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Kein Geld mehr für die Swiss

Im Bundeshaus wurde die Swiss-Medienkonferenz genau beobachtet - und der Oneworld-Entscheid begrüsst. Keystone

Mit dem Allianzbeitritt zu Oneworld hat die Swiss am Dienstag ein grosses Problem gelöst. Offen bleiben aber Umfang und Finanzierung der benötigten Liquiditätsreserve.

Sicher ist: Vom Bund fliesst kein Geld mehr.

Der Verwaltungsrat der Swiss entschied, der Oneworld Alliance um British Airways (BA) beizutreten. Die beiden Gesellschaften unterzeichneten zudem eine Absichterklärung, welche sie in eine strategische Allianz führen soll.

Bundesrat Moritz Leuenberger hat sich “sehr befriedigt” gezeigt über die Allianz der Swiss mit BA. Aber auch mit der Einbindung in die Oneworld-Allianz seien angesichts der Probleme in der internationalen Luftfahrt weiterhin wirtschaftliche Turbulenzen zu erwarten, sagte Leuenberger am Dienstagnachmittag vor den Medien in Bern.

Es werde nun verhandelt, ob und wie der Bund der Fluggesellschaft bei der Finanzierung helfen könne. Am strategischen Nein zu Direktzahlungen habe sich zumindest bisher nichts geändert.

Im Gegensatz zu der ebenfalls zur Diskussion gestandenen Fusion mit der Lufthansa garantiere die Allianz-Lösung der Swiss die Selbständigkeit, sagte der Verkehrsminister.

Positiver Tenor im Bundeshaus

“Für uns ist es sehr wichtig, dass Swiss erhalten bleibt”, sagte die freisinnige Parteipräsidentin Christiane Langenberger gegenüber swissinfo. “Eine zusätzliche Schwächung des Hubs wäre vermutlich verheerend gewesen für Zürich, und demnach auch für die Schweiz.”

Die Zukunft des Flughafens Kloten sei nun gesichert, analysierte die Luftfahrt-Spezialistin der Sozialdemokratischen Partei, Susanne Leutenegger-Oberholzer: “Es ist eine positive Entscheidung für die Swiss, vor allem aber auch für den Flughafen Kloten.”

Etwas zu spät kommt der Entscheid für die Christlichdemokratische Partei (CVP) und die Schweizerische Volkspartei (SVP). Deren Präsident Ueli Maurer führte gegenüber swissinfo aus, der Entscheid gehe in eine Richtung, “die man schon vor zwei Jahren hätte einschlagen sollen. Man hätte diese über 2,5 Mrd. Franken einsparen können, die wir jetzt verbuttert haben.”

Auch CVP-Präsident Philipp Stähelin hat lange auf die Allianz gewartet. “Das war im ersten Business-Plan enthalten und ist nie zustande gekommen. Ich hoffe, dass dadurch nun die Grundlage für die Swiss verbessert wird.”

Kantone und Wirtschaft zufrieden, Lufthansa gleichgültig

Für die Zürcher Kantonsregierung schafft der Beitritt die Voraussetzungen für eine Erfolg versprechende Zukunft der Swiss und sichert die weltweite Anbindung des Grossraums Zürich.

Die Schweizer Flughäfen Zürich Unique, Genf-Cointrin und der Euroairport Basel-Mulhouse begrüssten den Entscheid ebenfalls. Auch wenn die beiden letzteren mit keinen direkten Auswirkungen durch den Beitritt der Swiss zur Allianz rechnen.

Für Lufthansa, der Swiss zugunsten von Oneworld einen Korb verpasst hat, ist das kein Verlust. “Lufthansa gerät dadurch nicht unter Druck”, sagte ein Lufthansa-Sprecher. Unter Druck geriet allerdings der Börsenkurs der Lufthansa. Aber auch die Aktien der British Airways sanken am Dienstag.

Gewerkschaften bangen um Arbeitsplätze

Skepsis bis Ablehnung herrscht bei den Gewerkschaften. Susanne Erdös von KV Schweiz befürchtete weitere Flotten- und Personalabbauten.

Die Bodenpersonal-Gewerkschaft GATA kritisierte, persönliche und politische Wünsche seien stärker gewichtet worden als reale Gegebenheiten.

Die Kabinenpersonal-Gewerkschaft Kapers hob hervor, Swiss habe mehr unternehmerische Freiheit als im Lufthansa-Verbund. Äusserst zurückhaltend äusserten sich auch die Vertreter der Pilotenverbände Aeropers und Swiss Pilots. Für Daniel Vischer von der VPOD-Sektion Luftverkehr löst der Beitritt kein einziges Swiss-Problem. Vor allem fehle die Zusage eines Kredits von 500 Mio. Franken.

Liquiditäts-Kredit noch unsicher

Zu diesem 500-Millionen-Betriebskredit konnte das Swiss-Management nichts Konkretes sagen. “Wir haben mit Schweizer und internationalen Grossbanken, Aktionären, auch dem Bund, über die Finanzierung des Kredits diskutiert”, sagte Swiss-Chef André Dosé an der Medienkonferenz am Dienstagmorgen. “Ich bin zuversichtlich. Wir sind auf gutem Wege.”

Für die Analysten ist damit das Hauptproblem der knappen Liquidität der Swiss noch immer nicht gelöst sei, wie die Zürcher Kantonalbank in ihrem Marktbericht schreibt. Ohne Staatsgarantien seien weitere Bankkredite fraglich. Im Branchenvergleich sei Swiss zudem bereits relativ hoch bewertet.

Keine Bundesgelder mehr

Vom Bund kann Dosé sicher kein Geld mehr erwarten. “Ich sehe keine weitere Kredit-Erteilung durch den Bund. Sie muss jetzt selbst fliegen”, sagte Stähelin gegenüber swissinfo. Dieser Meinung ist auch Maurer: “Eine weitere Bundesbeteiligung ist in jedem Fall ausgeschlossen.”

“Dass der Bund noch mal Geld einschiesst, steht nicht zur Diskussion”, meint Leutenegger-Oberholzer. Dies scheint auch Langenberger illusorisch. Aber: “Die Banken können die Problematik mit mehr Zuversicht ansehen, weil jetzt ein Partner da ist. Die Swiss wird so überlebensfähig.”

Helfen dürfte hier auch eine Garantie-Zusage von British Airways in der Höhe von 50 Mio. Franken, die durch die Landerechte der Swiss in London-Heathrow abgesichert ist.

Euphorie an der Börse

Bei Wiederaufnahme des seit Montagmorgen unterbrochenen Handels schoss der Kurs der Swiss-Aktie um 14.00 Uhr wegen des Anschlusses an OneWorld und British Airways um fast 25 Prozent in die Höhe. Danach begann aber ein Ausverkauf, und bei Handelsschluss resultierte mit 17,50 Franken noch ein Plus von 3,9 Prozent.

Die Aktie der Zürcher Flughafenbetreiberin Unique stieg wegen der Aussicht auf bessere Auslastung des Flughafens Zürich-Kloten um 3,1 Prozent auf 67,40 Franken.

Dem Allianzbeitritt müssen noch die europäischen Wettbewerbshüter zustimmen. Es sei jedoch “sehr wahrscheinlich”, dass die Europäische Kommission diesen absegnen werde, sagte eine Sprecherin der Behörde in Brüssel.

swissinfo, Christian Raaflaub, Philippe Kropf und Agenturen

Zu Oneworld gehören: American Airlines, British Airways, Qantas, Cathay Pacific, Iberia, LanChile, Finnair, Aer Lingus – und neu Swiss.
Die Allianz bedient mit täglich über 8600 Flügen mehr als 570 Destinationen in 136 Ländern.

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