Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Keiner singt die Nationalhymne so laut wie Magnin

Ludovic Magnin träumt vom Europameister-Titel. swissinfo.ch

Am Freitag Abend tritt die Schweizer Fussball-Nati zu ihrem letzten Testsspiel vor der Euro 2008 gegen Liechtenstein an. Aussenverteidiger Ludovic Magnin ist mit Leib und Seele dabei, lange bevor das Spiel beginnt.

Fast alle Stammspieler der Schweizer Nationalmannschaft verdienen ihr Geld bei ausländischen Fussballclubs. Einer der erfolgreichsten Auslandprofis, Ludovic Magnin, ist beim VfB Stuttgart unter Vertrag, weil die Stadt in der Nähe der Heimat liegt. swissinfo hat Magnin im Frühjahr in Stuttgart besucht.

Ein Autogramm von Frank Verlaat

Das Gottlieb Daimler Stadion ist – abgesehen vom Mercedes-Benz-Museum – das auffälligste Gebäude im Industrie-Quartier im Osten der Stadt. Fast jeden zweiten Samstag strömen hier mehr als 50’000 Zuschauer in den Fussball-Tempel, um den VfB Stuttgart oder dessen Gegner zu unterstützen.

Selbst an einem gewöhnlichen Trainingstag, und wenn es noch so kalt ist, pilgern jeweils viele Fans und Journalisten zum Stadiongelände, um den Profis möglichst aus der Nähe zuzuschauen. Manchmal geben die Fussballstars nach dem Training auch Interviews oder wenigstens ein paar Autogramme.

Seit mehr als zwei Jahren gehört auch der Schweizer Ludovic Magnin zum prominenten Kader des VfB Stuttgarts. Als Junior habe er auch Autogramme gesammelt von den damaligen Stars, sagt Magnin gegenüber swissinfo.

Besonders gefreut habe er sich damals über jenes von Frank Verlaat. Dass er mit dem Niederländer zehn Jahre später im gleichen Profiteam spielen würde, hätte er aber damals nicht zu träumen gewagt.

Die Träume werden ambitiöser

Inzwischen ist Magnin selber bereits zweimal Deutscher Meister geworden und Stammspieler in der Schweizer Nationalmannschaft. Und nun träumt er davon, “dass die Strassen in den Schweizer Städten von feiernden Menschen blockiert sind, weil wir Europameister geworden sind”.

Er werde alles dafür tun, dass dieser Traum in Erfüllung gehe. Was das konkret bedeutet, das hat schon mancher Gegner zu spüren bekommen.

Mit welchem Elan der impulsive Aussenverteidiger bei der Sache ist, sieht und hört man jeweils schon bevor das Länderspiel beginnt. Keiner singt die Nationalhymne so laut und leidenschaftlich wie Ludovic Magnin.

Obwohl er den Text damals nicht verstand und ihm die Melodie auch nicht besonders behagte, hatte er sich schon in der Schule angestrengt, die Hymne zu lernen – in der Hoffnung, sie eines Tages für die Nationalelf singen zu können.

“Ich singe heute vielleicht nicht mehr so schön wie als Kind, aber mit Herz.” Wenn er in Bern oder Basel vor 35’000 Zuschauern stehe, kriege er immer eine Gänsehaut beim Singen “und dann verspüre ich eine ganz andere Kraft in mir”.

Um in drei Stunden zuhause zu sein

Dass Magnin beim Deutschen Bundesligisten Stuttgart unter Vertrag steht, hat nicht nur mit dem schönen Lohn und dem Prestige des Arbeitgebers zu tun, sondern auch mit seiner Familie: “Es ist für uns wichtig, dass die Heimat nicht weit weg ist”.

In Stuttgart fühle er sich zwar wohl, aber manchmal spüre er trotzdem, dass er hier Ausländer sei. “Ich habe Heimweih, seitdem ich weg bin von zuhause.”

Magnins Zuhause ist Echallens im Kanton Waadt, wo die Eltern und “les potes du Gros-de-Vaud”, die besten Freunde, leben. “Wenn ich heimgehe, nehmen sie sogar Urlaub, um mit mir auszugehen und die Erinnerungen aufzufrischen.”

Erinnerungen an die Zeit, als er stundenlang auf das Tor kickte, das der Vater im Garten gebaut hatte. Dass dabei die schönen Rosen knickten, hatte ihm die Mutter nicht einmal verübelt. Sie war ja auch vom Fussball begeistert und spielte sogar im Frauenteam des Dorfes mit. “Meine ganze Familie ist fussballverrückt.”

Zuerst kam die Schule

Schon als Schüler träumte Ludovic von einer Karriere als Fussballer. “Aber als ich dem Lehrer antwortete, dass ich einmal Profi werden wollte, lachte die ganze Klasse.”*

Aber die Eltern unterstützten seine Leidenschaft, solange er in der Schule mithalten konnte. “Erst machst du dein Studium fertig, dann kannst du Fussball zum Beruf machen”, hiess es zuhause.

Deshalb ist Ludovic Magnin nun nicht nur Besitzer eines lukrativen Profivertrags, sondern auch eines Lehrerdiploms. “Ich hatte viel Spass, mit den Kindern zu arbeiten und mich wohl gefühlt vor der Klasse.”

“Es muss nicht unbedingt Fussball sein”

Heute hat Magnin Spass mit seinen eigenen Kindern, obwohl sie sich (noch) nicht so sehr für Fussball interessieren. “Mein älterer Sohn ist 6 Jahre alt. Ich kann jetzt schon sagen, dass er nicht so begeistert ist vom Fussball wie ich.”

Aber er werde die Leidenschaft seiner Kinder unterstützen, egal was es sein werde. “Es muss nicht unbedingt Fussball sein.”

Die Familie Magnin pflegt in Stuttgart ganz bewusst auch Freundschaften mit Leuten, die mit Fussball nichts am Hut haben. “Mit ihnen unternehmen wir auch andere Dinge, und das ist mir und meiner Frau sehr wichtig.”

Zum Beispiel? “Grillieren, irgendwo draussen in der Natur. Das haben meine Eltern mit mir gemacht, und meine Kinder geniessen das genau so, wenn der Papa Zeit für sie hat.”

swissinfo, Peter Siegenthaler

Jahrgang 1979, 1m 85 gross, 76 kg schwer.

Aufgewachsen in Echallens im Kanton Waadt, in einer “Fussball verrückten Familie”. Der Vater spielte in einem 1. Liga-Verein und die Mutter im Frauenteam des Dorfes.

Ludovic Magnin hat die Ausbildung zum Grundschullehrer mit einem Diplom abgeschlossen.

Er ist mit Chantale verheiratet und hat zwei Söhne, Nicos (geb. 2002), und Thierry (geb. 2006).

Die Familie Magnin wohnt seit mehr als zwei Jahren am Stadtrand von Stuttgart.

1998 bis 2000 beim FC Yverdon Sport.

2000 bis 2001 beim FC Lugano.

2002 bis 2006 bei Werder Bremen: 2004 Deutscher Meister und Pokalsieger.

Seit 2006 beim VfB Stuttgart: 2007 Deutscher Meister
Transferwert 3,5 Mio Euro.

Seit 2000 Stammspieler der Schweizer Nationalmannschaft. An der EM 2006 erzielte er beim 1:1 gegen Frankreich den Ausgleichstreffer.

Spitzname “Magnator”.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft