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Keine Staatsbeiträge für Privatschulen im Tessin

Drei Schülerinnen neben einem Abstimmungsplakat, das für ein Ja geworben hatte. Keystone Archive

Im Tessin wird es weiterhin keine finanzielle Unterstützung für Eltern geben, die ihre Kinder ausserhalb der staatlichen Schulen unterrichten lassen wollen. Eine Initiative, die das forderte, wurde nach einem Abstimmungskampf, der einem Glaubenskrieg ähnelte, deutlich verworfen.

Bei einer für das Tessin überdurchschnittlich hohen Stimmbeteiligung von 43,1 Prozent wurde die von kirchlich-konservativen Kreisen lancierte Initiative “für eine tatsächliche Freiheit bei der Schulwahl” mit 74,1% abgelehnt, wie die Staatskanzlei am Sonntag (18.02.) in Bellinzona mitteilte.

In Zahlen stimmten 62’517 Stimmberechtigte gegen die Initiative und 22’785 dafür. Das Gegenprojekt des Grossen Rats wurde ähnlich deutlich mit 72,3% verworfen.

Konservativ-kirchliches Initiativkomitee

Die aus Kreisen der konservativen kirchlichen Laienbewegung “Communione e Liberazione” (CL) im Jahre 1997 eingereichte Initiative wollte den Privatschulbesuch mit Bildungsgutscheinen fördern.

Konkret hätten Familien mit einem steuerbaren Einkommen von bis zu 40’000 Franken die Hälfte der Kosten pro Kind an einer Privatschule vergütet erhalten sollen. Bei Familien mit steuerbaren Einkommen ab 70’000 Franken wären es 20 Prozent gewesen.

Der vom Kantonsparlament ausgearbeitete Gegenvorschlag wollte die Subventionen auf die Dauer der obligatorischen Schulzeit beschränken.

Glaubenskrieg im Vorfeld

Dem Abstimmungssonntag war ein ungewöhnlich heftiger Abstimmungskampf vorausgegangen. Es wurden insbesondere Grundsatzfragen über die staatliche Unterstützung der fast ausschliesslich katholischen Privatschulen im Tessin aufgeworfen.

Die Gegner, zu denen die SP, grosse Teile der FDP, die Gewerkschaften und die Lehrerschaft der öffentlichen Schulen gehörten, befürchteten im Falle einer Annahme eine Zweiklassenschule und die Untergrabung der Volksschule.

Die Parteien CVP und Lega dei Ticinesi sowie der Wirtschaft nahe stehende Freisinnige unterstützten die Einführung der Bildungsgutscheine. Auch der Bischof von Lugano, Giuseppe Torti, stellte sich hinter das Anliegen.

Das Tessin wäre der erste Schweizer Kanton gewesen, der den Privatschulbesuch mit direkten Subventionen an die Eltern von Schülern unterstützt hätte.

swissinfo und Agenturen

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