Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Der Himmel tut sich wieder auf, aber langsam

Ist Asche in der Luft, steht am Boden alles still: Menschenleerer Flughafen Zürich. swissinfo.ch

Der Himmel über der Schweiz bleibt angesichts der anhaltenden Aschewolke vorerst bis Montag 14 Uhr geschlossen. In Deutschland und Frankreich dagegen haben die Flugsicherungen die Sperrung der Lufträume etwas gelockert.

Aschewolke und kein Ende: In Island speit der Gletschervulkan Eyjafjalla seit Donnerstag unvermindert seine riesige Russ- und Rauchfahne in die Atmosphäre. Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) verlängerte deshalb die Luftraumsperre über der Schweiz, vorerst bis Montag nach dem Mittag.

“Alle Messwerte bestätigen die Existenz der Wolke über der Schweiz”, sagte BAZL-Sprecher Daniel Göring. Und weil die Wetterlage gemäss Prognosen stabil bleibe, “hat das BAZL leider keine andere Wahl gehabt, als aus Sicherheitsgründen die Sperrung des Schweizer Luftraums zu verlängern”.

Bremst Asche Wirtschaft?

An den Flughäfen in Zürich, Basel und Genf lockerte sich die Situation der gestrandeten Passagiere. Weil viele auf die Bahn umstiegen, waren die Züge gefüllt. Auf den grossen Transit-Linien mussten die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) die Züge doppelt führen. Allein am Wochenende informierten sich 11’000 Reisende telefonisch über die eigens eingerichtete SBB-Hotline.

Während ausländische Airlines die Flugverbote kritisierten, akzeptierte die ehemalige Schweizer Fluggesellschaft Swiss die Sperre am Himmel, weil die Sicherheit vorgehe.

Sollte das naturbedingte Grounding aber andauern, warnte BAZL-Chef Peter Müller vor “dramatischen Folgen”. Nicht nur für die Luftfahrt, sondern auch für die gesamte Volkswirtschaft. Gemäss dem Weltflugverband IATA in Genf kostet jeder Tag des Flugverbots allein die Airline-Branche mindestens 200 Mio. Dollar. Laut Experten könnte die Vulkanasche gar den zarten Aufschwung der Wirtschaft einbremsen.

In Deutschland wurde das Flugverbot für sechs Flughäfen teilweise aufgehoben. Von Berlin-Schönefeld, Berlin-Tegel, Erfurt, Leipzig, Hamburg und Hannover wurden Flüge in Richtung Osten erlaubt.

In Frankreich kündigte ein Sprecher die Öffnung der Flughäfen in Bordeaux und Marseille an. Offen bleiben weiter Toulouse, Montpellier oder Biarritz.

Sportwelt durcheinander

Die Himmelssperre über Europa in Partikelform wirbelt auch den internationalen Sportkalender gehörig durcheinander. Und sorgt dafür, dass Fussball-Millionäre für einmal “unstandesgemäss” reisen müssen.

Zu den Halbfinals der Champions League wollen die Teams von Barcelona (nach Mailand) und Lyon (nach München) mittels Busfahrt anreisen, die viele Stunden dauert.

Solches würde für die Motorrad-Piloten keinen Sinn machen. Der für kommenden Sonntag geplante WM-Lauf von Japan in Motegi wurde deshalb auf den 3. Oktober verlegt.

Die Europameisterschaften der Kunstturnerinnen und Kunstturner in Birmingham von nächster Woche können zwar stattfinden, aber in komprimierter Form.

Indien hat seinserseits eine Aufschiebung des Endspiels der Schach- Weltmeisterschaft in Sofia gefordert, da Weltmeister Vishwanathan Anand in Frankfurt festsitzt. Das Endspiel zwischen dem bulgarischen Grossmeister Wesselin Topalow und dem Inder ist für Mittwoch in Bulgariens Hauptstadt Sofia geplant.

Testflüge vs. Erfahrungen aus der Vergangenheit

Bei der teilweisen Freigabe der Luftfahrt haben wohl Testflüge vom Sonntag in den fraglichen Höhen unterhalb von 10’000 Metern beigetragen. Dabei hatten sich laut den Angaben mehrerer Airlines keinerlei Probleme gezeigt, weder mit den Triebwerken noch Frontscheiben der Maschinen.

Die Sperrung des europäischen Luftraums ist keine übervorsichtige Massnahme. Dass eine Aschewolke Abstürze verursachen kann, belegen mehrere Zwischenfälle in der Vergangenheit. So stürzte 1982 eine Boeing 747 der British Airways auf dem Weg von London nach Neuseeland beinahe ab, nachdem die Maschine durch eine Wolke eines indonesischen Vulkans geflogen war.

1989 wäre aus dem gleichen Grund beinahe eine Maschine der holländischen KLM über Alaska abgestürzt. Auch hier konnten die Piloten die Triebwerke wieder starten und notlanden.

swissinfo.ch und Agenturen

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft