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Hitler-Gegner im Tessin sammelten für Putschfonds

Gegner von Adolf Hitler haben im Zweiten Weltkrieg einen millionenschweren "Putschfonds" im Tessin geäufnet. Das geht aus Akten des Bundesarchivs hervor, die am Samstag (06.05.) in der "Tessiner Zeitung" publik gemacht wurden.

Das Geld wurde von einer Verschwörergruppe um den deutschen Abwehrchef Admiral Wilhelm Canaris in die Schweiz geschafft. Canaris war bereits vor wenigen Tagen in die Schlagzeilen geraten. Er soll nach Medienberichten Hitler belogen und so die Schweiz vor einem Überfall durch die Wehrmacht bewahrt haben.

Die Episode um den ‘Putschfonds’ stützt sich auf Akten des Bundesarchivs, in die auch die Nachrichtenagentur sda Einsicht nehmen konnte. Die Verschwörergruppe um Canaris zweigte mindestens 2,95 Millionen Franken damaliger Währung aus Hitlers Reichskasse ab. Offenbar handelte es sich um Gelder, die eigentlich für deutsche Spione im Ausland bestimmt waren. Die Verschwörer liessen das Geld von diplomatischen Kurieren in die Schweiz schmuggeln.

Millionenschatz bei Privatbankier

Den Millionenschatz deponierten sie beim Asconeser Kunstsammler und Privatbankier Eduard von der Heydt (1882-1964), der schon vor dem Krieg Schweizer geworden war. Von der Heydt pflegte beste Beziehungen zum Nazi-Reich; eine ganze Reihe von deutschen Spionen im Ausland erhielten ihren Lohn von ihm.

Dass er auch einen Fonds für umstürzlerische Aktivitäten verwaltete, war von der Heydt selbst nicht bekannt. Das Geld überbrachten ihm Kuriere zwischen Herbst 1941 und Anfang 1942. Dann schöpfte das Oberkommando der Wehrmacht Verdacht und verlangte die Millionen zurück. Anfang 1943 war das gesamte Geld wieder im Nazi-Reich.

Admiral Canaris wurde in Zusammenhang mit dem Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 verhaftet. Am 9. April 1945, kurz vor Kriegsende, wurde er im KZ Flossenbürg gehängt.

Ermittlungen der Schweizer Militärjustiz

Baron von der Heydt wurde 1946 von der Schweizer Militärjustiz wegen des Verdachts verhaftet, die Spionagetätigkeit eines fremden Staates unterstützt zu haben. Bei den Ermittlungen stiess der ausserordentliche Untersuchungsrichter auch auf den ‘Putschfonds’; die entsprechenden Akten finden sich heute im Bundesarchiv.

Der Baron gab gegenüber der Militärjustiz an, er habe nicht gewusst, dass Geldüberweisungen von ihm an deutsche Agenten gegangen seien. Das Divisionsgericht schenkte ihm Glauben und sprach ihn 1948 frei.

Von der Heydt schuf sich danach als grosszügiger Gönner und Förderer des Tourismus in Ascona einen Namen. Sein Hotel auf dem Monte Verità, wo sich seit Beginn des Jahrhunderts bedeutende Persönlichkeiten trafen, schenkte er dem Kanton Tessin.

swissinfo und Agenturen

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