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Flugbeschränkungen könnten Wirtschaft schaden

Die Anflugroute auf Zürich hat bereits zu vielen Konflikten geführt. Keystone

Eine Beschränkung der Flüge am Zürcher Flughafen könnte der Schweizer Wirtschaft schaden, meint der Autor einer Studie über den Flugverkehr.

Bernd Schips, ehemaliger Leiter der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, fordert im Gespräch mit swissinfo einen Ausbau des Transports, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.

Der Ökonom Bernd Schips war von der Flughafenbetreiberin Unique beauftragt worden, die Konsequenzen von Flugbeschränkungen zu beurteilen, nachdem sich Anwohner über die Lärmbelästigung beklagt hatten.

Die Studie steht vor dem Hintergrund der 2004 eingereichten Volksinitiative für eine Festlegung von jährlich 250’000 Flugbewegungen für den Flughafen Zürich. Diese dürfte 2007 zur Volksabstimmung kommen.

Schips warnt in seiner Studie, dass die Entwicklung der Wirtschaft vor lokalen Interessen stehen müsse, wenn die Schweiz im Rennen der globalen Märkte nicht ins Hintertreffen kommen wolle.

swissinfo: Warum sind Sie der Meinung, Flugbeschränkungen in Zürich würden der Wirtschaft schaden?

Bernd Schips: Nettoexporte von Gütern und Dienstleistungen wie auch Direktinvestitionen ins Ausland sind für die Schweizer Wirtschaft sehr wichtig. Ohne ein dauerhaftes Wachstum in diesen Bereichen wird das Bruttoinlandprodukt sinken. Rund ein Drittel aller Exporte gehen durch die Luft.

Wenn man die regionale Verteilung von Direktinvestitionen anschaut, sind die interessanten Regionen Nordamerika, einige Teile Südamerikas und immer mehr auch Asien und Russland. Um diese Regionen zu bedienen, braucht es den Lufttransport.

swissinfo: Um wie viel wird die Nachfrage nach Lufttransport zunehmen?

B.S.: Eine realistische Schätzung geht von einer jährlichen Wachstumsrate zwischen 2,5 und 3,5% aus. Die Zunahme des Lufttransports ist ein Teil der Globalisierung und wird in den nächsten 15 Jahren weiter fortschreiten.

Damit ein kleines, offenes Land wie die Schweiz zu den Gewinnern gehört, ist die einzige Chance der Export von Gütern und Dienstleistungen sowie Direktinvestitionen in aufstrebende Märkte überall auf der Welt.

Wer in Ländern wie Russland, Indien und China Geschäfte machen will, braucht zwingend Flugverbindungen.

swissinfo: Sollte der Flughafen Zürich Kloten expandieren?

B.S.: Das Wachstum des Flughafens ist nicht so wichtig wie das Wachstum der Nachfrage nach Lufttransport. Man muss sich fragen, ob der Flughafen diese Nachfrage befriedigen kann. Wenn nicht, muss expandiert werden.

swissinfo: Besteht die Möglichkeit, die Nachfrage auf andere Flughäfen wie Genf auszulagern?

B.S.: Genf ist nur für den Süden und Westen der Schweiz wichtig. Doch für die gesamte Deutschschweiz ist Zürich die einzige Option. Es ist effizienter, nur einen grossen Flughafen zu haben als zwei oder drei kleinere.

swissinfo: Wie sieht es mit der Opposition wegen Fluglärmbelästigung aus?

B.S.: Man muss die Wahl treffen. Es ist ein Kompromiss zwischen lokalen Bedenken wegen des Lärms und anderer Emissionen einerseits und den Interessen der gesamten Wirtschaft auf der anderen Seite.

Der Wohlstand der Schweiz hängt davon ab, wie gut das Land am Prozess der Globalisierung teilnehmen kann.

swissinfo-Interview: Matthew Allen, Zürich
(Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

Weil seit 2003 weniger Flugzeuge den Flughafen Zürich über den süddeutschen Raum ansteuern dürfen, werden zu gewissen Zeiten mehr Flüge über bewohnte Gebiete um Zürich geleitet.

Eine Volksinitiative verlangt die Beschränkung der Flugbewegungen in Zürich auf jährlich 250’000. Studien erwarten jedoch eine jährliche Zunahme um 2,5 bis 3,5%.

Die Zürcher Behörden schlagen 320’000 Flugbewegungen als Höchstmass vor. Die heute geltenden Regeln sehen keine Limite vor. Der Flughafen hat derzeit eine Kapazität von 350’000 Bewegungen pro Jahr.

2005 verzeichnete der Flughafen Zürich 267’363 Flugbewegungen, 3% mehr als im Vorjahr.
Den Rekord erreichte Zürich 2000 mit 325’000 Bewegungen.
Eine letztjährige Studie im Auftrag des Kantons sagte voraus, dass 2020 die Kapazität von 350’000 Bewegungen erreicht werden dürfte.
Dies könnte pro Jahr Einnahmen von rund 20 Mrd. Fr. generieren und 67’000 Arbeitsstellen schaffen.
Laut der Studie würde eine Beschränkung auf 320’000 Bewegungen die lokale Wirtschaft jährlich rund 2 Mrd. Fr. kosten.

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