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Holz- und Waldwirtschaft im Aufwind

Der Genfer Benoit Breton ist der erste Vollzeit-Holzfäller und -schlepper in der Schweiz. Keystone

Weil die weltweite Nachfrage nach Holz und Holzprodukten zugenommen hat, steigt die Bedeutung der Schweizer Waldwirtschaft.

Dabei wird der Schweizer Wald, der sich gerade in Berggebieten ausdehnt, wirtschaftlich noch zu wenig genutzt.

Verschiedene Gründe haben in den vergangenen Monaten zu einer weltweit steigenden Holznachfrage beigetragen. Um Nadelstammholz als Sägereirohstoff habe in Mitteleuropa ein eigentliches Rennen eingesetzt, sagt Max Binder, Nationalrat und Präsident von Waldwirtschaft Schweiz.

Dieses Holz werde sowohl als Brennstoff wie auch in der Baubranche eingesetzt und erlebe einen veritablen Boom. Die Schweizer Waldwirtschaft müsse ihre Strukturen aber weiterentwickeln und ihre Produktivität weiter erhöhen, wolle sie am Schwung im Markt voll teilhaben, sagte Binder.

Diese Entwicklung sei denn auch im Gang. So seien mit den Sägewerk-Projekten in Domat/Ems, Luterbach und anderswo beträchtliche Investitionen in die holzverarbeitende Industrie getätigt worden.

Auch mit den neuen Werken und den Kapazitätserweiterungen bei den bestehenden Werken werde die Holzbeschaffung für die holzverarbeitenden Betriebe möglich sein, sagte Binder weiter.

Starke Konkurrenz

Den Aufwärtstrend bestätigt auch Markus Moser, Westschweizer Direktor von Lignum, dem Verband Holzwirtschaft Schweiz. Mit verantwortlich für das wachsende Interesse am Holz sei auch der steigende Erdölpreis. Moser fände es aber schade, den “noblen” Stoff Holz lediglich zur Gewinnung von Energie, also Wärme, zu nutzen.

“Im Bereich Hausbau ist die Entwicklung dank innovativer Technologie und geänderten Reglementen im Bereich des Feuerschutzes stark fortgeschritten”, sagt Moser.

Holz sei in der Schweiz in grosser Menge vorhanden, und es sei auch wettbewerbsfähig. “Aber die internationale Konkurrenz ist hart, denn die Schweiz kann mit den nordeuropäischen Ländern mit ihren ausgedehnten Baum-Monokulturen kaum mithalten.” Diese ermöglichten tiefere Margen, und in der Schweiz kämen die traditionell starken Umweltbewegungen erschwerend hinzu.

20-jährige Krise

“Die seit mehreren Jahren anhaltenden Restrukturierungen zeigen allmählich Früchte”, sagt Elisabeth Graf. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat 2005 die Studie “Die Zukunft der Schweizer Wälder” (nur auf französisch erhältlich) verfasst.

Darin erklärt sie, dass sich die Schere zwischen Kosten und Umsätzen seit Ende der 1980er-Jahre geöffnet habe, wofür sie mehrere Faktoren aufführt: Tiefe Holzpreise, hohe Kosten (Löhne, grosse Parzellisierung des Waldbesitzes, schwieriges Gelände etc), hoher administrativer Aufwand sowie sinkende Subventionen infolge Budgetkürzungen des Bundes.

Dazu kommen noch die Folgen der Stürme Vivian (1990) und Lothar (1999), die grosse Dürre vom Sommer 2003 sowie der teilweise ausgedehnte Befall der Bäume durch den Borkenkäfer.

Ein “multifunktionaler” Wald

“Seit den 1960er-Jahren sind die Ansprüche an den Schweizer Wald stetig gestiegen”, sagt Christian Küchli vom Bundesamt für Umwelt (BAFU). Der Wald hat einerseits Schutzfunktion gegen Lawinen, Erdrutsche und Bodenerosion.

Andererseits ist er als “grüne Lunge” Erholungsgebiet für Menschen und dient als “Reinigungsanlage” für Trinkwasser. Der Wald ist auch sehr wichtig für die Erhaltung der Artenvielfalt (Biodiversität).

Die Gesundheit des Waldes müsse deshalb genau im Auge behalten werden, mahnt Küchli. Besonders steige das Risiko, dass Stickstoff aus der Atmosphäre ins Grundwasser gelangen könne.

Unternutzt

Die Bewirtschaftung der Wälder ist durch das eidgenössische Forstgesetz von 1991 geregelt, dessen Umsetzung bei den Kantonen liegt. Es sieht eine nachhaltige Nutzung des Waldes vor.

Gemäss den Bundesbehörden trug die Waldwirtschaft 2001 über 7,6 Mrd. Franken oder 1,8% zum Bruttoinland-Produkt (BIP) der Schweiz bei.

Der Handlungsbedarf wird auch durch folgende Zahlen aufgezeigt: Statt der acht Mio. Kubikmeter Holz wurden im Jahr 2005 nur deren 5,2 Mio. genutzt. Dabei hat die Fläche des Waldes insgesamt zugenommen.

Mit anderen Zahlen ausgedrückt: 2004 exportierte die Schweiz Holz im Wert von 3,75 Mrd. Franken, führte aber solches für knapp sechs Milliarden ein.

swissinfo, Mathias Froidevaux
(Übertragung aus dem Französischen: Renat Künzi)

Der Schweizer Wald belegt eine Fläche von 1,2 Mio. Hektaren, was rund einem Drittel des Landes entspricht.
Jedes Jahr dehnt sich der Wald um 50 Quadratkilometer oder die Fläche des Thunersees aus, dies vorwiegend in den Voralpen, Alpen und dem Tessin.
Drei Viertel der Wälder sind im Besitz öffentlicher Körperschaften (73%), der Rest gehört Privaten.
Die Waldwirtschaft beschäftigt in der Schweiz 7300 Personen, in der Holzwirtschaft sind 72’000 Menschen tätig.

Die ersten Schweizer Forstgesetze gab es in den Jahren 1876 und 1902. Dasjenige von 1991 skizziert die groben Leitlinien der Waldpolitik. Die Umsetzung liegt bei den Kantonen.

Der Bundesrat hat am 29. Juni 2005 eine Teilrevision des Waldgesetzes in die Vernehmlassung geschickt.

Im Oktober 2005 reichten Umweltschutzkreise eine Initiative für einen besseren Schutz des Waldes ein.

Auf internationaler Ebene hat sich die Schweiz 1991 am Umweltgipfel in Rio für eine nachhaltige Nutzung der Wälder eingesetzt.

2005 trug die Waldwirtschaft 7,6 Mrd. Franken oder 1,8% zum Bruttoinland-Produkt (BIP) bei.

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