Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Klischeeland Schweiz?

Marie Pellaton, Frankreich (Ausschnitt)

Wie sehen Menschen im Ausland die Schweiz? Auf den 1. August, zum Geburtstag der Nation, erscheint das Fotobuch "Klischee Schweiz – Ein Land gesehen von aussen".

Das Buch dokumentiert auf witzige Weise, wie farbig das Klischee der Schweiz sein kann.

Der Auftrag hiess: “Stichwort Schweiz: Was fällt Dir spontan dazu ein? Versuche, Dein Bild von der Schweiz fotografisch umzusetzen, und fülle den Fragebogen aus.” Adressiert war diese Botschaft, in einer eigen kreierten Toolbox samt Einwegkamera, an 100 Personen in 36 Ländern.

Die Absender waren Alexander Gächter und Urs Stampfli, Studenten der Höheren Fachschule für Gestaltung in St. Gallen. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeiten hatten sie die Idee, das gängige Klischee der Schweiz zu hinterfragen oder allenfalls zu zementieren.

“Entstanden ist die Idee, weil in jener Zeit (2001) viele Schweizer Firmen ihre Swissness herausstrichen”, erklärt Urs Stampfli gegenüber swissinfo. “Die Schweiz als Marke war damals in aller Munde.”

Bildergeschichten aus fünf Kontinenten

Eingetroffen auf die ungewöhnliche Aufforderung der beiden Studenten sind Antworten aus fünf Kontinenten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und nun in Form eines Buches greifbar sind. Keine Selbstverständlichkeit, galt es doch die Toolbox – in drei Sprachen – so zu gestalten, dass sie weltweit verständlich sein würde.

Urs Stampfli: “Lange trafen keine Reaktionen ein, so dass wir einen Reminder versandten. Darauf hin kamen Ende 2001 viele Boxen in der Schweiz an.” Nach der Auswahl wurde alles digitalisiert; die Gestaltung des Buches konnte in Angriff genommen werden.

Das Buch zeigt, dass gewisse Klischees unsterblich sind. Andere werfen einen witzig ironischen, oftmals liebevollen, manchmal zuweilen kritischen Blick aufs Land der Helvetia.

Einzelne Bilder werden ergänzt mit Statements. Teilweise ergänzen sich Bild und Text, manchmal widersprechen sie sich. Das Spektrum der kleinen Bildergeschichten ist so breit, wie die Antworten und die Bilder bunt sind.

Vanille und Erdbeere?

Die Farben Rot und Weiss sind gut vertreten. Rote Geranien, rot-gefleckte Holzkühe, ein rot-weisses Stop-Schild, das zum Top-Schild wird, Rot als Hintergrund, rote Gashebel, ein roter Pass, die Schweizer Fahne. Rot, die Signalfarbe und ein Hinweis auf die Einprägsamkeit und die Kraft des weissen Kreuzes auf rotem Grund.

Das ist keine Überraschung. Denn auf die Frage: “Welche Farbe verbindest Du mit der Schweiz?” steht Rot an erster Stelle, dann kommen Rot-Weiss und Grün. Zweimal wird “snow white” genannt, einmal Vanille-Erdbeer.

Daneben zeigen – Präsenz Schweiz seis gedankt – viel Käsesujets, Berge, Kühe, Uhren, Schokolade, Swiss Army Knives, Banken und Edelweisse das ewig währende Abbild der Nation.

Aber nicht nur. Auch Schweizer Design, Chemie, Maschinen, Präzisionsinstrumente und viele Verbotsschilder aus dem Land der Zuverlässigkeit scheinen in der grossen weiten Welt erkennbare Werte zu sein.

Die Schweiz und ich

Am interessantesten ist das Buch dort, wo es auf spielerische Art zum Nachdenken anregt. Dann etwa, wenn am Selbstverständnis der Eidgenossen gekratzt wird, wenn das Klischee Bauchweh verursacht, wenn das Fremd- und das Eigenbild durcheinander geraten.

Unweigerlich stellt sich die Frage nach dem Schweizsein, dem Leben in diesem kleinen Lande, das seine Inselstellung in Europa verteidigt wie der Schwingerkönig seinen Titel – bis zum letzen Lupf.

Das Buch ist eigentlich ein Muss für Schweizerinnen und Schweizer, für solche, die es werden wollen und für Liebhaber der kleinen Alpenrepublik. Ein Buch wie geschaffen für den 1. August.

Der dazu da ist, das Land zu feiern, die Positionen zu überdenken, den Nachbarn mit einem Höhenfeuer den Weg zu leuchten. Und am Klischee zu arbeiten, “im Land der ewig bunten Geranien”.

swissinfo, Brigitta Javurek

Sämtliche Fotografien stammen aus dem Buch von Alexander Gächter und Urs Stampfli, Klischee Schweiz. Ein Land gesehen von aussen/A country seen from outside. Deutsch und Englisch. Christoph Merian Verlag, 2003.

Die Autoren: Alexander Gächter (29) aufgewachsen in Heerbrugg (SG). Ausbildung zum Dekorationsgestalter. Studium “Visuelle Kommunikation” Höhere Fachschule für Gestaltung (HFG) St. Gallen. Lebt und arbeitet in Zürich.

Urs Stampfli (27) aufgewachsen in Attiswil (BE). Ausbildung zum Typografen. Studium “Visuelle Kommunikation” Höhere Fachschule für Gestaltung St. Gallen. Lebt in Wangen an der Aare, arbeitet als Gestalter in Langenthal. Der 1. August ist für ihn ein Tag wie jeder andere.

Die Zielgruppen: Personen, die noch nie in der Schweiz waren, Personen, welche das Land schon besucht haben, und Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Das Budget: Das Geld (rund 8000 Franken ohne Buch- und Druckkosten) für die Abschlussarbeit trieben die beiden laut Urs Stampfli in Eigenregie auf. Ein Teil stammt von Sponsoren, der Rest aus der eigenen Tasche.

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