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Kantone sollen über Abschuss von Luchsen und Wölfen entscheiden

Jung-Luchs "Tito" - er wurde nicht abgeschossen sondern Opfer eines Unfalls. Keystone

Die Kantone sollen künftig selbst über den Abschuss von "schadenstiftenden" Luchsen und Wölfen entscheiden können. Der Bund ist damit bereit, eine zentrale Forderung im Streit um die Luchsansiedlung in der Ostschweiz zu erfüllen.

Damit dürften bereits im Frühling 2001 die ersten Luchse in den Wäldern der Ostschweiz leben.

Der Entscheid über den Abschuss der geschützten Grossraubtiere Luchs, Wolf und Bär lag bis jetzt beim Bund. Im Ringen um die Ansiedlung von Luchsen aus den Nordwestalpen in die Ostschweiz forderten die betroffenen Kantone Zürich, St.Gallen, Thurgau und beider Appenzell, dass sie selbst Tiere zum Abschuss frei geben können.

Dieser Forderung ist das Eidgenössische Departement für Umwelt,Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) nun nachgekommen und hat eine entsprechende Änderung der Jagdverordnung in die Vernehmlassung gegeben, wie das UVEK am Freitag (11.08.) mitteilte. Die Delegation der Abschusskompetenz soll versuchsweise bis Dezember 2002 gelten.

Bund behält Oberaufsicht

Bis zum Ablauf dieser Frist soll das Jagdgesetz abgeändert werden, damit die Kantone diese Kompetenzen definitiv erhalten. Der Bund behält aber die Oberaufsicht und erlässt die Richtlinien für das Management der Grossraubtiere und für den Abschuss eines Tiers.

So darf ein Tier nur getötet werden, wenn es im lokalen oder regionalen Rahmen untragbare Schäden an Nutztieren anrichtet oder eine bedrohte Tierart noch zusätzlich gefährdet.

Alle strittigen Punkte in Bezug auf die Ansiedlung des Luchses in der Ostschweiz seien nun beigelegt, sagte Willy Geiger, Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), am Freitag auf Anfrage. Einziges Hindernis ist noch ein Postulat, das dem St.Galler Parlament vorliegt und frühestens im kommenden November behandelt werden kann.

Der Bund leistet einen Beitrag von 80 Prozent an die Entschädigungszahlungen für Schäden, welche durch Luchse, Wölfe oder Bären verursacht wurden, wie das UVEK weiter schreibt.

An Schäden von Bibern, Fischottern oder Adlern zahlt er 50 Prozent. Der Rest wird von den Kantonen übernommen. Die regionalen Massnahmen zur Verhinderung von Schäden werden vom Bund gefördert. So finanziert er beispielsweise Hirten, Herdenschutzhunde oder Schutzhalsbänder.

Rund 100 Luchse in der Schweiz

Die Umsiedlung von Luchsen aus den Nordwestalpen in die Ostschweiz ist geplant, weil die rund 60 erwachsenen Luchse die natürlichen und künstlichen Barrieren gegen den Osten nicht selbst überwinden können. Aktiv angesiedelt werden sollen fünf bis zehn Tiere. Der Beginn der Aktion ist für den kommenden Winter geplant.

Nach Angaben des UVEK lebt der Luchs seit bald dreissig Jahren wieder in der Schweiz. Die aktuelle Population wird auf rund 100 erwachsene Tiere geschätzt.

In letzter Zeit sind wiederholt auch Wölfe aus Italien in die Schweiz eingewandert. Zurzeit halten sich vermutlich ein bis zwei junge Wölfe im Wallis auf.

Der Braunbär schliesslich wurde in der Schweiz zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgerottet. In Trentino in Italien, 50 Kilometer vom Schweizerischen Nationalpark entfernt, ist ein Projekt zur Wiederansiedlung des Bären in Gang. Sollte es gelingen, wird der Braunbär gemäss UVEK früher oder später auch in der Schweiz wieder auftauchen.

Bekanntester Luchs “Tito” ist tot

Der bekannteste Luchs der Schweiz, “Tito”, ist im Berner Oberland tödlich verunfallt. Ob das zweijährige Tier abstürzte oder von einem Auto überfahren wurde, konnte nicht abschliessend geklärt werden. Zehntausende Tierfreunde hatten das Leben “Titos” seit Monaten auf dem Internet mitverfolgt.

Die Nachricht vom Tod “Titos” verbreitete am Donnerstag die Organisation Pro Natura, die seit Anfang Jahr im Internet regelmässig Informationen über den umtriebigen Jungluchs lieferte.

Im Kanton Bern sind dieses Jahr bereits fünf Luchse gewildert worden. Im Juni wurde vom Weibchen “Jule” im Simmental nur noch das durchgeschnittene Senderhalsband gefunden.

Mitte Februar erhielt der Berner Jagdinspektor vier abgehackte Luchspfoten mit der Post. Im gleichen Monat wurden im Waadt drei mit Schlafmittel vergiftete Luchse gefunden. Pro Natura setzte 5’000 Franken Belohnung für Hinweise aus.

WWF droht mit Beschwerden gegen Abschussbewilligungen

Der WWF Schweiz will bei allzu leichtfertig erteilten Bewilligungen für den Abschuss von Luchsen und Wölfen Beschwerde einreichen. Nachdem der Bund die Abschusskompetenz an die Kantone übertragen habe, könnten diese nun beweisen, dass ihnen der Schutz der Grossraubtiere ein Anliegen sei, teilte die Organisation am Freitag mit. Der WWF erwarte, dass die Richtlinien des Bundes umgesetzt würden. Wie die Organisation weiter schreibt, muss sich an der bisherigen Sorglosigkeit der Schafhaltung in der Schweiz einiges ändern. Deshalb setzte sich der WWF Schweiz konsequent für Schutzmassnahmen für Schafe ein.

swissinfo und Agenturen

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