden.

Ein Schwerpunkt im Stabilisierungsprogramm von Osec betrifft genau diese Branchen. Wir sind daran, unter anderen Exportplattformen in der Umwelttechnik und in den erneuerbaren Energien zu bilden, aber auch in den Bereichen Gesundheit, Infrastruktur und sogar Autozulieferer.

swissinfo: Auch im Ausland setzt alles auf diese Branchen.

P. D.: Eben. Im Ausland fliesst ein grosser Teil der Gelder aus Konjunkturprogrammen in Infrastruktur, Umwelt- und Öko-Förderung. Davon können auch Schweizer KMU profitieren.

Gerade die Bric-Länder Brasilien, Russland, Indien, China stehen vor grossen Herausforderungen, was Umwelt und Infrastruktur/Transportwesen betrifft. Sie werden sich teils erst jetzt bewusst, wie stark Umweltaspekte zu beachten sind, wenn Infrastrukturen erneuert oder Logistik-Systeme aufgebaut werden müssen.

Alexander Künzle, swissinfo.ch

Osec setzt einen Teil des Stabilisierungsprogramms des Bundes durch, im Rahmen von Fördermassnahmen zu Gunsten der Exportwirtschaft.

Dieses Programm hat unmittelbaren Einfluss auf die Strategie von Osec.

Für 2009 und 2010 hat der Bund 10 Mio. Franken zur Verfügung gestellt, um die KMU bei ihren Exportaktivitäten trotz Wirtschaftskrise in allen Landesteilen der Schweiz effektiv und rasch zu unterstützen.

Zu den Aufgabe von Osec gehört es auch, neue Geschäftsmöglichkeiten für die KMU zu eruieren und sie für ein Auslandsengagement vorzubereiten.

Osec ist der offizielle vom Bund mandatierte Aussenwirtschafts-Förderer.

Er betreibt mit den Swiss Business Hubs weltweit das Netzwerk “Business Network Switzerland”.

Neben der Exportförderung vereinigt Osec seit 2008 auch die Import- und Investitionsförderung und die nationale Standort-Promotion unter einem gemeinsamen Dach.

Im Herbst 2008 hat der Bundesrat Massnahmen in Finanz- und Aussenwirtschafts-Politik beschlossen und Arbeitsbeschaffungs-Reserven freigegeben(Stabilisierungsprogramm).

Während die Politik die Freihandelsabkommen ausbaut (Seco) und den bilateralen Weg mit der EU weiterführt, unterstützt Osec die Schweizer KMU, damit sie von der Öffnung dieser Märkte im Ausland profitieren und dort mit Geschäftsaktivitäten Fuss fassen können.

2008 zählte die Osec 1351 Mitglieder.

Im Ausland unterhält Osec 16 so genannte Swiss Business Hubs.

Eine Ausrichtung nur auf den Binnenmarkt ist für Schweizer Unternehmen keine Alternative zum Export, weil er viel zu klein ist.

2008 überschritten die Schweizerischen Exporte mit 206 Milliarden Franken erstmals die 200-Mrd.-Marke.

1990 hatten sie noch knapp 81 Mrd. betragen.

Auch der Aussenhandelssaldo, der 1990 und 1991 noch negativ ausfiel (Aussenhandels-Defizit), wuchs 2001 von 1,7 Mrd. konstant auf fast 20 Mrd. Franken 2008.

Im 1. Quartal 2009 gingen die Ausfuhren um 5,4% zurück, wobei die Waren mehr und die Dienstleistungen weniger stark betroffen waren.

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