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Haut aus Zellen von totem Fötus für Brandopfer

Das neue Verfahren könnte die Heilung von Brandwunden vereinfachen. Keystone

In Lausanne wurden acht Kinder mit schweren Brandverletzungen mit Hautstücken behandelt, die auf Zellen eines toten Fötus gezüchtet wurden.

Dieses neue Verfahren könnte laut den Forschern des Universitätsspitals Lausanne eine Alternative zur Transplantation von Eigenhaut sein.

Acht Kindern mit Hautverbrennungen ist im Universitätsspital Lausanne (CHUV) Gewebe übertragen worden, das auf den Zellen eines 14 Wochen alten, tot geborenen Fötus gezüchtet wurde. Die Mutter hatte nach einer spontanen Fehlgeburt der Zell-Entnahme zugestimmt.

Innerhalb von zwei Wochen sei die Genesung der verletzten Kinder weit fortgeschritten, berichtet das zuständige medizinische Team des CHUV in der Medizin-Fachzeitschrift “The Lancet”. Die Eingriffe wurden von einem Team um Professor Patrick Hohlfeld vom CHUV vorgenommen.

Aus einer Gewebeprobe des tot geborenen Kindes haben die Forscher eine so genannte Hautgewebe-Bank produziert. “Die Zellen haben sich in einer Nährlösung vermehrt. Das tun sie schnell”, erklärte Hohlfeld gegenüber swissinfo.

Klima für Regeneration

Das Gewebe wurde auf die Brandwunden der Kinder transplantiert. Der Verband und die Bandagen wurden während drei Wochen alle drei bis vier Tage gewechselt. In der zweiten Woche der Behandlung waren die Verletzungen der Kinder bereits verheilt.

“Normalerweise hätten alle diese Kinder Hauttransplantationen nötig gehabt”, sagte Hohlfeld. “Durch den Kontakt zwischen der Verbrennung und der Haut aus dem fötalen Zellen entstand ein Klima, in dem sich die eigene Haut schnell selber regenerieren konnte.”

Keinem der acht kleinen Patienten musste nach den drei Wochen eigene Haut eingesetzt werden.

Kritische Kommentare

Das neue Verfahren aus Lausanne stösst auf grosses Interesse. Es wurden aber bereits kritische Stimmen laut. So sagte ein britischer Chirurge gegenüber BBC, dass sich Verbrennungen zweiten Grades oft selber regenerieren würden. Vielleicht sei die Heilung natürlich erfolgt und die Transplantation gar nicht notwendig gewesen.

“Es ist klar, dass das Experiment wiederholt werden muss”, sagt Hohlfeld. “Gegenwärtig ist es nur ein Pilotprojekt.” Versuche müssten auch mit erwachsenen Brandopfern durchgeführt werden.

Die Kinder wurden in Lausanne behandelt, weil das CHUV ein Zentrum für Verbrennungen von Kindern betreibt. Deren Haut regeneriert besser als jene von Erwachsenen.

Brandverletzungen schwierig zu behandeln

Die neue Methode könnte helfen, Versorgungsprobleme zu lösen, welche bei der Behandlung mit Hauttransplantationen auftreten. Die heutige Standardtechnik zur Wiederherstellung von verletzter und stark verbrannter Haut besteht darin, gesunde Haut vom Körper des Patienten auf die verletzte Stelle zu verpflanzen. Dies führt aber oft zu Narben.

Brandverletzungen werden in drei Grade eingeteilt: Der erste Grad entspricht einem Sonnenbrand und braucht in den seltensten Fällen medizinische Pflege. Verbrennungen zweiten Grades bilden Blasen.

Bei Verbrennungen dritten Grades ist die Haut verkohlt. Wenn 80 Prozent der Körperoberfläche im zweiten oder dritten Grad verbrannt sind, besteht auch bei intensiver Pflege wenig Chance zum Überleben.

swissinfo und Agenturen

Aus Zellen eines toten Fötus haben Forscher in Lausanne mehrere Gewebestücke gezüchtet und Verbrennungen von acht Kindern behandelt.

Schon zwei Wochen nach der Transplantation waren die Verbrennungen verheilt.

Sollte sich diese Technik durchsetzen, könnte sie dazu beitragen, Probleme bei Transplantationen mit Eigenhaut zu lösen.

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