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Alcopops bei Jungen trotz neuer Steuer beliebt

Der Griff zum süssen Alkoholgetränk wird massiv teurer. Keystone Archive

Eine happige Steuer soll seit 1. Februar die Lust vieler Minderjähriger auf die beliebten alkoholhaltigen Süssgetränke bremsen.

Ob die Rechnung aufgeht, ist jedoch unklar. Viele junge Konsumentinnen und Konsumenten sagen, dass sie die In-Getränke auch künftig kaufen werden, trotz des Mehrpreises.

«Exzessives Trinken ist bei jungen Leuten von heute ein Problem», sagt Liliane Bruggmann, Mitarbeiterin des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und Sekretärin der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen, gegenüber swissinfo.

Verantwortlich für diese Entwicklung sind nicht zuletzt die so genannten Alcopops, Mischgetränke aus hochprozentigem Schnaps und Limonaden oder Fruchtsäften.

Im Jahr 2000, als die Alcopops den Geschmack vieler Kinder und Jugendlicher in der Schweiz zu erobern begannen, gingen 2 Mio. Flaschen über den Laden- oder Beizentisch. Danach legte der Markt massiv zu: 2002 leerten junge Menschen 40 Mio. Flaschen.

Gegensteuer mit höherer Steuer

Im vergangenen Jahr beschloss das Schweizer Parlament deshalb die Steuer auf den trendigen Getränken zu vervierfachen, von 45 Rappen auf 1.80 Franken. Dadurch verteuert sich der Preis für eine Flasche von knapp 3 Dezilitern von 2.50 auf über 4 Franken.

Der politische Entscheid soll helfen, den Boom von Drinks wie Smirnoff Ice, Bacardi Breezer und Vodka Hooch bei Jugendlichen und Kindern abzubremsen. Diese konsumieren in der Schweiz laut BAG einen Viertel aller Alcopops.

Geschmack getroffen

«Alcopops sind sehr süss und haben einen fruchtigen Geschmack, der den Geschmack des Alkohols neutralisiert», erklärt Liliane Bruggmann die Popularität der Mischgetränke. Normalerweise sei es genau dieser Geschmack des Alkohols, der Jugendliche vom Trinken abhalte.

Mit dem Aroma-Schachzug aus dem Labor vermochten die Hersteller quasi den «neuen» Markt der Jugendlichen zu erschliessen. So sind es gerade junge Frauen und Mädchen, welche den süssen Trend aus den kleinen Flaschen mitmachen.

Weiter an der Flasche hängen

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Universität Zürich lässt jedoch Skepsis aufkommen, ob die Regelung über den Preis wirkt. Nicht einmal die Hälfte der Fans werde sich durch die höhere Steuer vom Kauf von Alcopops abhalten lassen, so das Fazit.

«Wir fanden heraus, dass 50% der jungen Konsumenten auf andere alkoholische Mischgetränke, Bier oder Softdrinks umsteigen, wenn die Preise für Alcopops erhöht werden», sagte Thomas Bamert, einer der Autoren der Studie. Die andere Hälfte dagegen wird laut Untersuchung weiter am Konsum von Alcopops festhalten.

Eine kurze Umfrage bei Jugendlichen in der Stadt Bern scheint das Ergebnis der Zürcher Studie zu bestätigen. «Ich werde nicht weniger Alcopops konsumieren», sagte die 18jährige Sonja Bratschi. «Sie sind einfach zu gut und die Steuer ist nicht allzu schlimm.»

Die 17jährige Schülerin Martina Haefeli pflichtet ihr bei: «Es macht mir nichts aus, mehr zu bezahlen. Es könnte zwar schwierig werden, das Geld aufzutreiben, aber ich finde dazu schon einen Weg», so die junge Frau.

Denner schert aus

Aber es sind nicht nur die jungen Konsumenten selber, welche die Hoffnungen der Behörden zu unterlaufen drohen. Einige Schweizer Verkäufer, unter anderem die Detailhandelskette Denner, wollen die Preise für Alcopops gar nicht anheben, zumindest vorerst nicht. Stattdessen wollen sie laut werbewirksamer Ankündigung den Aufschlag aus der eigenen Tasche bezahlen.

«Wir warten erst mal ab und schauen, was passiert, bevor wir die Preise für Alcopops anheben,» sagt Hans Rudolf Brauchbar, Produktmanager bei Denner.

Steuererhöhung begleiten

Liliane Bruggmann weiss, dass höhere Steuern allein nicht ausreichen. Es bedürfe insbesondere schärferer Kontrollen vor allem in Läden und Bars, um Minderjährigen den Zugang zu Alkohol zu erschweren, fordert sie deshalb.

Sie weist ferner darauf hin, dass die Preiserhöhung mit Präventionskampagnen kombiniert werden sollte, beispielsweise in Schulen und Gemeinden.

Gemäss der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme konsumierten 40% der männlichen und 26% der weiblichen Jugendlichen in der Schweiz einmal pro Woche Alkohol. Vor zehn Jahren lag der Anteil noch bei je 10%.

Deutschland: Keine Steuer wegen Opposition

Während in der Schweiz die Opposition gegen die Steuererhöhung auf die süssen Alkoholgetränke ausblieb, erachtet das Ausland die Idee als weniger tauglich, um die Trinksitten junger Menschen zu zügeln.

So dementierte vergangene Woche die Regierung Deutschlands, dass sie eine Preiserhöhung ins Auge gefasst habe. Das Finanzministerium liess verlauten, dass Steuern kein geeignetes Mittel für die Gesundheitspolitik seien.

Zuvor hatte eine deutsche Oppositions-Partei klar gemacht, dass sie jeden Versuch für einen solchen Schritt bekämpfen werde. Das Argument: Höhere Steuern seien der falsche Weg, um junge Menschen vor Alkohol- und Zigarettenkonsum zu schützen.

swissinfo, Karin Kamp
(Übersetzung aus dem Englischen: Renat Künzi)

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