Osec-Direktor Daniel Küng windet KMU ein Kränzchen
"Halb so schlimm", meint der Direktor des Aussenwirtschaftsförderers Osec, Daniel Küng. Der Export der Schweiz schrumpfe zwar, aber weniger als bei anderen Ausfuhrländern. Küng führt dies auf die Vielzahl exportierender KMU in der Schweiz zurück.
Früher galt, dass sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eher an Inlandmärkte halten, während sich die grossen Konzerne eher den Auslandmärkten respektive dem Export zuwenden.
Doch heute gilt das dank Informationsrevolution, Internet, Globalisierung, Transport-Verbilligung und mehr Mobilität nicht mehr. Auch KMU finden heute ihre Nischen weltweit.
Das ist auch bitter nötig: Seit Jahresbeginn ist die Ausfuhr in der Schweiz regelrecht zusammengebrochen. Osec-Direktor Daniel Küng schätzt die Einbussen bei klassischen Exportbranchen wie Textilmaschinen oder Metallindustrie auf rund einen Drittel im Vergleich zum Vorjahreswinter. Insgesamt schätzt er den Rückgang auf 14%.
Für das gesamte Jahr 2009 wird weltweit ein Rückgang von bis zu 9% vorausgesagt. Den Rückgang der Schweizer Exporte schätzt die Credit Suisse jedoch als geringer ein, nämlich auf 7 bis 8%.
swissinfo: Angenommen, die Schätzungen stimmen, so würde das heissen, dass es den Schweizer Exporten nicht ganz so schlecht ergeht wie anderen Export orientierten Ländern?
Daniel Küng: Ja, die Schweizer Ausfuhren würden dann etwas weniger schrumpfen als jene aller anderen Länder. Anteilsmässig bedeutet das, dass wir uns sogar ein etwas grösseres Stückchen am Weltexport-Kuchen herausschneiden könnten.
swissinfo: Ist Ihre Folgerung, dass alles gar nicht so schlimm sei, nicht etwas gar optimistisch?
D.K.: Nein. Andere klassische Exportländer wie Japan oder Südkorea verzeichneten bisher Einbussen bis 50% – die Schweiz nur 14%.
swissinfo: Weshalb diese grossen Unterschiede?
D.K.: In diesen Ländern konzentriert sich der Export auf wenige grosse Branchen. Auch von der Anzahl Märkte her exportieren sie viel mehr in viel weniger Länder. In der Schweiz hingegen macht der grösste Exportmarkt, Deutschland, nur rund 20% der gesamten Ausfuhr aus.
Und schliesslich dominieren im Export dieser Länder wenige riesige Multis. In der Schweiz hingegen führen von den existierenden 300’000 Firmen mehr als 36’000 ihre Produkte und Dienstleistungen über die Landesgrenze hinaus, die meisten davon sind Klein- und Mittelbetriebe (KMU).
Das ergibt einen hohen Exportanteil von rund 12% aller Unternehmen – das gibt es in Ländern wie Japan nicht.
swissinfo: Das heisst aber noch lange nicht, dass die vielen Schweizer KMU den Konjunkturzyklen der Weltmärkte nicht ebenso sehr ausgeliefert sind wie die wenigen Riesenunternehmen?
D.K.: Doch. Bei Grossfirmen fällt der Export zusammen, weil die Nachfrage der Absatzländer zusammenbricht. So kann ein Fahrzeughersteller nicht jahrelang auf Halde produzieren.
Kleine Unternehmen hingegen können sich viel einfacher eine Nische finden oder schaffen. Die sind unabhängiger von globalen Absatzrückgängen.
swissinfo: Das mag wirklich ein Vorteil der Kleinen sein. Aber gibt es nicht auch Nachteile, wie zum Beispiel die Zersplitterung im Auftreten im Ausland? Hat ein KMU überhaupt Chancen, wahrgenommen zu werden?
D.K.: Solche Nachteile gibt es. Dies kann einzelnen Firmen sogar den Eintritt in gewisse Exportmärkte ganz versperren. Minimale Kapazitäten sollten Unternehmen schon aufweisen. Deshalb bemüht sich Osec, mit Exportplattformen die Auftritte solcher Kleinfirmen zu bündeln.
Zum Beispiel ist es für einen kleinen Solarzellen-Hersteller enorm schwierig, sich in China eine Position zu schaffen. Wenn aber Osec unter einem gemeinsamen Label wie «Swiss Solar Technology» einige Dutzend kleiner Exportfirmen vereint, lässt sich das im grossen Markt China einfacher als Begriff verankern.
swissinfo: Zum Exportieren braucht es ja auch Finanz-Support, Exportkredite und ähnliches. Unterstützt der Finanzplatz Schweiz den Werkplatz Schweiz wie bisher, oder spüren die Exporteure die geschrumpfte Kreditfreudigkeit der Banken?
D.K.: Im Prinzip können die Banken den Finanzierungsbedarf von Exporteuren abdecken. Für schwierige Zeiten, in denen Kredite weniger schnell vergeben werden, hat der Bund die frühere Exportrisiko-Garantie, die SERV, aufgestellt.
Im Zuge der Wirtschaftskrise hat sie im Rahmen eines Stabilisierungspakets vom Bund erweiterte Kompetenzen erhalten.
swissinfo: Momentan stehen die Ausfuhrbranchen im Schatten der Finanzbranche. Alles spricht von G-20 und Banken-Verlusten. Sind Sie froh, nicht im Blickfeld zu sein?
D.K.: Dass die Exportindustrie momentan weniger im Rampenlicht steht, ist weder gut noch schlecht. Aber zur Zeit ist es dringlicher, sich der Finanzbranche anzunehmen und verbindliche Regeln für ihr weiteres Funktionieren zu entwerfen.
Die Exportindustrie hat keine strukturellen Probleme wie der Finanzsektor, sie hat auch nicht gesündigt. Sie leidet einfach unter der schrumpfenden Nachfrage.
Dennoch erhoffe ich mir von diesen in immer kürzeren Abständen stattfindenden Finanzgipfeln, dass die Finanzmärkte nun endlich auf lange Frist stabile Regeln erhalten. Die Exportindustrie ihrerseits hat genügend eigene Probleme unternehmerischer Art, denen sie sich stellen muss.
swissinfo-Interview: Alexander Künzle
Osec ist der offizielle vom Bund mandatierte Aussenwirtschafts-Förderer.
Er betreibt mit den Swiss Business Hubs weltweit das Netzwerk «Business Network Switzerland».
Neben der Exportförderung vereinigt Osec seit 2008 auch die Import- und Investitionsförderung und die nationale Standort-Promotion unter einem gemeinsamen Dach.
Im Herbst 2008 hat der Bundesrat Massnahmen in Finanz- und Aussenwirtschafts-Politik beschlossen und Arbeitsbeschaffungs-Reserven freigegeben(Stabilisierungsprogramm).
Während die Politik die Freihandelsabkommen ausbaut (Seco) und den bilateralen Weg mit der EU weiterführt, unterstützt Osec die Schweizer KMU, damit sie von der Öffnung dieser Märkte im Ausland profitieren und dort mit Geschäftsaktivitäten Fuss fassen können.
2008 zählte die Osec 1351 Mitglieder.
Im Ausland unterhält Osec 16 so genannte Swiss Business Hubs.
Anfang April fand das Forum der Schweizer Aussenwirtschaft in Zürich statt.
An diesem Anlass haben Osec und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) erste Exportförderungs-Massnahmen bekannt gegeben.
Gefördert werden sollen die KMU, denen der Zugang zu den Weltmärkten weiter zu erleichtern ist. Für die Jahre 2009 und 2010 sind dabei zusätzlich je 5 Mio. Franken vorgesehen.
So sollen «Exportplattformen» geschaffen werden. In den vier Bereichen Umwelttechnologie/Energie, Autozulieferer, Infrastruktur und Gesundheit soll das in der Schweiz oft stark fragmentierte und auf Kleinstfirmen verteilte Angebot gebündelt und ins Ausland getragen werden.
2008 überschritten die Schweizerischen Exporte mit 206 Milliarden Franken erstmals die 200-Mrd.-Marke.
1990 hatten sie noch knapp 81 Mrd. betragen.
Seit 1993 wuchsen sie mit Ausnahme der Jahre 2000 und 2003 kontinuierlich.
Auch der Aussenhandelssaldo, der 1990 und 1991 noch negativ ausfiel (Aussenhandels-Defizit), wuchs 2001 von 1,7 Mrd. konstant auf fast 20 Mrd. Franken 2008.
Wichtigster Exporteur war mit 72 Mrd. 2008 die Chemische und Pharma-Industrie.
Wichtigstes Exportland war mit 42 Mrd. Deutschland.
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