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Junge üben den guten Sport

Die Jugendlichen freuen sich im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen auf die kommenden Tage. swissinfo.ch

Vom 13. bis 27. August findet in der Schweiz das Jugendcamp "Play for Peace" statt. 200 Jugendliche sollen die sozialen Werte von Spiel und Sport erfahren.

Das Camp ist der Schweizer Beitrag zum UNO-Jahr des Sports und der Sporterziehung.

Im Kinderdorf Pestalozzi im appenzellischen Trogen, wo seit 50 Jahren Kinder aus verschiedenen Kulturen friedlich zusammenleben, wehte am Samstag ein Hauch von Olympia. Junge Sportlerinnen und Sportler verschiedener Nationen zogen in die Arena auf der grünen Wiese ein, es wurde getanzt, musiziert und zum Schluss eine Friedensflamme entzündet.

“Ihr werdet hier neue Fähigkeiten entdecken und diese weiterentwickeln können”, rief Bundespräsident Samuel Schmid den Jugendlichen zu und eröffnete damit das erste interkulturelle Jugendcamp “Play for Peace”.

Sport als Lebensschule

Rund 200 vorwiegend sozial schwach gestellte Kinder und Jugendliche aus den benachteiligten Gebieten der Welt nehmen an “Play for Peace” teil.

Getragen wird das zweiwöchige Jugendcamp von Adolf Ogi, UNO-Sonderberater für Sport und im Dienst von Entwicklung und Frieden, von der Stiftung Kinderdorf Pestalozzi und der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).

Spiel und Sport seien eine Lebensschule, ein Brückenbauer und Friedensförderer. “Der Sport ist eine wirkungsvolle und kostengünstige Waffe im Kampf um eine bessere Welt”, sagte Adolf Ogi.

So wird im Jugendcamp thematisch und spielerisch “im Kleinen gezeigt, was im Grossen möglich ist”, wie die Organisatoren sagen.

Pedro aus Guatemala

Was bedeutet das aber nun konkret, beispielsweise für den 15-jährigen Pedro aus Guatemala, der in Trogen weilt? Er gehört zum indianischen Teil der Bevölkerung und spricht ein regionales, indianisches Idiom. Spanisch kann er nur schlecht. Damit ist er in seinem Heimatland stark benachteiligt. Ohne Bildung droht ihm ein Leben auf der Strasse. Doch Pedro hatte insofern Glück, dass er bei “Right to Play”, einer weltweiten, von Athleten getragenen, internationalen humanitären Organisation, Zuflucht fand.

Und weil Pedro ein engagierter Jugendlicher ist, wurde er vor Ort – zusammen mit einigen Kolleginnen und Kollegen – ausgewählt, um am Jungendcamp in Trogen teilzunehmen. Nach dem Camp soll er seine Erfahrungen zu Hause in seinen Freundes- und Bekanntenkreis tragen.

“Um den Kulturschock zu mildern und um Sinn und Zweck der Schweizreise zu erläutern, wurden sämtliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer, auch Perdo, in ihren Heimatländern individuell auf das zweiwöchige Jugendcamp vorbereitet”, erklärte Projektleiter Sandro Guiliani gegenüber swissinfo.

Workshops

In Trogen ist für Pedro doch alles etwas anders, als er sich das vorgestellt hat. Jeden Morgen um sieben wird gefrühstückt. Um neun treffen sich die Jugendlichen zum “Morning Glory”, einem gemeinsamen Spiel. Anschliessend steht für die eine Hälfte des Lagers der Spiel- und Sportworkshop auf dem Plan. Die anderen widmen sich spezifischen Themen. Am Nachmittag wechseln sie sich ab.

Auf dem Plan von Pedro steht zuerst der ICH-Workshop. Da wird er sich, unter kundiger Leitung von Pädagogen, mit sich selber und seiner Herkunft, seiner Kultur, auseinandersetzen. Im DU- und WIR-Workshop soll er dann seine Werte auch in Bezug auf andere Menschen und Kulturen reflektieren lernen.

Später, im Spiel- und Sportworkshop, wird Pedro dann sowohl traditionelle als auch New-Games kennen lernen. Dafür haben die Kinder der verschiedenen Nationen ein Traditionelles aus ihrem Heimatland mitgebracht. Die Jugendlichen aus den USA z.B. wollen ein über hundert Jahre altes Frisbee-Spiel vorstellen.

Sport und Spass

In den zwei Wochen stehen das Spielerische, das Völker-Verbindende und der interkulturelle Dialog im Vordergrund. Die Jugendlichen sollen lernen, was Fairplay, Teamwork, Disziplin sowie Chancengleichheit heisst und was Führung, Mitgefühl und Mut bedeuten.

Sandro Guiliani: “Wichtig ist auch zu akzeptiern, dass während des Spiels die Regeln nicht geändert werden.” Ins Leben übersetzt heisse das, wer für vier Jahre gewählt ist, darf sich nicht während seiner Amtszeit zum Präsidenten auf Lebenszeit ernennen.

Auch Spass sollen Pedro und seine Mitspielerinnen und –spieler haben, das ist den Organisatoren wichtig. Zudem kommen zahlreiche ehemalige und aktuelle Spitzensportler zu Besuch und arbeiten in den Workshops mit. Höhepunkt wird der gemeinsame Besuch des Leichtathletik-Meetings “Weltklasse in Zürich” sein.

Die beiden Seiten der Medaille

Doch wird der Sport in Trogen nicht idealisiert? Sport ist doch auch Kampf, Sieg über den Gegner um jeden Preis, notfalls auch durch Doping. Massenschlägereien in Eishockespielen. Grosse Geldinteressen und tobende Trainer, wenn die Schützlinge nicht gewonnen haben. Magersucht und Alkoholprobleme bei Sportlerinnen und Sportlern. Teil-Invalidität nach der aktiven Zeit. Auch ist nach einem Fussballspiel schon Krieg ausgebrochen.

Der Sport lasse sich mit einem Messer vergleichen, meint DEZA-Direktor Walter Fust gegenüber swissinfo. “Wir können damit Brot schneiden und verteilen. Aber wir können auch schlimme Dinge damit tun.”

Laut Sandro Guilinai werden all diese Aspekte des Spitzensportes in Trogen nicht verschwiegen. “Gewinnen und Verlieren muss man lernen. Auch die eigenen Grenzen erkennen”, sagt er.

Doch hier im Jugendcamp soll das Positive des Sportes herausgestrichen werden, denn die Erfahrung zeige, dass der interkulturelle Austausch durch Spiel und Sport dann wirke, wenn er, wie hier Trogen, thematisch und pädagogisch begleitet werde.

So wissen denn alle Verantwortlichen des Jugendcamps, dass am 27. August die Welt nicht besser sein wird, als sie es vorher war. Doch hoffen alle, dass die Samen, die sie in Trogen ausstreuen, irgendwo spriessen und Früchte tragen.

swissinfo, Urs Maurer, Trogen

“Play für Peace” ist der Schweizer Beitrag des UNO-Jahres des Sportes und der Sporterziehung.

Das Jugendcamp im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen findet vom 13. bis 27. August statt.

Es nehmen rund 200 Jugendliche aus überwiegend benachteiligten Gebieten der Welt statt.

Ziel der Veranstaltung: Über Sport Werte wie Toleranz, Dialog und Respekt für ein friedliches Zusammenleben entwickeln.

Das Jugendcamp “Play für Peace” hat ein Budget von 900’000 Franken.

Die Jugendlichen kommen aus: Holland, Deutschland, USA, Schweiz, Serbien und Montenegro, Palästina, Israel, Äthiopien, Südafrika, El Salvador, Guatemala, Honduras, Brasilien, Kolumbien, Indonesien, Sri Lanka.

Prominente des Sportes werden am Jugendcamp teilnehmen: Martina Hingis, Köbi Kuhn, Bernhard Russi, Pirmin Zurbriggen, Marcel Fischer, Simon Amman oder Wilson Kipketer.

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