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Giesserei in Reconvilier vor dem Aus

In Reconvilier geht der Ofen bald aus. (Bild: Swissmetal) Swissmetal

Die Swissmetal will ihre Giesserei im Berner Jura nun doch aufgeben und die Aktivitäten im solothurnischen Dornach konzentrieren.

In Reconvilier gehen dadurch 35 Stellen verloren. Das Personal verzichtet vorerst auf einen Streik. Die Standort-Bündelung soll dem Konzern jährliche Ersparnisse von 5 Mio. Franken einbringen.

Nach wochenlangen Spekulationen über eine Stilllegung der Giesserei in Reconvilier und deren Transfer nach Dornach hatte Swissmetal vergangene Woche erklärt, der Entscheid sei noch nicht gefallen.

Allerdings kritisierte das Unternehmen wenige Tage später, von Politik und Gewerkschaften unter “unakzeptablen Druck” gesetzt worden zu sein. Schneller als erwartet, aber wie von den Gewerkschaften befürchtet, machte nun Dornach das Rennen.

Schlechte Auslastung

Die Zentralisierung der Warmverformung in Dornach sei technisch und ökonomisch die beste Lösung, sagte nun Sam Furrer, Sprecher und Leiter der Swissmetal-Personalabteilung, am Montag. Der Entscheid sei “mit aller Sorgfalt” und unvoreingenommen gefällt worden.

Die beiden Giessereien seien derzeit schlecht ausgelastet, gab Furrer zu bedenken. “Eine stillgelegte Giesserei braucht immer noch Energie, denn sie muss heiss gehalten werden”, sagte er.

Es sei sinnvoller, nur eine, dafür eine gut ausgelastete Giesserei zu haben. Dabei würden sich zwar etwas höhere Transportkosten ergeben. Eine Giesserei für zwei Werke sei jedoch “keine Hexerei”.

Kantone sollen zahlen

Definitiv ist der Entscheid jedoch noch nicht ganz. Man könne von dem Konzept abrücken, aber das koste Geld, sagte Furrer an die Adresse der beiden Standortkantone, ohne Einzelheiten nennen zu wollen.

Bisher haben die Vertreter der Regierungen der Kantone Solothurn und Bern noch nicht auf die Ankündigungen von Swissmetal reagiert.

Kündigungen

Allein die Zusammenlegung der Giessereien sollen Swissmetal Einsparungen von 5 Mio. Franken pro Jahr bringen. Dadurch gehen aber auch 35 Stellen verloren.

Insgesamt will Swissmetal in den nächsten fünf Jahren 150 von 750 Stellen abbauen, 80 davon in Reconvilier.

Kündigungen könnten nicht ausgeschlossen werden, sagte Furrer weiter. Der Stellenabbau solle aber so sozialverträglich wie möglich erfolgen.

Standorte bestätigt

“Trotz des Abzugs der Giesserei spielt der Standort Reconvilier in unserem neuen Industriekonzept eine entscheidende Rolle”, so Furrer. Swissmetal will im Berner Jura mit Investitionen von 25 Mio. Franken ein Kompetenzzentrum für Drähte und Stangen aufbauen.

Die ganze Restrukturierung soll das Budget jährlich um 14 Mio. Franken entlasten.

Ziviler Ungehorsam statt Streik

Auf Kritik stösst das neue Konzept bei den Gewerkschaften. Bruno Schmucki von der Unia bezeichnete es auf Anfrage als “Hals-über-Kopf-Strategie”. Die Informationspolitik von Swissmetal fördere das Vertrauen der Belegschaft nicht.

Zu einem Streik kommt es in Reconvilier allerdings vorerst nicht. An einer ausserordentlichen Personalversammlung vom Montagmorgen beschlossen die 300 anwesenden Angestellten jedoch, zivilen Ungehorsam auszuüben. Dazu zählten möglicherweise Arbeitsniederlegungen in gewissen Sparten.

Verhärtete Fronten

Vor rund einem Jahr hatten die Beschäftigten des Swissmetal-Werkes in Reconvilier während zehn Tagen gestreikt und unter anderem die Absetzung von Konzernchef Martin Hellweg verlangt.

Der Arbeitskonflikt wurde erst nach Vermittlung der Berner Volkswirtschaftsdirektorin Elisabeth Zölch beendet. Swissmetal verpflichtete sich, am Standort Reconvilier zu investieren.

Nach Angaben der Unia müssen an beiden Standorten intakte Produktionsketten inklusive Giessereien weitergeführt werden.

Eine Zusammenlegung der Giessereien hätte nicht nur die teure Verlagerung von Schmelzöfen und Maschinen zur Folge, sondern würde grosse Kosten für die Sanierung der Gelände nach sich ziehen.

Das Klima zwischen Swissmetal und der Unia ist noch immer vergiftet. Swissmetal-Präsident J. Friedrich Sauerländer warf der Unia an einer Medienkonferenz letzte Woche Manipulation und fehlende Kooperation vor. Die Gewerkschaft benutze den Standort Reconvilier, um sich selber zu profilieren, sagte er.

swissinfo und Agenturen

Swissmetal in den ersten 9 Monaten 2005:
Umsatzrückgang um 5% auf 147,4 Mio. Franken.
Gewinn vor Steuern (EBIT) schrumpft um die Hälfte auf 2,6 Mio. Franken.
Swissmetal leidet an Überkapazitäten bei Standard-Produkten.
Auch die gestiegenen Preise des Rohstoffs Kupfer machen der Gruppe zu schaffen.

Swissmetal hat einen Fünfjahres-Plan erarbeitet, der auf der Konzentration der Aktivitäten in Reconvilier und in Dornach basiert.

Der Standort in Dornach soll zum Kompetenzzentrum für Warmverformung und derjenige in Reconvilier zum Zentrum für hochwertige Drähte und Stangen werden.

Die neue Strategie kostet insgesamt 150 von 750 Stellen.

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