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Invalidenversicherung als “Abschiebestelle”

Im Jahr 2002 hat die Invalidenversicherung (IV) 10 Mrd. Franken an Renten und Massnahmen ausgerichtet. Das Defizit der IV beträgt 1,2 Mrd. Franken.

Zwischen 1992 und 2002 erhöhte sich die Zahl der IV-Rentenbezüger um fast 50% auf 465’000 Personen.

Die Invalidenversicherung (IV) ist in den letzten Monaten vermehrt in den Fokus der Diskussion um das Sozialversicherungs-Netz gerückt. Die neuesten Zahlen des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) für 2002 zeigen die starke Zunahme der IV-Bezüge. Eine IV-Rente erhalten jene Personen, die keine Berufstätigkeit mehr ausüben können.

Etwa 7,6 % der versicherten Bevölkerung beanspruchte IV-Leistungen, meist Renten. Die IV-Rentnerzahl hat sich seit 1992 verdoppelt, die der IV-Leistungsbezüger (Leistungen und/oder Renten) um einen Drittel erhöht.

Inoffizielles letztes Auffangnetz



Das BSV schreibt dazu, dass diese Zunahme weder durch die Alterung der Bevölkerung noch durch die schwache Konjunktur allein erklärt werden könne.

Seit einiger Zeit herrscht in der Öffentlichkeit der Verdacht, dass die IV als eine Art letztes soziales Netz genutzt (gewisse politische Kreise sagen ausgenutzt) wird, damit die Fürsorge nicht einschreiten muss. Etwa jeder fünfte Mann nimmt, wenn er kurz vor der Pensionierung steht, noch eine IV-Rente in Anspruch.

Personalabbau über Invalidenversicherung

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) schreibt dazu, dass zum Beispiel der Ruf nach dem “Rentenalter 67” bei schlechtem Arbeitsmarkt bedeute, dass Zehntausende von Älteren in die Invalidenversicherung abgeschoben würden.

Ein ähnlicher Vorwurf kommt aus dem entgegengesetzten politischen Lager: Der Zürcher Nationalrat Christoph Blocher, der starke Mann der Schweizerischen Volks-Partei (SVP), hatte im Juni die IV-Diskussion ins Rollen gebracht mit dem Argument der “Scheininvaliden”. Dabei warf er auch gewissen Arbeitgebern vor, ihren Personalabbau über die Invalidenversicherung zu lösen.

Jetzt soll bei der kommenden IV-Revision über die Möglichkeit entschieden werden, zeitlich beschränkte Renten einzuführen.

swissinfo, Alexander Künzle

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