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Fernand Carrel: 11. September unterschätzt

Fernand Carrel. Keystone Archive

Fernand Carrel ist der Meinung, dass Europa die Wirkung des Attentats vom 11. September 2001 auf das amerikanische Volk unterschätzt hat.

Fernand Carrel, früherer Kommandant der Schweizer Luftwaffe, ist Präsident der Vereinigung ehemaliger Luftwaffenchefs Europas.

swissinfo: Gibt es gute Gründe für einen Krieg?

Fernand Carrel: Ich denke, wir sind in einem absoluten Morast. Alle Welt ist sich in einem Punkt einig: Das Regime von Saddam Hussein ist kein gutes Regime. Doch in der Art, wie damit umgegangen wird, gibt es enorme Unterschiede.

Was mich stört, ist die Situation, in der wir uns befinden. Es herrschen Missverständnisse, Doppelzüngigkeit und Desinformation. Die Missverständnisse kommen daher, dass jede Partei die andere nur aus der eigenen Sicht heraus wahrnimmt.

Ich denke, wir Europäer haben die immens tiefe Wirkung des Attentats vom 11. September 2001 auf das amerikanische Volk unterschätzt.

Ich fürchte, dass nichts mehr so sein wird wie früher. Alle Machtverhältnisse werden in Frage gestellt.

Wenn der Krieg kurz ist und wenige Opfer zu beklagen sind, besteht die Möglichkeit, dass George W. Bush oder die USA als die grossen Sieger aus diesem Konflikt hervorgehen. Dies hätte zur Konsequenz, dass Europa, welches das Spiel nicht mitgespielt hat, noch mehr geschwächt würde in seinen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen mit den USA.

Doch wenn der Krieg schlecht ausgeht und sich zu einem zweiten Vietnam entwickelt, wäre dies für die USA eine Katastrophe. Auch Europa würde in Mitleidenschaft gezogen – vor allem wirtschaftlich.

Hat die UNO ihre Glaubwürdigkeit verloren?

Dies ist nicht die erste Krise in der Geschichte der UNO. Doch ich denke, diesmal hat sie viel verloren.

Es ist klar, dass diese Wunde lange offen bleiben wird. Präsident Bush wird zudem die öffentliche Meinung in den USA berücksichtigen müssen, die zurzeit sehr gegen die UNO eingestellt ist.

swissinfo-Interview: Chantal Nicolet

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